Ich hatte einen Schießbefehl. Paul Küch
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Im Anschluss an den Appell verteilte der Schreiber die Post. Um der ständigen Zwangsgemeinschaft mit meinen Leidensgenossen für kurze Zeit zu entfliehen, las ich die Briefe, die einen für Augenblicke ins zivile Leben versetzten, meistens draußen unter freiem Himmel. Dort war ich allein, hob gedanklich ab zu meinen Lieben daheim und konnte den militärischen Drill um mich herum vergessen.
Das folgende Waffenreinigen war reine Beschäftigungstherapie. Wir trugen die Kalaschnikow zwar regelmäßig am Mann, aber die Flinten sollten auch an Tagen geputzt werden, an denen sie nicht benutzt wurden. Der Umgang mit der Kalaschnikow selbst war einfach. Nach nur wenigen Übungen konnte ich die Flinte blind in alle Einzelteile zerlegen und wieder zusammensetzen. Diese Fertigkeit machte aus mir keinesfalls einen Waffennarr. Ganz im Gegenteil, mein Respekt vor dieser Waffe blieb.
Um 18.00 Uhr hieß es „Auf, auf zum Kampf!“ in den Speisesaal. Beim Abendessen wurde der Malzkaffee gegen geschmackfreien Hängolin-Tee getauscht, der angeblich mit Potenz hemmendem Zeug versetzt war. Trotz des übersichtlichen Angebotes von Brot, Wurst und Käse konnte man sich satt essen, denn Mischbrot, Jagdwurst und Schmelzkäse gab es im Überfluss. Berufsunteroffiziere, Fähnriche und Offiziere speisten in der Kantine nebenan, wo uns der Zutritt verwehrt war. Nach dem Abendbrot folgte ein weiteres Stuben- und Revierreinigen. Während sich meine Kollegen um die Innenreviere stritten, versuchte ich, auch bei dieser Übung nach draußen zu kommen. Beim Säubern der Regimentsstraße entgegen der Windrichtung hatte man wenigstens seine Ruhe. Außerdem tat mir die frische Luft gut. Pfiff der Wind von Osten nach Westen, fegte ich befehlsgemäß von West nach Ost. Das Laub flog zurück und man wiederholte die Übung. Anfangs ärgerte ich mich maßlos über solche Schikanen, doch später entdeckte ich einen durchaus positiven Aspekt, denn die sinnlose Zeit bei der Fahne verging und allein das zählte in meinen Augen. Um 19.30 Uhr trieb uns der UvD zur Pflichtsendung „Aktuelle Kamera“ in den Fernsehraum. Personenkult und Planübererfüllung standen im Mittelpunkt der Tagesschau des Ostens. Ich nickte zwischendurch ein, was nicht allein an den langweiligen, täglich wiederkehrenden Phrasen lag. Wer sich das Verlesen aller Ämter und Funktionen unserer Staats- und Parteigrößen minutenlang anhören musste, den überfiel zwangsläufig die Müdigkeit. Hinzu kam, dass Abkürzungen wie UdSSR, DDR, NVA und SED grundsätzlich ausgesprochen wurden. Wenn der Sportteil lief, hatte ich längst die Augen zu.
Ab 20.00 Uhr begann die Putz- und Flickstunde mit dem Zweck, die lädierten Uniformen aufzupeppen.
Gemäß Tagesdienstablaufplan wurde sogar die Freizeit befohlen. Von 20.30 Uhr bis 21.30 Uhr durften wir uns gesellschaftlich, kulturell und sportlich betätigen sowie persönlich weiterbilden. Ich beantwortete meine Post, wobei es selten gelang, das Positive überwiegen zu lassen. Der militärische Drill nagte an mir, so dass meine Briefe mit dem Frust endeten, der sich am Ausbildungstag ansammelte.
Um 21.30 Uhr stand jeder vor dem geöffneten Spind und erwartete den Stubendurchgang, der unangenehme Folgen haben konnte. Die Schrankordnung und die Laune des UvD bestimmten den Beginn der Nachtruhe. Jedes Teil musste im dafür vorgesehenen Fach liegen. Um die Fächer sauber zu halten, wurden sie mit Blättern der Tageszeitung „Junge Welt“, dem Zentralorgan der FDJ, ausgelegt, weil die Breite von 30 Zentimetern genau den Abmessungen im Soldatenspind entsprach. Die Fächer für Lebensmittel und Schuhe wurden einmal in der Woche feucht ausgewischt. Nägel oder Haken durften nicht eingeschlagen werden. Jeder Schrank wurde mit Namensschild und Vorhängeschloss versehen. Wenn alles seine militärische Ordnung hatte, durften wir endlich ins Bett.
Punkt 22.00 Uhr pfiff der UvD auf dem Flur zur Nachtruhe. Wem diese Schilderung langweilig vorkam, dem versichere ich, dass jeder Ausbildungstag in Eisenach so eintönig verlief.
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