Rechtsmedizin. Ingo Wirth

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Rechtsmedizin - Ingo Wirth Grundlagen der Kriminalistik

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      Nach Abschluss der Leichenschau hat der Arzt gemäß landesrechtlicher Bestimmungen die Todesbescheinigung vollständig auszufüllen und eigenhändig zu unterschreiben. Der Formularsatz besteht im Allgemeinen aus einem offenen (nicht vertraulichen) Teil mit Daten für ordnungsbehördliche Verwaltungszwecke und einem vertraulichen Teil mit medizinischen Angaben zur Todesursache. Die Todesbescheinigung darf der Arzt nur im Ergebnis der von ihm selbst vorgenommenen Leichenschau ausstellen.

      Mit der Weitergabe der Todesbescheinigung ist für den Arzt die Leichenschau beendet. Hat er einen natürlichen Tod eingetragen, darf der dafür vorgesehene Teil an eine Person übergeben werden, die für die Bestattung der Leiche zu sorgen hat.

      II. Tod und Leichenuntersuchung4. Ärztliche Leichenschau › 4.7 Meldepflichten

      In fast allen Bundesländern besteht die Pflicht zur Benachrichtigung der Polizei, wenn der Leichenschauarzt Anhaltspunkte für einen nichtnatürlichen Tod festgestellt hat oder die Todesart ungeklärt ist. Eine Meldepflicht ergibt sich auch beim Auffinden eines unbekannten Toten. Bei derartigen Untersuchungsbefunden ist die Todesbescheinigung an die Polizei weiterzuleiten. So werden durch die ärztliche Leichenschau die Voraussetzungen für ein Todesermittlungsverfahren nach § 159 StPO geschaffen.

      Bei bestimmten Infektionskrankheiten besteht gemäß Infektionsschutzgesetz eine Meldepflicht an das zuständige Gesundheitsamt.

      Für den seltenen Fall, dass sich bei der Leichenschau der Verdacht auf eine bis dahin nicht bekannte Berufskrankheit ergibt, ist eine Meldung an die Berufsgenossenschaft erforderlich.

      II. Tod und Leichenuntersuchung › 5. Kriminalistische Leichenuntersuchung

      Eine gerichtliche Leichenschau gemäß § 87 I StPO ist die Besichtigung der äußeren Beschaffenheit einer Leiche, die in der Regel vom Staatsanwalt oder auf dessen Antrag gemäß § 162 StPO vom Richter vorgenommen wird. Die Besichtigung des Leichnams sollte möglichst am Tat- oder Fundort durchgeführt werden (Nr. 33 I RiStBV). Die gerichtliche Leichenschau ersetzt nicht die ärztliche Leichenschau nach den landesrechtlichen Bestimmungen, die in jedem Fall erfolgen muss. Dadurch ist gesichert, dass jeder Verstorbene von einem Arzt untersucht wird.

      In der Praxis muss der Ermittlungsbeamte regelmäßig eine Leichenschau am Fundort vornehmen. Vom Beamten wird keine medizinische, sondern eine kriminalistische Untersuchung der Leiche erwartet. Die Spezifik dieser Aufgabe liegt darin, die äußeren Leichenbefunde vollständig zu erfassen und darüber hinaus hinsichtlich ihrer Verursachung kriminalistisch zu bewerten. Auch wenn der Ermittlungsbeamte über Grundkenntnisse der Rechtsmedizin verfügt, sollte er nicht darauf verzichten, bei offensichtlichen Kapitalverbrechen und bei dubiosen Todesfällen so früh wie möglich einen Rechtsmediziner hinzuzuziehen.

      Für die kriminalistische Leichenuntersuchung hat sich das Vorgehen nach einem Handlungsschema bewährt. Empfehlenswert ist das von Naeve (1978) angegebene Schema einer Leichenschau.

