Besteuerung von Unternehmen II. Wolfram Scheffler

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in der Handelsbilanz ein Wert von 12 000 € vorgegeben und ist für die Steuerbilanz eine Bewertung mit 13 000 € verpflichtend, kommt es zu einer Durchbrechung der Maßgeblichkeit. Handels- und Steuerbilanz können aufgrund von zwei sich widersprechenden, verbindlichen Regelungen nicht übereinstimmen.

      Beispiel 3:

      Ist in der Handelsbilanz ein Wirtschaftsgut aufgrund einer verbindlichen Regelung mit 12 000 € zu bewerten, während für die Steuerbilanz aufgrund einer Sonderabschreibung eine Bewertung zwischen 8 000 und 12 000 € zulässig ist, besteht keine Maßgeblichkeit. Wird in der Steuerbilanz auf die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung verzichtet, stimmen Handels- und Steuerbilanz überein. Zu einer Abweichung kommt es, wenn in der Steuerbilanz das spezielle steuerbilanzielle Wahlrecht ausgeübt wird.

      Beispiel 4:

      Bezieht eine Kapitalgesellschaft von einer anderen Kapitalgesellschaft Dividenden, bleiben diese ertragsteuerlich grundsätzlich außer Ansatz, sofern die Mindestbeteiligungsquote von 10% erreicht ist (§ 8b Abs. 1, 4 KStG), allerdings gelten 5% der Dividenden als nichtabziehbare Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 5 KStG). Diese Regelung des Körperschaftsteuersystems dient dazu, eine Mehrfachbelastung mit Körperschaftsteuer zu vermeiden. Im handelsrechtlichen Einzelabschluss ist diese Zielsetzung ohne Bedeutung. Die Dividenden sind deshalb in voller Höhe ertragswirksam zu verbuchen. Die konzeptionelle Abweichung führt dazu, dass keine Maßgeblichkeit besteht. Die Zielsetzung des Körperschaftsteuersystems geht den allgemeinen steuerlichen Gewinnermittlungsregeln vor.

      Anmerkungen

       [1]

      Bei dieser Aussage wird nicht diskutiert, ob mit dem Lenkungszweck verbundene Regelungen im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung gerechtfertigt sind.

       [2]

      Vgl H 5.1 EStH unter Verweis auf BMF-Schreiben vom 12.3.2010, BStBl. 2010 I, S. 239.

       [3]

      Diese Interpretation ist nicht unumstritten. Grundsätzlich wie die Finanzverwaltung zB Dörfler/Adrian, Ubg 2009, S. 387; Herzig/Briesemeister, DB 2009, S. 929; Kirsch, DStZ 2008, S. 561; Stobbe, DStR 2008, S. 2433; Theile/Hartmann, DStR 2008, S. 2034. Zur Kritik siehe zB Anzinger/Schleiter, DStR 2010, S. 395; Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, DB 2009, S. 2570; Förster/Schmidtmann, BB 2009, S. 1342; Hennrichs, Ubg 2009, S. 533; Hoffmann, StuB 2010, S. 209; Scheffler, StuB 2009, S. 836; Schenke/Risse, DB 2009, S. 1957; Schulze-Osterloh, DStR 2011, S. 534; Weber-Grellet, DB 2009, S. 2402. Zu einer umfangreichen Literaturübersicht siehe Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Köln (Loseblattausgabe), § 5 EStG, Anm 272.

      39

      Die Konsequenzen des Maßgeblichkeitsprinzips für einen konkreten Geschäftsvorgang hängen von der Ausgestaltung der für die Handelsbilanz und die Steuerbilanz formulierten gesetzlichen Normen ab:

Die handelsrechtlichen Regelungen kennen entweder zwingende Vorschriften (Pflicht, Verbot), Wahlrechte oder Ermessensspielräume.
Im Bilanzsteuerrecht besteht entweder keine eigene Norm oder in das Steuerrecht sind spezielle Regelungen aufgenommen worden. Das Steuerrecht kann eine zwingende Vorgehensweise (Pflicht, Verbot) vorschreiben oder ein Wahlrecht gewähren. Darüber hinaus gibt es auch im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung Ermessensspielräume.

