Grundlagen der Funktionswerkstoffe für Studium und Praxis. Janko Auerswald
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Veränderungen liegen jedoch in der Luft. Gerade ein zutiefst demokratisches Land wie die Schweiz hat es bisher immer geschafft, notwendige Korrekturen vorzunehmen und tragfähige Kompromisse zu finden. Den Dissens offen, aber respektvoll auszutragen und die Anliegen verschiedener Interessengruppen lösungsorientiert in einen nachhaltigen Konsens einzubinden braucht Zeit. Dafür sind die so herbeigeführten Veränderungen in der Regel nachhaltig und von breit abgestützt. Immerhin trat als Folge der KVI ein Gesetz in Kraft, das Konzerne mit Steuersitz in der Schweiz zu einer Selbstdeklaration bezüglich Einhaltung bestimmter Menschenrechte verpflichtet, allerdings ohne Haftungsklausel für Verstöße gegen Umwelt-und Menschenrechtsstandards im Ausland. Es bleibt zu hoffen, dass das Ergebnis mehr sein wird als weitere Hochglanzbroschüren der Konzerne ohne Substanz. Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft noch mehr Menschen und Unternehmen erkennen, dass ökologische und soziale Nachhaltigkeit für den sozialen Frieden und das Überleben der Menschheit auf unserem Planeten mindestens genauso wichtig ist wie der finanzielle Profit einzelner egoistisch agierender Personen und Konzerne. Die Privatisierung der unglaublich großen Gewinne in der Rohstoff- und Finanzbranche einerseits und die Verallgemeinerung der immensen Kosten für Schäden an Mensch und Umwelt andererseits sind nicht mehr zeitgemäß. Verantwortungsvolles wirtschaftliches Handeln wird zu Recht immer stärker eingefordert.
Viele verantwortungsvolle Unternehmen integrieren die Nachhaltigkeit bereits in ihre Zielesysteme. Was können Ingenieurinnen und Ingenieure in ihrem konkreten Ar-beitsumfeld tun, damit Nachhaltigkeit tatsächlich immer mehr zur Normalität wird? Hier sind ein paar Vorschläge.
1 1. Entwickeln Sie langlebige Produkte, die sich reparieren lassen. Dies senkt in der Regel den Ressourcenverbrauch.
2 2. Beziehen Sie den Gedanken des Recyclings bzw.einer Kreislaufwirtschaft in Ihre Produktentwicklungen ein. Sortenreine Werkstoffe (keine Verbundwerkstoffe) erleichtern das Recycling.
3 3. Achten Sie darauf, dass Ihre Produktions- und Logistikprozesse möglichst wenig Treibhausgase erzeugen. Moderne Produktionsstätten nutzen bereits einen hohen Anteil regenerativer Energien und die Möglichkeiten der Wärmerückgewinnung.
4 4. Verschmutzen Sie die Umwelt nicht mit giftigen Abwässern, Abgasen, Plastikmüll oder Mikroplastik. Nutzen Sie die modernen Technologien der Abwasseraufbereitung, Luftfilterung oder zeitgemäße Verpackungskonzepte.
5 5. Achten Sie auf die Einhaltung ökologischer und sozialer Standards auch in den globalen Lieferketten Ihres Unternehmens.
6 6. Nehmen Sie ihre Verantwortung für ökologische und soziale Nachhaltigkeit auch als Konsumentin oder Konsument wahr. Das mit Abstand billigste Produkt ist in der Regel nicht das Nachhaltigste. Belohnen Sie nachhaltige Unternehmen mit Ihrem Kaufverhalten. In einer Marktwirtschaft überleben nur Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen auch gekauft werden.
Werkstoffe werden aus Rohstoffen hergestellt. Und diese sind nicht unendlich verfügbar. Es ist ein Gebot der Vernunft, verantwortungsvoll und nachhaltig damit umzugehen. Nachhaltigkeit hat eine ökologische, aber auch eine ethische und soziale Komponente. Dafür tragen wir als Menschen, Konsumenten und Stimmbürger eine Verantwortung.
1.8 Aufgaben
Aufgabe 1.1 Ordnen Sie bitte die Begriffe der Gruppe 1 und der Gruppe 2 paarweise richtig zu.
