Die Invasion. Hans-Peter Vogt
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Vorerst geht es darum, das Leben auf Cantara mittel- und langfristig zu sichern. Dazu gehören auch regelmäßige Gesundheitschecks, die von Ärzten durchgeführt werden. In einem der Begleitschiffe gibt es ein Labor, und sogar ein voll ausgestattetes Krankenhaus, in dem Operationen durchgeführt werden können. Krankenstationen gibt es aber in allen Basen. Zu ihren Aufgaben gehört auch die regelmäßige Ausgabe von Medikamenten.
6.
Auf einem der Versorgungsschiffe gibt es einen Konferenzraum. Normalerweise werden Konferenzen bei den Xorx via Telefonleitung durchgeführt, aber heute hat der Zivile Rat zu einer persönlichen Aussprache gebeten.
Die acht Räte sind bereits in fortgeschrittenem Alter. Die lange Reise hat Spuren hinterlassen. Sie haben Monitore vor sich, die in den Konferenztisch integriert sind, und aufgeklappt werden können. Sie brauchen keine Tastatur. Die Aufnahme ist sprachdigitalisiert, und sie können Dokumente auch per Spracheingabe abrufen.
Solche Konferenzen dauern manchmal etwas länger, wenn sie persönlich erfolgen, und so haben die Räte auch Getränke vor sich stehen. Der Rat ist paritätisch besetzt. Aus vier Frauen und vier Männern, und gerade geht die Türe auf. Protaxa betritt mit zwei seiner Offiziere den Raum.
Es gibt eine kurze Begrüßung, dann eröffnet der Flottenkommandant die Runde.
“Zunächst einmal lassen Sie mich sagen, dass meine Truppen gute Fortschritte machen. Wir haben schon mehrere Dutzend Sektoren durchgekämmt und wir haben kein Leben mehr gefunden. Unsere Jäger haben die Gebirge überflogen. Sie haben alle Höhlen, die sie erfasst haben unter Beschuss genommen, und auch sie haben keine hochentwickelten Lebensformen mehr entdeckt. Wir haben zwar nicht einmal 1/10 der besiedelbaren Fläche untersucht, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nichts mehr finden werden. Unsere Truppen werden die nächsten Monate weitersuchen, aber ich halte das für eine überflüssige Aufgabe. Dennoch werden wir diesen Auftrag erfüllen. Die Anordnungen von Zuhause sind in diesem Punkt eindeutig.”
Chariba nickt zu diesen Worten. Sie ist die wissenschaftliche Leiterin, der auch alle Versuchslabors unterstehen. “Wir haben diese teigähnlichen Gebilde untersucht. Das sind ungeheuer leistungsfähige Organismen von der 20-50 fachen Menge unser eigenen Gehirne. Wir selbst können ungefähr 15% unserer Gerhirnmasse steuern. Nehmen wir im ungünstigsten Fall einmal an, dass diese Lebewesen hundert Prozent ihrer Gehirnmasse unter Kontrolle haben, dann kann ich nur annähernd vermuten, zu was diese Zellkultur fähig war, die wir da ausgelöscht haben. Wir wissen aber nicht einmal, wovon diese Lebewesen gelebt haben. Wir haben in unseren Labor etwa 1200 dieser Gehirne untersucht, wir wissen also, dass diese schleimigen Gebilde hochintelligente Wesen waren, aber wir haben auf Cantara nichts gefunden, wass auch nur annähernd an eine Stadt, an Straßen, an Felder, an Maschinen oder an eine Verwaltung erinnert.
Vielleicht gibt es unterirdisch irgendwelche geheimen Verstecke und hochentwickelte Städte. Vielleicht haben sich da noch etliche dieser Wesen verschanzt, sofern diese Höhlen durch den Beschuss nicht eingebrochen sind. Ich weiß es nicht. Soweit ich weiß, gibt es aber auch auf den Wärmebildkameras und Sonaren keinerlei Aufzeichnungen, die bestätigen können, dass da irgendwo noch Leben ist.”
Sie seufzt. “Ehrlich. Ich habe Angst davor, was passiert, wenn von dieser seltsamen Wesen noch einige Exemplare übrig sind. Immerhin haben sie unseren Truppen jahrhundertelang widerstanden. Erst mit Hilfe unserer Schallwellenkanonen haben wir den Energiegürtel um Cantara knacken können.”
