BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil. Harm Peter Westermann
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bb) Keine „Schuldnerzugehörigkeit“ des Dritten (Hilfspersonen)
320
Kein Dritter iSd § 267 ist, wer im Namen des Schuldners (also als Vertreter) oder als seine Hilfsperson (Erfüllungsgehilfe iSd § 278) handelt. Vertreter oder Erfüllungsgehilfen gehören bei wertender Betrachtung zum Schuldner; Leistungen solcher Personen können dem Schuldner daher ohnehin zugerechnet werden.
cc) Kein Einwilligungserfordernis des Schuldners
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§ 267 Abs. 1 S. 2 zufolge ist für die Leistungsberechtigung des Dritten keine Einwilligung des Schuldners erforderlich. Der Schuldner kann die Drittleistung also nicht verhindern. Aus der fehlenden Einwilligung allein ergibt sich auch kein Ablehnungsrecht des Gläubigers. Der Gläubiger gerät daher in Annahmeverzug (§§ 293 ff), wenn er das Drittleistungsangebot zurückweist. Das gilt nur dann nicht, wenn ihm ein Ablehnungsrecht zusteht (§ 267 Abs. 2, dazu sogleich).
dd) Ablehnungsrecht des Gläubigers bei Schuldnerwiderspruch (§ 267 Abs. 2)
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§ 267 Abs. 2 gibt dem Gläubiger ein Ablehnungsrecht, wenn der Schuldner der Drittleistung widerspricht. Verpflichtet ist der Gläubiger zur Ablehnung aber nicht (nach dem Wortlaut der Norm kann der Gläubiger die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht), er kann die Drittleistung vielmehr trotz des Widerspruchs auch annehmen. Nur im Zusammenspiel mit dem Gläubiger kann der Schuldner die Drittleistung also verhindern – ohne Mithilfe des Gläubigers dagegen nicht. Das Gesetz mutet dem Schuldner also zu, die „Einmischung“ des Dritten in eigene Angelegenheiten hinzunehmen, wenn sie dem Gläubiger recht ist. Wenn ein Ablehnungsrecht nach § 267 Abs. 2 vorliegt, gerät der Gläubiger durch die Ablehnung der Leistung nicht in Annahmeverzug gem. §§ 293 ff.
ee) Effektive Leistungsbewirkung (keine Erfüllungssurrogate)
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§ 267 gibt dem Dritten nur ein Recht zur effektiven Leistungsbewirkung durch Erfüllung (§ 362). Dagegen ist er nicht zur Vornahme von Erfüllungssurrogaten (wie der Aufrechnung oder der Hinterlegung) berechtigt. Das ergibt sich im Umkehrschluss aus § 268 Abs. 2: Danach steht dem Dritten zu, den Gläubiger auch durch Hinterlegung und Aufrechnung zu befriedigen, wenn ihm ein Ablösungsrecht iSd § 268 zusteht.[31] Daraus folgt im Umkehrschluss, dass ohne ein solches Ablösungsrecht keine entsprechende Berechtigung des Dritten besteht.
3. Rechtsfolgen der Drittleistung
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Wenn der gem. § 267 leistungsberechtigte Dritte mit Tilgungswillen geleistet hat, erlischt insoweit die Schuld. Die weiteren Konsequenzen sind nicht in § 267 geregelt. Denkbar ist, dass der Dritte im Innenverhältnis vom Schuldner Aufwendungsersatz (beispielsweise nach dem Auftragsrecht oder den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag) verlangen kann.