Gruppe 1: Metallbindung, Atombindung, Ionenbindung, zwischenmolekulare Bindung.
Gruppe 2: Aluminiumoxid, Gold, Silizium, Polyethylen.
Aufgabe 1.2 Was ist der Unterschied zwischen Quarz und Quarzglas?
Aufgabe 1.3 Was ist eine Elementarzelle?
Aufgabe 1.4 In welchen drei Kristallstrukturen erstarren die meisten Metalle? Nennen Sie bitte je drei Beispiele für jede Kristallstruktur.
Aufgabe 1.5 Was sind typische Abstände von benachbarten Atomen oder Ionen in Kristallgittern? Was sind typische Korngrößen in polykristallinen Werkstoffen?
Aufgabe 1.6 Walzen und Ziehen von Blechen und Drähten können zu Texturen führen. Was ist ein Werkstoff mit einer Textur? Kreuzen Sie bitte die richtigen Antworten an.
Ein Werkstoff, der nur aus einem Kristall besteht.
Ein Werkstoff, der aus vielen Kristallen mit einer Vorzugsorientierung besteht.
Ein Werkstoff, dessen Eigenschaften richtungsabhängig sind (Anisotropie).
Ein Werkstoff, dessen Eigenschaften nicht richtungsabhängig sind (Isotropie).
Ein amorpher Werkstoff.
Aufgabe 1.7 Ordnen Sie bitte folgende Werkstoffe richtig in die Kategorien anisotrop, isotrop und quasiisotrop ein, entsprechend der Richtungsabhängigkeit ihrer Eigenschaften: Fensterglas, einkristalliner Galliumarsenid-Wafer, Eisenblech mit Textur, Aluminiumblech ohne Textur, Saphir (einkristallines Aluminiumoxid), polykristallines Zirkoniumoxid für Zahnimplantate, amorphe Eisenlamellen für Transformatoren.
Aufgabe 1.8 Werkstoffe wie Eisen, Siliziumoxid, Kohlenstoff, Formgedächtnislegierungen Nitinol oder Zirkoniumoxid können je nach Temperatur oder Vorgeschichte bei der Herstellung verschiedene Kristallstrukturen aufweisen. Welcher Fachbegriff beschreibt dieses Verhalten?
Enthalpie
Polymorphie
Isotropie
Kristallographie
Aufgabe 1.9 Es gibt einphasige und mehrphasige Werkstoffe. Ordnen Sie bitte diesen beiden Kategorien richtig zu: Gusseisen mit Kugelgraphit, Gold, Glasfaser-verstärkter Kunststoff, homogenes Gefüge, heterogenes Gefüge, Fensterglas, verschiedene Kristallsorten im selben Werkstoff.
Aufgabe 1.10 Nennen Sie drei Möglichkeiten, wie Sie als zukünftige Ingenieurin oder Ingenieur in einer Produktentwicklung dazu beitragen können, ökologisch nachhaltige Produkte zu entwickeln.
Zusammenfassung
Die Art der Bindung übt einen wesentlichen Einfluss auf die Eigenschaften der verschiedenen Werkstoffklassen aus. Die Metallbindung mit ihrem „Elektronengas“ frei beweglicher Valenzelektronen führt zu einer guten thermischen und elektrischen Leitfähigkeit. Keramiken und anorganische Gläser basieren auf der Ionenbindung. Benachbarte Halbleiteratome bilden in der kovalenten Atombindung gemeinsame Elektronenpaare. Die primäre Bindung in den Makromolekülen von Kunststoffen ist ebenfalls kovalent. Festigkeitsbestimmend sind jedoch die schwächeren zwischenmolekularen Bindungen der Polymerketten.
Werkstoffe könne amorph oder kristallin sein. Amorphe Werkstoffe verhalten sich isotrop, d. h., es besteht keine Richtungsabhängigkeit der Eigenschaften. Die Eigenschaften einkristalliner Werkstoffe und polykristalliner Materialien mit Textur sind anisotrop. Polykristalline Werkstoffe ohne Textur verhalten sich quasiisotrop.
Werkstoffe wie Eisen und Stahl, Siliziumoxid, Zirkoniumoxid oder Nickel-Titan-Formgedächtnislegierungen können verschiedene Kristallstrukturen annehmen. Diese Polymorphie führt