      Zusätzlich bestehen außerhalb des Bilanzsteuerrechts Regelungen, die auf die Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte zurückwirken: Zum einen sind spezielle steuerliche Grundsätze zu beachten, wie sie beispielsweise im Zusammenhang mit der Besteuerung von Personen- oder Kapitalgesellschaften, zur Abgrenzung des betrieblichen Bereichs von der privaten Sphäre des Steuerpflichtigen oder zur Vermeidung von internationalen Doppelbesteuerungen gelten. Bei diesen Vorschriften handelt es sich im Regelfall um verbindlich anzuwendende Normen. Zum anderen kann der Steuerpflichtige spezielle steuerliche Wahlrechte in Anspruch nehmen, die in erster Linie der Förderung von Investitionen sowie zur Vermeidung einer Behinderung von unternehmerischen Umstrukturierungen dienen. Diesen auf steuerpolitischen Überlegungen beruhenden Wahlrechten stehen seit der Aufhebung der umgekehrten Maßgeblichkeit durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz keine vergleichbaren handelsrechtlichen Vorschriften mehr gegenüber. Die Übernahme des niedrigeren steuerlichen Werts (§ 254, § 279 Abs. 2 HGB aF) bzw von steuerfreien Rücklagen (§ 247 Abs. 3, § 273 HGB aF) in die Handelsbilanz ist seit dem Jahr 2009 nicht mehr zulässig.

      Aus den verschiedenen Kombinationen lassen sich insgesamt neun Fälle bilden. Die wichtigsten Aussagen sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst. Sie werden im Folgenden im Einzelnen beschrieben. Die Reihenfolge der Fälle wurde danach festgelegt, welche Art von Regelungen für die Handelsbilanz vorgesehen ist. Folgt man der Auslegung des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, wie sie von der Finanzverwaltung vorgenommen wurde, ergeben sich folgende Auswirkungen:

      Abb. 4: Grundsätzliche Auswirkungen des Maßgeblichkeitsprinzips

Fall Handelsrecht Steuerrecht Auswirkungen des Maßgeblichkeitsprinzips (Grundsatz) Form der Maßgeblichkeit
1 verbindliche Regelung keine Regelung Wert aus der Handelsbilanz ist in die Steuerbilanz zu übernehmen (§ 5 Abs. 1 S. 1 HS 1 EStG) Maßgeblichkeit
2 verbindliche Regelung verbindliche Regelung Fall 2a: übereinstimmende verbindliche Regelungen: Handelsbilanz und Steuerbilanz stimmen überein Maßgeblichkeit (deklaratorisch)
Fall 2b: abweichende verbindliche Regelungen: für die Steuerbilanz ist die steuerliche Regelung verbindlich: Handelsbilanz und Steuerbilanz weichen voneinander ab Durchbrechung der Maßgeblichkeit
3 verbindliche Regelung Wahlrecht das steuerliche Wahlrecht kann unabhängig von der handelsrechtlichen Rechnungslegung ausgeübt werden (§ 5 Abs. 1 S. 1 HS 2 EStG): Handelsbilanz und Steuerbilanz können, müssen aber nicht übereinstimmen keine Maßgeblichkeit
4 Wahlrecht verbindliche Regelung für die Steuerbilanz ist die steuerliche Regelung verbindlich: Handelsbilanz und Steuerbilanz können, müssen aber nicht übereinstimmen (§ 5 Abs. 1 S. 1 HS 1 EStG) Einschränkung der Maßgeblichkeit
5 Wahlrecht keine Regelung Bilanzierung: handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte werden steuerlich zur Aktivierungspflicht und handelsrechtliche Passivierungswahlrechte werden

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