Transkulturelle Kommunikation. Michèle Kaiser-Cooke

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Transkulturelle Kommunikation - Michèle Kaiser-Cooke Studieren, aber richtig

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Die Frau auf der Bank ist verärgert und wendet sich vom Mann ab. Aufgrund ihrer Körperhaltung und Gesichtsausdrücke gehen wir davon aus, dass der Mann und die Frau in einer engeren Beziehung zueinander stehen.
Abb. 14: Mädchen (Foto: pexels.com, CC0) Das Mädchen ist traurig.

      Das Wissen, das dabei aktiviert wird, nennen wir implizites Wissen. Es hat noch nicht die Ebene des Bewusstseins erreicht und es würde uns schwerfallen, zu artikulieren, woher wir dieses Wissen haben. „Das weiß man einfach.“

      Wenn wir aber beruflich für andere Menschen und mit anderen Menschen kommunizieren wollen, sollten wir bewusst wissen, was wir tun. Schließlich wird uns niemand für eine Arbeit bezahlen wollen, die wir nur „dem Gefühl nach“ verrichten.

      Durch ein einschlägiges Studium und/oder gezielte Reflexion lernen Sie, über dieses implizite Wissen, das Sie im Alltag einsetzen, „ohne es zu wissen“, bewusst nachzudenken und es auch zu artikulieren. Es geht also darum, dieses implizite Wissen eben explizit zu machen.

      „Explizit“, aus dem lateinischen explicare (erklären), bedeutet „ausdrücklich“ oder „deutlich“. Explizites Wissen ist also ein Wissen, über das wir sprechen können, das wir erklären können und das wir daher auch anderen mitteilen können. Wenn eine Tischlerin erklären kann, welches Holz für ein bestimmtes Möbelstück am besten geeignet ist, drückt sie ein Wissen aus, das sie vermutlich in langjähriger Erfahrung entwickelt hat, ohne unbedingt viel darüber nachgedacht zu haben. Wer ihr aber einen Auftrag erteilt, möchte wissen, warum gerade dieses Holz und nicht jenes. Menschen wollen meistens verstehen, warum eine Arbeit so und nicht anders ausgeführt wird. Durch das Explizitmachen ihres über Jahre entwickelten fachlichen Know-hows ist die Tischlerin imstande, die Gründe ihrer Entscheidungen oder Empfehlungen zu erklären. Anders gesagt: Das Nachdenken über das eigene Tun ermöglicht eine effiziente Kommunikation.

      Professionelle Kommunikation ist also eine Kommunikation, die bewusst und zielgerichtet ist. Wir wissen, was wir kommunizieren wollen. Eben das ist der Unterschied zwischen professioneller und nicht professioneller Kommunikation: Die Fähigkeit, Kommunikationssituationen analysieren, steuern und gestalten zu können.

      Wenn wir Kommunikation studieren und auch zum Beruf machen wollen, gibt es zwei Ebenen, auf denen wir professionelles Kommunizieren zum Einsatz bringen müssen.

      Eine Ebene ist die Arbeit, mit der wir beauftragt werden, zum Beispiel eine (internationale) Marketing-Kampagne, eine Übersetzung, ein journalistischer Text, eine Website-Gestaltung, eine Kommunikationsberatung, eine Simultandolmetschung oder eine Presseaussendung. Es liegt auf der Hand, dass wir eine solche Arbeit nur dann zufriedenstellend erledigen können, wenn wir in der Lage sind, die gesamte Kommunikationssituation zu erfassen und zu analysieren. Wir müssen also die Fähigkeit entwickelt haben, die kommunikativen Bedürfnisse der Auftraggeber*innen und anderer Zielgruppen zu analysieren und zu berücksichtigen. Wir müssen natürlich auch wissen, wie wir diesen Bedürfnissen entsprechen können.

      Ein Beispiel: Sie wollen sich für eine Stelle oder ein Studium in Japan bewerben. Sie sollen ein Motivationsschreiben sowie einen Lebenslauf in englischer und japanischer Sprache einsenden und beauftragen eine Übersetzungsagentur mit der Übersetzung ins Japanische. Sie müssen sich darauf verlassen, dass der*die Übersetzer*in nicht nur „Japanisch kann“, sondern wirklich versteht, was er*sie schreibt. Als professionelle*r Kommunikationsexpert*in muss er*sie wissen, dass jedes Wort, jedes Schriftzeichen, das Layout etc. Wirkung auf den Gesamteindruck hat, und auch, wie diese auf die Personen wirken werden, die den Text voraussichtlich lesen werden. Als Auftraggeber*in verlassen Sie sich darauf: Sie vertrauen auf die Expertise eines professionell handelnden Menschen. Sie verlassen sich auch darauf, dass der*die Übersetzer*in versteht, welche Wirkung Sie erzielen wollen. Nur wer Kommunikation analysiert und reflektiert, kann sie auch zielgerichtet steuern und gestalten.

