Internationales Privatrecht. Thomas Rauscher
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Gleichberechtigung von Mann und Frau im Kollisionsrecht bedeutet also nicht die Verwirklichung eines materiell gleichberechtigungskonformen Ergebnisses. Eine gleichberechtigungskonforme Kollisionsnorm wird (lediglich) die Auswahl des maßgeblichen Rechts ohne Bevorzugung eines nicht Art. 3 GG entsprechenden Kriteriums vornehmen. Erweist sich sodann das grundrechtsentsprechend ausgewählte Recht inhaltlich nicht als grundrechtskonform, so kann – in engen Grenzen – nur der ordre public helfen.
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Ob mit der zunehmenden Europäisierung des IPR der hohe Standard der Verwirklichung deutscher Grundrechte im IPR erhalten bleiben kann, muss angesichts der Selbstbeschränkung des BVerfG gegenüber dem Europarecht und angesichts des zum Teil geringeren Schutzstandards der EU-GRC bezweifelt werden.
Teil I IPR: Grundlagen › § 1 Einführung und Abgrenzung › E. Quellen des IPR
1. EGBGB
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Wesentlichste Quelle des deutschen IPR sind Art. 3-46, die durch das Gesetz zur Neuregelung des IPR[37] grundlegend reformiert wurden und seitdem insbesondere im internationalen Namensrecht (Art. 10),[38] im internationalen Kindschaftsrecht (Art. 19 ff)[39] und im Verbraucherschutzrecht (Art. 29a aF)[40] Änderungen erfahren haben. Erweiterungen ergaben sich durch das Gesetz zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen[41] (Art. 38 bis 46), das GewaltschutzG[42] (Art. 17a), das LPartG[43] und das LPartÜG[44] (Art. 17b[45]), das PersonenstandsrechtsreformG[46] (Art. 47[47]) sowie die Reform des Ehevermögensrechts[48] zum 1.9.2008 (Art. 17 Abs. 3, 17a, 17b Abs. 1). Erhebliche Änderungen ergeben sich in jüngerer Zeit als Konsequenz der Europäisierung des IPR, die zur Aufhebung der Art. 27 bis 37 und Einfügung von Art. 46b, 46c,[49] zur Aufhebung des Art. 18,[50] zur Anpassung des Art. 17[51] und zur Anpassung der Art. 25, 26[52] geführt hat. Nicht zuletzt soll Art. 3 Nr 1 nun den Rechtsanwender davor schützen, europarechtliches IPR zu übersehen, indem dort sukzessiv das europäisierte Kollisionsrecht aufgelistet wird.[53]
Das im EGBGB kodifizierte IPR ist komplementär zum fortschreitend europäisierten IPR (im Einzelnen Rn 91); es umfasst somit noch größere Teile des internationalen Personen- und Familienrechts (außer dem Unterhaltsstatut, dem Scheidungsstatut und künftig dem Ehe- und ELP-Güterstatut) mit geringen Lücken – zB ist das Verlöbnisstatut nicht ausdrücklich geregelt. Auch das Sachenrecht ist im EGBGB geregelt. Europäisiert ist das internationale vertragliche Schuldrecht (außer für Altfälle) und in weiten Bereichen das außervertragliche Schuldrecht; das internationale Erbrecht ist de facto vollständig europäisiert, weil Art. 25 Abs. 1 EGBGB subsidiär auf die EU-ErbVO verweist.
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Für Sachverhalte mit Bezug zur früheren DDR bestimmt Art. 236 für abgeschlossene Vorgänge, familienrechtliche Rechtsverhältnisse und güterrechtliche Wirkungen von Ehen zum 3.10.1990 teilweise die Anwendung des „bisherigen“ Internationalen Privatrechts. Gemeint ist damit, sofern ein Sachverhalt vor dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik interlokal der DDR zuzuordnen war, das IPR der DDR. Dieses war hauptsächlich im Rechtsanwendungsgesetz der DDR[54] geregelt.
2. IPR-Nebengesetze
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Daneben finden sich zahlreiche Normen des IPR in anderen Gesetzen, von denen nur einige wesentliche hier zu nennen sind:
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Art. 9 Abs. 2 Nr 5 FamilienrechtsänderungsG stellt Personen, die Deutsche iSd Art. 116 GG sind, deutschen Staatsangehörigen gleich, soweit nach deutschem Recht die Staatsangehörigkeit einer Person maßgebend ist. Dies gilt insbesondere auch für Normen des IPR, die an die Staatsangehörigkeit anknüpfen.
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Ähnlich verfährt § 2 Abs. 1 AsylG. Durch Verweisung auf das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) wird allerdings das Personalstatut von anerkannten Asylberechtigten nicht unmittelbar bestimmt, sondern entsprechend der völkervertraglichen Regelung (Rn 103); maßgeblich ist das (deutsche) Wohnsitz- bzw Aufenthaltsrecht. Vgl zum Personenstand Staatenloser im IPR auch Art. 1 AHK-Gesetz Nr 23[55] für verschleppte Personen und Flüchtlinge und § 8 Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet v. 25.4.1951[56].
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§ 1 des Gesetzes über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen v. 4.8.1969[57] enthält eine Kollisionsnorm für den Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen aus der sowjetischen Besatzungszone, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet genommen haben und – wegen der Unwandelbarkeit des Ehegüterstatuts nach Art. 15 Abs. 1 (auch in alter Fassung) – ein anderes Güterstatut als das Ehegüterrecht des BGB hatten; für solche Ehegatten wird das Güterstatut gewandelt und in das BGB übergeleitet.
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Das internationale Scheck- und Wechselrecht ist – beruhend auf völkervertraglichen Regelungen (dazu Rn 101) – enthalten in Art. 91-98 WG und Art. 60-66 ScheckG.
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Die in Art. 7-15 EGVVG aF enthaltene Regelung des internationalen Versicherungsvertragsrecht (Umsetzung der Richtlinie 88/357/EWG v. 22.6.1988) ist zum 17.12.2009 entfallen,[58] nachdem Art. 7 Rom I-VO das Versicherungskollisionsrecht umfassend regelt.
3. Richterrecht
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Nach Schließung der größten Kodifikationslücke durch das IPRG 1999, blieb bisher das – in jüngerer Zeit stark europarechtlich überlagerte (Rn 89 ff) – Internationale Gesellschaftsrecht bzw das Internationale Privatrecht juristischer Personen unkodifiziert. Kodifikationspläne[59] sind nicht vorangekommen. Erhebliche Bedeutung erlangte in diesem Bereich mittelbar die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit (Rn 627 ff, 632 ff). Für das bisher ebenfalls unkodifizierte IPR der gewillkürten Stellvertretung bestehen im BMJ Kodifikationspläne.[60]
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