Clash. Belle Aurora
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Nanna wirbelte herum und stieß einen erschrockenen Laut aus. Bevor ich mich versah, zog sie mir fest mit dem Besenstiel eins über den Kopf. Der Schlag kam so unerwartet, dass ich mir auf die Zunge biss und Blut schmeckte. Mit weit aufgerissenen Augen und Furcht im Gesicht stand sie vor mir, hob erneut den Besen an, doch dieses Mal hob ich die Hände und trat zurück.
„Ich bin’s“, rief ich eindringlich. „Ich bin es!“
Schockiert kamen mir die Tränen. Jim musste mich gehört haben, denn er kam angerannt. Er hatte das Handy schon am Ohr und tippte den Notruf, während er mir mit dem anderen Arm half.
„Ja, einen Krankenwagen bitte zu 8634 Cedar.“
Meine Seele fühlte sich taub an, als ich durch den Flur sah. Ich hörte Paul Anka im Hintergrund singen. Meine Großmutter stand wie erstarrt da und sah mich an, als wäre ich ein Ungeheuer. Und mit diesem Blick änderte sich meine komplette Welt.
Mir war gar nicht klar gewesen, dass ich nicht genäht werden musste, bis die Sanitäter einen Blick auf mich warfen. Es sah wirklich schlimmer aus, als es war. Nur eine winzig kleine Platzwunde direkt auf dem Scheitel. Unglücklicherweise, so erklärte es mir die Sanitäterin, bluteten Kopfwunden sehr, besonders wenn jemand panisch war und das Herz schnell schlug.
„Wir bringen Ihre Großmutter ins Glendale Memorial“, erklärte die Sanitäterin. „Die Geriatrie dort ist exzellent.“
War das so? Schön. Ich blieb sitzen. „Danke.“ Meine Stimme klang heiser.
Jim legte einen Arm um meine Schultern und ich lehnte mich an ihn, brauchte seinen Trost. Die Frau ging vor mir in die Knie und sah zu mir hoch.
„Bis jetzt haben Sie sich wirklich vorbildlich um sie gekümmert.“ Ihr Blick war sanft. „Aber sie braucht mehr, als Sie ihr geben können.“
Ja. Langsam sah ich es ein.
Der andere Sanitäter stellte sich in den Türrahmen und wie in Zeitlupe sah ich zu ihm, als er sagte: „Sie ist im Wagen. Sie können ihr jetzt auf Wiedersehen sagen gehen.“
Nein, das konnte ich nicht. Immer wieder sah ich den Blick auf ihrem Gesicht vor mir, als sie sich angstvoll von mir zurückzog. Immer und immer wieder. Er verfolgte mich regelrecht. So schnell wollte ich ihm nicht mehr begegnen. Es verging ein Moment und die Sanitäter tauschten einen Blick aus.
„Oder Sie können sie später noch besuchen. Besuchszeiten sind zwischen zehn und drei Uhr“, sagte die Frau.
Ich nickte langsam mit nicht fokussiertem Blick und wartete darauf, dass sie gingen. Als sie endlich aufbrachen, legte sich Ruhe über das kleine Haus, das ich so sehr liebte. Paul Anka sang Put Your Head On My Shoulder. Und genau das tat ich, ich legte meinen Kopf an Jims Schulter und er ließ mich weinen. Solange ich musste.
Kapitel 1
Taking Care Of Business
Emily
Es war schon das dritte Mal, dass ich innerhalb weniger Tage in der Arbeitsagentur auftauchte. Als Leah, die Sachbearbeiterin, mich sah, machte sie ein langes Gesicht und mein Stolz bekam einen Dämpfer. Bevor sie etwas sagen konnte, lächelte ich strahlend.
„Ich weiß, ich weiß. Sie haben gesagt, Sie rufen mich an, aber …“ Ich hasste es, mir die Wahrheit einzugestehen. „Ich bin verzweifelt.“ So verzweifelt. Unheimlich verzweifelt. Sie sollte mir einfach nur einen verdammten Job geben. Irgendeinen. Ich hätte Toiletten geputzt. Fische ausgenommen. Ställe ausgemistet. Ich hätte wirklich alles getan. Leah sah mich einen langen Moment an und ich konnte erkennen, dass sie genervt war.