      Ein anderes Beispiel: Sie lesen in einer deutschsprachigen Zeitung eine Reportage über steigende Mieten und Immobilieninvestments in Berlin. Dabei möchten Sie sich darauf verlassen können, dass sich der*die Journalist*in wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt hat, vor Ort war, mit Mieter*innen, Vermieter*innen und Investor*innen gesprochen und zudem Hintergrundrecherchen angestellt hat. Und Sie möchten einen Text lesen, der interessant geschrieben ist und als Reportage erkennbar ist, damit Sie seinen Informationsgehalt einschätzen können. Sie erwarten dabei also seriösen, professionellen Journalismus, auf allen Ebenen.

      Ein drittes Beispiel: Sie sind als Kommunikationsberater*in für ein internationales Unternehmen tätig, das seinen Hauptsitz auf Grund der Entwicklungen rund um den Brexit von London nach Hamburg verlegt. Sie erhalten den Auftrag, diesen Schritt zu begleiten und zu unterstützen und die Mitarbeiter*innen zu briefen: Was müssen sie bei einer Verlegung nach Deutschland beachten? Welche Behördengänge sind nötig, wie kann sich das Unternehmen gut in der Stadt positionieren? Wie lässt sich diese Verlegung für Marketingzwecke nützen, wie das Image des Unternehmens positiv beeinflussen? Welche Maßnahmen sind nötig, um diese Ziele zu erreichen? Bei einer solchen komplexen Aufgabe müssen Sie unterschiedliche Kommunikationssituationen mit verschiedenen Kommunikationspartner*innen einschätzen können und eine Reihe unterschiedlicher Ziele erreichen. Ihre Auftraggeber*innen erwarten von Ihnen, dass Sie Ihre Expertise dafür effektiv einsetzen.

      Mit unserer fachlichen Expertise als Kommunikationsexpert*innen müssen wir also sicherstellen, dass unsere Arbeit den Qualitätskriterien entspricht, die von Auftraggeber*innen und anderen Zielgruppen (zum Beispiel den Rezipient*innen unserer Texte) an sie angelegt werden. Diese fachliche Expertise ist aber nur eine – wenn auch wichtige – Ebene unserer professionellen Kommunikation.

      Die zweite Ebene betrifft das Vertrauen, das Auftraggeber*innen uns entgegenbringen müssen. Sie werden sich nur dann auf uns verlassen wollen, wenn wir durch den eigenen Kommunikationsstil den Eindruck vermitteln, professionell kommunizieren zu können.

      Im Journalismus zum Beispiel ist es wichtig, dass wir uns präzise und elegant ausdrücken können, dass unsere Texte angenehm zu lesen sind. Wenn wir uns im Kontakt mit Auftraggeber*innen mündlich unklar und unprofessionell ausdrücken, dann ist es wahrscheinlich, dass sie uns nicht zutrauen, schriftlich klar und professionell texten zu können.

      Beim Übersetzen und Dolmetschen zum Beispiel kommunizieren wir im Namen unserer Auftraggeber*innen. Wir sprechen oder schreiben für sie. Meistens können sie nicht kontrollieren, was wir sprechen oder schreiben, weil ihnen die Sprache nicht bekannt ist. Und auch wenn sie die Sprache können, werden sie nicht gelernt haben, die anderen wichtigen Dimensionen eines Kommunikationsaktes zu analysieren oder zu bewerten, wie diese wirken.

      Auch wenn wir zum Beispiel eine Kommunikationsberatung anbieten, übernehmen wir die Kommunikation für andere in dem Sinne, dass wir Empfehlungen unterbreiten, wie sie sich verhalten sollen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen oder eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Auch hier geht es um Vertrauen. Wir sagen: Tu dies, sag jenes, verhalte dich so und du wirst die kommunikative Wirkung erreichen, die du anstrebst.

      Dabei ist es notwendig, nicht nur über ein tiefes und nuanciertes Wissen zu verfügen: Wir müssen auch selbst, in unserem eigenen, individuellen Verhalten zeigen, dass unser Wissen „stimmt“.

      Das gilt für persönliche Begegnungen ebenso wie für die digitale Welt. Wenn wir uns in Online-Meetings zudem in unserem eigenen Zuhause zeigen – müssen wir sehr genau überlegen, was davon wir Fremde sehen lassen möchten und was nicht, wie wir uns an unserem Arbeitsplatz präsentieren und was wir dadurch für einen Eindruck hinterlassen.

      Die

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