Internationales Privatrecht. Thomas Rauscher

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haben Kollisionsrechtler (Albert Ehrenzweig, Brainerd Currie, Robert Leflar) in diesem Jahrhundert in den USA flexible Regeln entwickelt, nach denen amerikanische Gerichte ausländisches Privatrecht anwenden. In der grundsätzlichen Skepsis gegenüber den als starr empfundenen Kollisionsnormen der Civil Law-Staaten, vor allem Kontinentaleuropas, schwingt ein wesentliches Grundprinzip des Common Law mit, den Richter nicht durch das Gesetz zu binden, sondern ihm Leitlinien der Abwägung zu geben. Im Grundsatz ist es jedoch, wenngleich mit verschiedenen Begründungen, in vielen Bereichen bei der Anwendung der lex fori geblieben.

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      Die Dominanz der lex fori stellt den deutschen Rechtsanwender vor zahlreiche Probleme, die vor allem im Zusammenhang mit der Rückverweisung noch anzusprechen sein werden. Weithin fehlt es am Bewusstsein für die Existenz von Kollisionsnormen, so dass aus Zuständigkeitsregeln auf die Anwendung der lex fori, also mittelbar auf eine Kollisionsnorm geschlossen werden muss.

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      Das IPR des Vereinigten Königreichs wurde schließlich teilweise kodifiziert im Contracts (Applicable Law) Act 1990 (entsprechend dem Römischen EWG-Übereinkommen) und im Private International Law Act 1995.

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      5. Die ersten 16 Jahre des 21. Jahrhunderts haben eine Welle der Europäisierung des IPR eingeleitet. Nachdem das EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht vom 19.6.1980 (EVÜ, dazu Rn 90) lange Zeit das einzige Rechtsinstrument eines Europäischen IPR (EuIPR) war, wurden das IPR der vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnisse, das Unterhaltsstatut, das Erbstatut und – nur in Verstärkter Zusammenarbeit nach Art. 329 AEUV und daher räumlich beschränkt – das Scheidungsstatut europarechtlich vereinheitlicht. Die Vereinheitlichung des Güterrechtstatuts in Ehe und ELP für ab dem 29.1.2019 einzugehende Ehen und ELPen zeigt, dass es in manchen Bereichen für geraume Zeit auch zu einem Nebeneinander von nationalem und europarechtlichem IPR kommen kann (zur Entwicklung Rn 91, zu den Verordnungen im Einzelnen bei den jeweiligen Materien).

      Literatur:

      Jayme Mancini heute – Einige Betrachtungen, FS Zweigert (1981) 145; Gutzwiller Geschichte des Internationalprivatrechts. Von den Anfängen bis zu den großen Privatrechtskodifikationen (1977); Kegel Joseph Story, RabelsZ 43 (1979) 609; ders. Wohnsitz und Belegenheit bei Story und Savigny, RabelsZ 52 (1988) 431; Kropholler Der Einfluß der Haager Übereinkommen auf die deutsche IPR-Kodifikation, RabelsZ 57 (1993) 207; Neuhaus Abschied von Savigny?, RabelsZ 46 (1982) 4; Roth Europäische Kollisionsrechtsvereinheitlichung, EWS 2011, 314; Mansel/Thorn/Wagner Europäisches Kollisionsrecht 2012: Voranschreiten des Kodifikationsprozesses – Flickenteppich des Einheitsrechts, IPRax 2013, 1.

      Länderberichte: Einen vorzüglichen Überblick über die Grundsätze des IPR in zahlreichen Staaten gibt Staudinger/Hausmann (2013) Anhang 143 ff zu Art. 4 EGBGB. Familienrechtliches IPR in den Länderberichten bei Bergmann/Ferid/Henrich. Erbrechtliches IPR in den Länderberichten bei Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann. Ältere Textsammlungen wurden nicht mehr neu aufgelegt, weil ausländische Gesetzestexte im WWW regelmäßig aktueller zu finden sind.

      Teil I IPR: Grundlagen§ 1 Einführung und Abgrenzung › D. Interessen im IPR

D. Interessen im IPR

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      1. Die Suche nach dem Schwerpunkt des jeweiligen Rechtsverhältnisses erfolgt im deutschen IPR grundsätzlich nicht individuell wertend, sondern durch eine formale Anwendung von typisierten Anknüpfungsnormen.

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      Aus einem Katalog abstrakt umschriebener Anknüpfungsthemen (vgl die Überschriften zu Art. 7 ff, Erbrecht, Ehegüterrecht, Abstammung etc) wird der Sachverhalt einem oder mehreren dieser Begriffe zugeordnet („qualifiziert“, zur Qualifikation siehe Rn 443 ff) und nach dem von der jeweiligen Kollisionsnorm – wiederum abstrakt generell – berufenen materiellen Recht entschieden. Das materielle Ergebnis hat dabei grundsätzlich keinen Einfluss auf die Auswahl des anwendbaren Rechts. Eine Korrektur des Ergebnisses erfolgt nur ganz ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des ordre public (Art. 6), wenn das Resultat im konkreten Fall unerträglich gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts verstößt.

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      1. Die Interessen im IPR sind damit objektiv für bestimmte Anknüpfungsthemen nach dem Maßstab einer generellen Wertung zu bestimmen, sie kommen vorrangig in der Festlegung abstrakt-genereller Anknüpfungsmerkmale zum tragen.

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      Es kommt für die Entwicklung der Kollisionsnorm nicht darauf an, ein materiell gerechtes Ergebnis für die konkreten Beteiligten zu erzielen, sondern, wo der Sachverhalt typischerweise internationalprivatrechtlich gerecht zu lokalisieren ist. Nur innerhalb des so bestimmten anwendbaren Rechts kann die materielle Gerechtigkeit gesucht werden, wobei bis zur Grenze des deutschen ordre public das anwendbare Recht und nicht das deutsche Rechtsverständnis entscheidet, was „Gerechtigkeit“ bedeutet.

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