Der medizinische Leiter des Rates, ihre Excellenz Katakomba, der aus der Führungsriege ihres Heimatplaneten abstammt, der senkt bestätigend den Kopf. “Auch meine Leute haben diese Zellkulturen untersucht. Sie zersetzen sich, wie jede andere tote Zellform, aber wir sind sicher, dass es dort zu Lebzeiten keine Bakterien und keine Viren gegeben hat. Auch wir haben keine Ahnung, wie und wovon diese Zellkulturen gelebt haben, aber sie haben definitiv gelebt. Es gibt Synapsen und eine Art Nervensystem. Ich rege an, dass jede Zellkultur, die von den Kriegern und den Arbeitern aufgefunden wird, sofort in die Labore gebracht wird. Sollte es tatsächlich noch lebende Organismen geben, so würde ich gerne mit diesen Lebewesen Kontakt aufnehmen, um sie in Arbeit zu sehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich will. Wenn die Annahme meiner Kollegin zutrifft, dann ist diese Lebensform für uns von einer völlig unberechenbaren Gefahr.”
“Gut”, sagt Protaxa. “Ich gebe Anweisung, die Suche fortzusetzen. Wir werden daran gehen, Höhlen zu untersuchen. Vielleicht gibt es irgendwo Eingänge zu unterirdischen Katakomben. Ich habe Anweisung aus Colofenia-Stadt, jede intelligente Lebensform auszulöschen, um den Planeten in unserem Sinne zu kolonialisieren, sofern sich diese Wesen unserem Willen nicht beugen. Die Regierung in Colofenia will kein Risiko eingehen. Wir brauchen diese Rohstoffe. Lieber gestern als heute. Und nun zu den Einzelheiten der Besiedlung.”
Filomena, die Rätin für Landwirtschaft wirft ein, “inzwischen haben die Arbeiter über 50 Quadratkilometer an Feldern bestellt. Die mitgebrachten Tiere vermehren sich bereits. Sie finden in Gräsern und Büschen ausreichend Nahrung. Sie werden fett. Die Labors haben außerdem künstliche Befruchtungen vorgenommen, um den Prozess der Vermehrung zu beschleunigen. Allem Anschein nach vertragen die Tiere das Wasser und die Nahrung gut. Sie scheinen gesund zu sein. Bei einer ordentlichen Ausweitung der Zucht wird der Bedarf für die neue Bevölkerung von Cantara gedeckt sein.”
Der Kommandant dankt. “Gibt es irgendetwas, was ich dazu wissen muss? Sind die Laboruntersuchungen eindeutig? Ich muss das wissen. Schließlich hängt das Überleben unserer Mission hiervon ab.”
Filomena wiegelt ab, “da ist nichts. Auch unsere Pflanzkulturen wachsen gut an. Wir haben Bewässerungsgräben gezogen, um die Felder ständig mit Frischwasser zu versorgen. Unsere Arbeiter haben aus den Süsswasserseen die toten Fische geborgen, und sie gemäß unserer Verordnung in Massengräbern bestattet und mit Erde zugedeckt. Wir konnten sie nicht mehr verwenden. Schade darum. Wir hätten unsere Verpflegung locker aus den Tierbeständen von Cantara decken können. Wir haben auch das Wasser von Flüssen und Seen untersuchen lassen. Wir haben keine nennenswerten Ansammlungen von Krankheitskeimen gefunden. Wir haben Glück gehabt, weil wir so schnell reagiert haben. Der Zersetzungsprozess der Kadaver war noch nicht fortgeschritten. Vielleicht gibt es Krankheiten, die uns noch unbekannt sind, und die wir noch nicht aufgespürt haben, aber bisher ist da nichts.”
Der Rat für Bergbau hingegen seufzt. “Wir haben derzeit keine Kapazitäten, um den Planeten auf Vorkommen von Erzen, Öl und so weiter zu untersuchen. Ich habe nur ein kleines Team. Wir katalogisieren bisher die verschiedenen Planquadrate. Unsere Jagdflieger liefern uns Messungen, die sie mit Ultraschall und Sonar machen. Da ist noch viel zu tun.
Vorerst beschränken wir uns auf den Grüngürtel, den wir ja weitgehend vernichtet haben. Selbst das Holz ist nicht mehr zu verwenden, weil es völlig zersplittert ist. Wir könnten allenfalls Pressplatten daraus machen, aber dafür haben wir hier keine Maschinen. In die heiße und die extrem kalte Zone von Cantara werden wir erst in den nächsten Jahren vordringen können. Wer weiß, was dort noch alles lagert.
Immerhin sind einige der Aufnahmen aus den Jagdfliegern vielversprechend. Durch die Zerstörung von Felsformationen können wir sagen, dass es dort gewaltige Granit- und Sandsteinvorkommen gibt, aber auch Erze. Die Jäger haben die Randgebiete der heißen Zone überflogen und sie sind sicher, dass sich dort unter dem Sand Kohle und Erdöl befindet. Ich bitte darum, für uns eine Abteilung abzustellen, um solche Untersuchungen aus der Luft systematisch durchzuführen, um den Planeten noch viel genauer zu vermessen, und um Fundstellen durch Farbbeutel und elektronische Signalabgeber zu markieren, damit wir so schnell wie möglich mit Probegrabungen beginnen können.”
7.
Die