„Sie kommen fast jeden Tag und ich kann Ihnen immer nur dasselbe sagen.“ Sie blinzelte langsam. „Sparen Sie sich das Benzin, Kleines. Ich habe im Moment nichts für Sie.“
Verdammt.
Ich machte mir nicht die Mühe darauf hinzuweisen, dass ich gar kein Auto hatte. Denn das könnte meine Chancen auf einen Job schmälern. Die Wahrheit war, dass ich mir kein Auto leisten konnte, oder eine Versicherung, also nahm ich den Bus, denn das war besser, als stundenlang in die Stadt zu laufen. Mein Seufzen war nur innerlich. Ich wollte mit den Fäusten auf den Tisch schlagen, mit den Füßen aufstampfen und meinen Frust herausschreien. Ich verstand es nicht. Man hatte mir immer gesagt, dass sich eine Tür öffnete, wenn sich eine verschloss. Aber aus irgendeinem unbekannten Grund machte das Leben es mir schwer. Für mich gab es keine offenen Türen. Sogar die Fenster waren zu und die Jalousien heruntergelassen.
Mein Lächeln versiegte und es wurde eng in meiner Brust. Sie verstand es nicht. Ich wollte nicht aufdringlich sein, aber …
„Ich mache wirklich alles“, flehte ich. „Alles.“
„Verstehen Sie doch.“ Für einen Augenblick sah sie wirklich aus, als hätte sie Mitleid, und es fühlte sich an wie ein Stein in der Magengrube. „Es tut mir sehr leid, meine Liebe, aber im Moment haben Sie leider kein Glück.“
Ich seufzte den weltgrößten innerlichen Seufzer. „Okay.“ Ich atmete aus und lächelte knapp, entschlossen, positiv zu bleiben, auch wenn es regelrecht schmerzte. „Trotzdem vielen Dank.“ Ich zog mir den Rucksack enger über die Schultern. „Bis morgen dann.“ Als sie daraufhin mit den Augen rollte, lachte ich leise und ging rückwärts. Ich hob die Hände. „War nur ein Scherz.“
War es nicht. Ich würde morgen wieder hier stehen.
Draußen auf dem Gehweg atmete ich tief ein und betete im Stillen um einen Silberstreif am Horizont, von dem ich wusste, dass er nicht auftauchen würde. Nein. Das Glück war noch nie auf meiner Seite gewesen. Schade. Ich hätte es wirklich gerade gebrauchen können.
Seit zehn Tagen war Nanna im Glendale Memorial und Gott sei Dank wollten sie sie dort behalten, bis ich einen Platz in einem Pflegeheim für sie gefunden hatte. Es gab einige, die ich mir angesehen hatte, die lediglich in Ordnung waren, aber ich wollte sie in einem ganz bestimmten Haus haben. Dem St. Judes. Dort war es wunderschön. Es war geräumig, hell und behaglich. Es roch nach zarten weißen Blüten und die Mitarbeiter waren lieb und führten ihren Beruf mit Hingabe aus. Es war genau der Ort, an dem ich Nanna haben wollte. Ein Zuhause, fern von Daheim. Allerdings war ich nicht in der Lage, ihr das zu ermöglichen, ohne einen vernünftigen Job zu haben. Daher meine täglichen Besuche in der Arbeitsagentur. Mir war einfach klar, dass ich Leah so lange auf die Nerven gehen würde, bis sie mir irgendetwas gab. Das sagte schon viel aus, denn normalerweise war ich kein Mensch, der andere zu etwas drängte.
Ich hielt mich an meinen Rucksackgurten fest und machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Auf halber Strecke rumorte es in meinem Magen und ich holte mir einen Müsliriegel aus dem Rucksack. Ich biss ab und lief dabei etwas langsamer, da ich den Busplan in der anderen Hand studierte. So wie es aussah, hatte ich noch etwas Zeit und es war nicht mehr weit. Außerdem kamen die Busse in dieser Stadt nie zu früh. Als ich an der Bushaltestelle ankam, stellte ich allerdings mit Erstaunen fest, dass gerade ein Bus wegfuhr. War das meiner? Nein, das konnte nicht sein. Ich sah auf die Busnummer. Mit dem Müsliriegel vergessen in meiner Hand, fiel mir die Kinnlade herunter. Innerlich musste ich lachen. Klar, natürlich. Großartig. Warum auch nicht? Einfach großartig.
Ich beobachtete, wie mein Bus in der Ferne verschwand und schloss frustriert die