Ökologie der Wirbeltiere. Werner Suter

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Ökologie der Wirbeltiere - Werner Suter

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nur etwa das 3,3-Fache (Bicudo et al. 2010). Große Vögel haben deshalb sehr kostensparende Formen des Fliegens entwickelt, die noch etwa das 1,5- bis 3-Fache des BMR kosten (McNab 2002; Abb. 2.5).

      Der Gesamtumsatz wird häufig auf 24 Stunden bezogen und dann als Tagesumsatz (average daily metabolic rate, ADMR) bezeichnet. Grundsätzlich lässt sich der Gesamtumsatz für eine beliebige Zeitspanne bei Vorliegen eines Aktivitätsbudgets und der Kenntnis der relativen Kosten der verschiedenen Aktivitäten errechnen. In der Regel jedoch wird er direkt gemessen. Bei Wildtieren ist das oft nicht einfach, da etwa bei Messungen des O2-Verbrauchs im Labor auch gut eingewöhnte Tiere Stresssymptome zeigen und damit zu hohe Werte generieren. Seit Längerem ist deshalb die Messung mittels Deuterium-Injektion (doubly-labeled water technique) gebräuchlich: Über die Ermittlung der Verlustraten von Sauerstoff- (18O) und Wasserstoffisotopen (3H), mit denen das injizierte Wasser versetzt ist, lassen sich die Kohlendioxidproduktion und damit der Energieverbrauch errechnen. Diese Methode kann gut auch bei frei lebenden Tieren angewandt werden, sofern mindestens zweimaliger Fang möglich ist. Bei solchermaßen erhobenen Werten spricht man vom Umsatz unter Freilandbedingungen (field metabolic rate, FMR).

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      Abb. 2.5 Röhrennasen-Arten wie Sturmvögel (im Bild ein Madeirasturmvogel, Pterodroma madeira) und Albatrosse (Diomedea und andere) sind lang- und schmalflügelige Hochseevögel. Sie fliegen vor allem mit Seiten- und Rückenwinden und nutzen dabei Windscherung (dynamic soaring) und Auftrieb über den Wellen, wobei sie über lange Distanzen ohne Flügelschläge auskommen. Die relativ breitflügeligen Greifvögel und Störche nutzen hingegen die Thermik über den Landmassen für stundenlanges Segeln.

      Der FMR ist mittlerweile für eine größere Zahl von Wirbeltieren gemessen worden; im Vergleich zum BMR ist der Datensatz aber immer noch viel kleiner. Da sowohl Grundumsatz als auch Tätigkeitsumsatz in allometrischen Beziehungen zur Körpermasse stehen, ergibt sich eine solche auch für den FMR. Wenn man die wärmephysiologischen Unterschiede zwischen Exothermen und Endothermen berücksichtigt und die allometrischen Beziehungen für Reptilien, Vögel und Säugetiere separat rechnet, so zeigt sich für alle drei Gruppen, dass die Körpermasse allein für 94–95 % der Variation beim (logarithmierten) FMR verantwortlich ist (Abb. 2.6). Dennoch unterscheiden sich je nach verwandtschaftlicher Zugehörigkeit die Steigungen b von jenen des äquivalenten BMR, da offenbar auch der Tätigkeitsumsatz gruppenspezifischen Mustern folgt. Für Vögel wurde eine mittlere Steigung b von 0,71 (95 %-Vertrauensbereich 0,63–0,80) und für Säugetiere von 0,64 (0,56–0,72) errechnet, wobei die Variation innerhalb der Vögel respektive der Säugetiere größer war als zwischen den beiden Klassen (Hudson et al. 2013). Ähnlich dem BMR können diese Muster mit bestimmten Biomen (Tropen/temperierte Zonen), Habitaten (Wüsten-/Nichtwüstenbewohner, marine/terrestrische Arten), Ernährungsformen (Carnivorie, Granivorie/ Herbivorie) oder taxonomischen Gruppierungen, vor allem auf der Ebene der Ordnung, in Verbindung gebracht werden (Nagy 2005; Hudson et al. 2013). Bei Vergleichen innerhalb näher verwandter Artengruppen und ähnlicher Körpermasse, zum Beispiel bei kleineren Vögeln (<150 g), zeigen sich oft aber relativ geringe Unterschiede im Energieverbrauch (Bryant 1997).

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      Abb. 2.6 Gesamtumsatz (gemessen als FMR) in Abhängigkeit der Körpermasse bei 229 Arten terrestrischer Wirbeltiere. Die Gerade ist die aus allen Werten berechnete Regressionslinie (Abbildung neu gezeichnet nach Nagy 2005).