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Wenn jemand auf eine nur vermeintlich bestehende Schuld geleistet hat (Putativschuldner) greift § 267 nicht ein (s. schon oben). Daher wird die tatsächlich bestehende Schuld des Schuldners durch die Zahlung des Putativschuldners grundsätzlich nicht getilgt. Dem Putativschuldner stehen dann auch keine Bereicherungsansprüche gegen den Schuldner zu, sondern nur gegen den Gläubiger.[32] In manchen Fällen ist damit den Interessen des Putativschuldners nicht optimal gedient, etwa wenn der Gläubiger zahlungsunfähig ist, nicht aber der Schuldner. Der BGH kommt diesen Interessen des Putativschuldners entgegen: Er hält es für möglich, dass der Putativschuldner in den Grenzen von Treu und Glauben eine nachträgliche Tilgungsbestimmung trifft und damit die Tilgungswirkung des § 267 nachträglich herbeiführt.[33] So wird dem Putativschuldner der Regress beim Schuldner aus ungerechtfertigter Bereicherung ermöglicht.[34] Das ist in der Lehre allerdings auf teils heftige Kritik gestoßen:[35] Es sei unbillig, dass der Putativschuldner sich aussuchen kann, ob er lieber den Schuldner in Anspruch nimmt (durch nachträgliche Tilgungsbestimmung) oder aber den Gläubiger (keine nachträgliche Tilgungsbestimmung).
Im Fall 28 hat D an G geleistet, da er irrtümlich davon ausging, zum Schadensersatz verpflichtet zu sein. Eine Tilgungsbestimmung, auf die Schuld der tatsächlich schadenersatzpflichtigen S zu leisten, lag nicht vor. Die rechtsgrundlose Leistung kann D gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. von G kondizieren. Nach der Rechtsprechung kann D jedoch auch durch eine nachträgliche Tilgungsbestimmung die Rechtsfolgen des § 267 auslösen. Damit kommt seiner Leistung an G Erfüllungswirkung zu. Er kann dann S aus Bereicherungsrecht in Anspruch nehmen (§ 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt.; sog. Rückgriffskondiktion).
4. Ablösungsrecht des Dritten (§ 268)
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Wenn einem Dritten durch die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner besondere Gefahren drohen, kann er besonders daran interessiert sein, den Gläubiger zu befriedigen – eben um diese Gefahren für seine Interessen abzuwenden. Dieses Interesse ist in § 268 dadurch berücksichtigt, dass sein Leistungsrecht gegenüber der allgemeinen Regel des § 267 gestärkt wird. Das in § 268 vorgesehene Ablösungsrecht des Dritten besteht ohne Widerspruchsmöglichkeit des Schuldners (§ 267 Abs. 2) und verschafft dem Dritten auch die Inhaberschaft an der Forderung (gesetzlicher Forderungsübergang).
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§ 268 setzt voraus, dass die Zwangsvollstreckung in einem dem Schuldner gehörenden Gegenstand betrieben wird. Für dingliche Sicherungsrechte sieht das Gesetz ähnliche Ablösungsrechte vor (für die Hypothek: §§ 1142 f, 1150; für das Pfandrecht §§ 1249, 1273). Deshalb ist § 268 nach hM darauf beschränkt, dass die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung betrieben wird (also gem. §§ 803 ff ZPO).[36] Die Zwangsvollstreckung wird betrieben, wenn ein Vollstreckungsantrag des Gläubigers gestellt wurde; das Ablösungsrecht endet mit Abschluss der Vollstreckung. Dem Dritten muss durch die Vollstreckung der Verlust eines dinglichen Rechts (beispielsweise eines Pfandrechts oder einer Hypothek) an dem Gegenstand oder des Besitzes an dem Gegenstand (§ 268 Abs. 1 S. 2) drohen. Hauptanwendungsfall des § 268 Abs. 1 S. 2 ist der Besitz des Mieters: Stellen Sie sich vor, dass die an Sie vermietete Wohnung zwangsversteigert wird. In diesem Fall hat der Erwerber ein Kündigungsrecht gem. § 57a ZVG – er könnte Sie also „vor die Tür setzen“. Um das zu verhindern, gewährt das Gesetz dem Mieter ein Ablösungsrecht: Sie könnten also die Schulden Ihres Vermieters bezahlen, um den Besitzverlust zu verhindern.
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Unmittelbare Rechtsfolge des § 268 ist gem. § 268 Abs. 1 S. 1 das Ablösungsrecht des Dritten, das ihm ein Befriedigungsrecht gibt, bei dem der Widerspruch des Schuldners keine Konsequenzen hat. § 267 Abs. 2 ist dadurch ausgeschaltet. Die Rechtsposition des Dritten ist ferner dadurch gestärkt, dass er anders als bei § 267 die Befriedigung auch durch