1. Zeitpunkt des Beginns der Leichenschau (Datum, Uhrzeit).
2. Beschreibung der Leichenumgebung. Örtlichkeit: geschlossener Raum (Fenster geschlossen oder geöffnet), im Freien. Abdeckung der Leiche. Untergrund: trocken, nass, moorig u. a. Raum- bzw. Außentemperatur. Witterungsverhältnisse. Hinweise auf Einnahme von alkoholischen Getränken oder Medikamenten (Flaschen, Gläser, Verpackungsmaterial). Hinweise auf Erkrankungen (Arztbriefe, Rezeptformulare, Medikamente).
3. Beschreibung der Bekleidung: Kleidung geordnet oder ungeordnet? Knöpfe oder Reißverschlüsse geöffnet oder geschlossen? Knöpfe ausgerissen? Art der Ober- und Unterbekleidung, Schuhe. Beschädigungen und Verschmutzungen der Bekleidung einschließlich der Schuhe, Schleifspuren an den Schuhen. Taschenzustand und -inhalt. Uhren, Schmuck. Was wird ausgezogen? Was wird aufgeschnitten? Welche Beschädigungen oder Verschmutzungen entstehen beim Auskleiden der Leiche?
4. Lage der Leiche (Rückenlage, Bauchlage, Seitenlage, Arme oder Beine angewinkelt, Kopf nach rechts oder nach links gedreht). Geschlecht, Lebensalter (ggf. Schätzung), Körpergröße, Körperbau, allgemeiner Ernährungszustand. Körperanhaftungen (Blut, Kot, Eiter, Sperma, Schmutz – Lokalisation der Körperanhaftungen, ggf. unter Beschreibung des Verlaufs von sog. Rinnspuren – z. B. Blutrinnspuren).
5. Die Zeichen des Todes: Erkaltung (ggf. Temperaturmessung im After), Totenflecke (Lokalisation, Farbe, Wegdrückbarkeit, Intensität, Aussparung der Totenflecke an den Aufliegestellen oder im Bereich von Hautfalten oder eng anliegender Kleidung). Totenstarre (es werden sämtliche großen und kleinen Gelenke einschließlich Kiefergelenke untersucht). Hautvertrocknungen (Lippen, Genitale). Fäulnis: Grünfäulnis der Bauchhaut, Ablösung der Oberhaut, mit Flüssigkeit gefüllte blasige Abhebungen der Oberhaut, Fäulnisdunsung des Gesichts, Fäulnisgasblähung des Bauches und des Hodensackes. Durchgetretene Blutaderzeichnung (netzartige dunkelgrüne bis schwarze Verfärbung der Haut über den Blutadern), Fäulnisflüssigkeit im Mund und in den Naseneingängen. Ausziehbarkeit der Haare. Ablösbarkeit der Fingernägel. Vertrocknungserscheinungen (Fingerkuppen, Nasenspitze). Mumifizierung. Fettwachsbildung. Skelettierung. Fliegeneier, Maden (Länge), Puppen, Puppenhüllen. Waschhautbildung an Händen und Füßen. Ablösbarkeit der Waschhaut.
6. Etwa vorhandene krankhafte Veränderungen oder Abnormitäten (bei kriminalpolizeilicher Leichenschau keine medizinischen Diagnosen – nur Beschaffenheit und Lokalisation der von außen erkennbaren Veränderungen). • Narben. Hautveränderungen: warzenähnlich, borkenbelegt, flächenhaft oder fleckig, kleinfleckig, großfleckig, ungleichmäßig oder streifig. • Rötungen der Haut mit oder ohne Vertrocknung. • Braunfärbung der Haut (sog. Braunpigmentation), Farbe eventueller warzenähnlicher Hautveränderungen (d. h. Pigmentierung der Warzen – braun, schwarz). Hautgeschwüre (flach, tief, Rand wie ausgestanzt). Eiterbelag der Geschwüre. • Injektionsstiche (Lokalisation, Zahl, Hautunterblutungen in Umgebung der Injektionsstiche. Farbe der Hautunterblutungen in Umgebung der Injektionsstiche. Narben nach Injektionsstichen). • Tätowierungen (Lokalisation, Motivdarstellung, einfarbig-blau, mehrfarbig). • Überzahl oder Mangel an Gliedmaßen (z. B. Zehen oder Finger), Gelenkveränderungen (Knie, Ellenbogen, Finger: Verdickungen, Schwellungen). • Schwellungen im Bereich der Fußknöchel und der Unterschenkel (nach kräftigem Fingerdruck: Dellenbildung = Oedem, d. h. vermehrte Flüssigkeitsansammlung im Gewebe, z. B. bei chronischer Herz-Kreislauf-Schwäche). • Beschaffenheit der Haare – Kopf, Bart – Farbe, Länge, Schnitt, Tönung oder Färbung. Augenbrauen, Scham- und Achselbehaarung. • Farbe der Augen (zu beachten bei Fäulnisleichen, besonders bei Wasserleichen im Zustand der Fäulnis: natürliche Augenfarbe nicht mehr feststellbar, infolge Fäulnis stets eine braune „Augenfarbe“). • Gebiss: Beschaffenheit der Zähne, Zahnersatz, Zahnlücken. Ggf. Zahnarzt

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