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      Abb. 2.7 Bei der Schmalfuß-Beutelmaus (Sminthopsis crassicaudata), einem kleinen carnivoren Beuteltier aus den Trockenzonen Australiens, wurde mit 6,9-mal BMR einer der höchsten Gesamtumsätze gemessen (Nagy 1987). Mittels Torpor sind diese kleinen Raubbeutler jedoch in der Lage, außerhalb der Fortpflanzungszeit bei plötzlichem Nahrungsmangel bis zu 50 % der täglichen Energieausgabe einzusparen - und dank Sonnenbaden sparen sie auch beim Aufheizen auf die Normaltemperatur (Kap. 2.7).

      Auch beim FMR bestehen die größten absoluten Unterschiede zwischen Exothermen und Endothermen: Der FMR (und damit der Nahrungsbedarf) ist bei Reptilien etwa 15-mal geringer als bei Vögeln und Säugetieren gleicher Körpermasse (Abb. 2.6). Da die Energieumsätze meist in Jahreszeiten mit größter Aktivität der Tiere gemessen werden, können sich über das Jahr aufsummierte Unterschiede bis zum 30-Fachen ergeben, denn der FMR steigt bei Endothermen in der kühlen Jahreszeit, während er bei Exothermen aufgrund der dann reduzierten Aktivität sinkt (Nagy 2005).

      Wie beim Tätigkeitsumsatz, so ist es auch beim Gesamtumsatz instruktiv, den Wert als Mehrfaches des BMR auszudrücken. Für Vögel und kleinere Säuger liegt er bei den meisten Arten beim 2- bis 4-fachen BMR, bei vielen Gruppen kleinerer Vögel sogar recht eng im Bereich 3,0- bis 3,4-mal BMR, und in vielen Fällen noch deutlich darunter (Bryant 1997). Da das Äquivalent eines 4-fachen BMR bereits einer energetisch aufwendigen Lebensweise entspricht, ist eine Erhöhung darüber hinaus schnell mit Fitnesskosten verbunden. Länger andauernde Gesamtumsätze (sustained metabolic scope) bis etwa zum 5,2-Fachen des BMR kommen bei größeren Vögeln noch regelmäßig vor (McNab 2002). Noch höhere Werte sind selten und am ehesten bei kleinen, sehr aktiven Carnivoren zu finden (Hume 2006; Abb. 2.7); das 7-Fache des BMR dürfte das Maximum sein (Hammond & Diamond 1997). Allerdings zeigen die jüngsten Nachweise von über 10 000 Kilometer langen Nonstopflügen ziehender Pfuhlschnepfen (Limosa lapponica; Kap. 6.6), dass Vögel imstande sind, über neun Tage lang eine Leistung im Umfang des 8- bis 10-fachen BMR zu erbringen (Gill R. E. et al. 2009). Ein Vergleich mit dem menschlichen Leistungsvermögen ist in diesem Zusammenhang instruktiv: Teilnehmer am dreiwöchigen Radrennen, Tour de France 1984, verbrauchten über die Zeit ein mittleres Energieäquivalent von 4,3 bis 5,3-mal BMR (Westerterp et al. 1986).

      Natürlich kann der Gesamtumsatz bei Arten in stark saisonalen Klimazonen über das Jahr hin merklich schwanken. Beim Gemeinen Rothörnchen (Tamiasciurus hudsonicus) betrug die maximale Energieausgabe im Sommerhalbjahr das 3,7-Fache des winterlichen Minimums, wobei die größten Ausgabeposten auf die Laktation (Kap. 4.1) und den herbstlichen Aufwand für das Sammeln der zu hortenden Nahrung (Kap. 3.7) entfielen (Fletcher et al. 2012). Selbst in den Tropen kann es zu Jahresgängen im Energieverbrauch kommen, wenn auch zu wesentlich geringeren Schwankungen. Bei tropischen Standvögeln wurde eine maximale Erhöhung während der Brutzeit um etwa 50 % des außerbrutzeitlichen Minimums gemessen. Bei Standvögeln, die in gemäßigten Zonen ausharren, liegt die winterliche Energieausgabe hingegen höher als jene zur Brutzeit (Wells & Schaeffer 2012).

      Aus der Nahrung muss der tierische Organismus Energie und über 50 verschiedene Inhaltsstoffe beziehen können, welche zudem in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen sollten. Abb. 2.8 gibt einen Überblick über die wichtigsten Komponenten. Alle Arten von Nahrung enthalten zumeist einen bedeutenden Anteil an Wasser. In tierischem Gewebe ist er relativ konstant bei etwa 60–70 %, bei Pflanzen hingegen variabler. Am wasserreichsten sind Algen, gewisse Wasserpflanzen und Beeren mit über 80 %. Krautige Pflanzen und Wurzelknollen kommen auf etwa 70 %, Gras und Flechten auf 40–50 %, und am trockensten sind Zweige oder Samen mit etwa 30 %. Dies sind Mittelwerte; zudem nehmen im saisonalen Klima Wasser- und Stickstoffgehalt in Blättern und Stängeln gegen das Lebensende oder zum Beginn der Dormanz der Pflanze hin ab. Deshalb werden Energie- und Nährstoffwerte in der Regel auf die Trockenmasse der Nahrung bezogen.

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