DS-GVO/BDSG. David Klein
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Im Hinblick auf eine Zulässigkeit der Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f ist eine Abwägung der Interessen der Erblasser mit den Interessen der Kommunikationspartner im konkreten Einzelfall erforderlich.[79] Dabei ist im Hinblick auf minderjährige Nutzer auch Art. 8 zu beachten. Aus dem Urteil des BGH lässt sich jedenfalls keine allgemeine Aussage dahingehend entnehmen, dass Erben stets ein berechtigtes Interesse am Zugang zum Nutzerkonto des Erblassers haben.[80] Eine im Hinblick auf den Einzelfall bezogene Interessenabwägung bleibt stets erforderlich. Hierbei ist auch zu prüfen, ob die Interessenlage es rechtfertigt, dass die Erben Zugang zu allen auf dem Nutzerkonto gespeicherten Kommunikationsdaten erhalten oder ob es im Sinne der Datensparsamkeit auch ausreicht, den Zugang auf einzelne Kommunikationsinhalte zu beschränken.
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In praktischer Hinsicht ist es ratsam, dass Nutzer bereits zu Lebzeiten Dispositionen hinsichtlich der Zugriffsrechte und Verfügbarkeit von Inhalten treffen.[81] Es dürfte daher zweckmäßig sein, Nutzern eine Entscheidung über den Datenumgang im Todesfall abzuverlangen.[82]
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Rechtssicherheit kann letztlich nur der Gesetzgeber schaffen, indem er entsprechend ErwG 27 eine Regelung trifft, die den Zugriff von Erben auf die Inhalte und Kommunikationsdaten, die auf dem Nutzerkonto des Erblassers gespeichert sind, festlegt und dabei die Vertraulichkeitsinteressen der von der Datenverarbeitung betroffenen Kommunikationspartner mit den Interessen der Erben entsprechend den Vorgaben der DS-GVO in Einklang bringt.[83]
d) Ungeborenes Leben (nasciturus)
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Die Frage, ob auch das ungeborene Leben bzw. auch Daten, die sich auf ein noch ungeborenes Kind beziehen, einen Personenbezug im Sinne der DS-GVO aufweisen, wird durch die Verordnung selbst nicht unmittelbar beantwortet. Die Art.-29-Datenschutzgruppe lässt diese Frage offen.[84] Da aber im Fokus der DS-GVO insbesondere die Betroffenenrechte stehen, deren Ausübung nur durch einen bereits lebenden im Sinne von geborenen Menschen erfolgen kann, liegt – unabhängig von der Frage der fehlenden Rechtssubjektivität – die Annahme nahe, dass Daten ungeborener Kinder noch keinen Personenbezug aufweisen.[85]
a) Information
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Ausweislich des Normtextes des Art. 4 Nr. 1 umfasst der Begriff der personenbezogenen Daten auf den ersten Blick „alle Informationen“. Voraussetzung ist dabei, dass diese Informationen Personenbezug aufweisen. Insoweit ist der Begriff grundsätzlich weit zu verstehen und erfasst sowohl persönliche Informationen wie etwa den Namen oder die Anschrift, als auch äußere Merkmale wie Geschlecht, Größe oder Gewicht. Darüber hinaus zählen hierzu auch weitere Informationen wie etwa Meinungen, Vermögensverhältnisse oder bestehende vertragliche Beziehungen.[86]
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Unerheblich ist demgegenüber in welcher Form die Informationen verkörpert oder ausgestaltet sind. Sie können in jedem Format oder auf jedem Datenträger verkörpert und auf beliebigen Datenträgern gespeichert und abrufbar sein.[87]
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Unklar ist, ob die Information eine persönlichkeitsrechtliche Implikation aufweisen muss, also ob der Datenschutz ausschließlich an das personenbezogene Datum anknüpft oder auch andere Schutzgüter wie das Persönlichkeitsrecht maßgeblich sind. In diesem Zusammenhang betonen manche[88], dass eine Entpersonalisierung des Datenschutzes drohe, wenn dieser ausschließlich an das Datum als solches anknüpfe, während andere[89] mit Blick auf die Rechtsprechung des BVerfG[90] davon ausgehen, dass es im Rahmen einer automatisierten Datenverarbeitung grundsätzlich kein „unerhebliches“, weil nicht personenbezogenes Datum geben könne.
b) Personenbezug der Information
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Der Wortlaut des Art. 4 Nr. 1 besagt, dass sich die Information auf eine natürliche Person beziehen muss. Der Personenbezug macht die Person somit zur „betroffenen“ Person und eröffnet ihr die Betroffenenrechte der DS-GVO. Aus dem Wortlaut der Verordnung ergibt sich darüber hinaus zum einen, dass der Personenbezug ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal darstellt, dass unabhängig von einer Identifizierung bzw. Identifizierbarkeit zu prüfen ist, sowie, dass ein nicht-personenbezogenes Datum nicht dem Anwendungsbereich der DS-GVO unterfällt.[91]
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Keinen Personenbezug weisen demzufolge Sachdaten auf, wie z.B. die Aussage „Der Kölner Dom ist rund 157 Meter hoch“. Andererseits ist stets zu beachten, dass auch bei Sachdaten ein Personenbezug angelegt sein kann. Dies ist bspw. bei Anruflisten der Fall, weil diese Daten (Telefonnummer, Anrufzeit) Informationen über die beteiligten Personen, wie etwa deren Privatleben, soziale Beziehungen oder unter Umständen sogar den Wohnort, enthalten.[92] Grundsätzlich muss die Abgrenzung zwischen einem Sachdatum und einem personenbezogenen Datum einem kontextbezogenen Ansatz folgen: So hat die Art.-29-Datenschutzgruppe festgestellt, dass ein personenbezogenes Datum dann vorliegen kann, wenn in dem Datum ein „Inhaltselement“ („dann vorhanden, wenn (…) Informationen über eine bestimmte Person gegeben werden, und zwar unabhängig vom Zweck aufseiten des für die Verarbeitung Verantwortlichen oder eines Dritten oder von den Auswirkungen dieser Information auf die betroffene Person“), ein „Zweckelement“ („gegeben, wenn die Daten unter Berücksichtigung aller Begleitumstände mit dem Zweck verwendet werden bzw. verwendet werden könnten, eine Person zu beurteilen, in einer bestimmten Weise zu behandeln oder ihre Stellung oder ihr Verhalten zu beeinflussen“) oder ein „Ergebniselement“ (dann gegeben, wenn „ihre Verwendung unter Berücksichtigung aller jeweiligen Begleitumstände auf die Rechte und Interessen einer bestimmten Person auswirken könnte“) vorhanden ist.[93] Grenzfälle ergeben sich in datenschutzrechtlicher Hinsicht insbesondere bei Wearables, wo tragbare und an das Internet angeschlossene Computersysteme Daten, wie Laufwege einer Person, generieren.[94] Insofern ist stets sorgsam zu prüfen, ob einem Datum ein Personenbezug innewohnt. Faktisch wird es im Ergebnis nur wenige Daten geben, die sich einer Auswertung mit Blick auf den Personenbezug entziehen. Auch der durch einen Regensensor ohne menschliches Zutun in Gang gesetzte Scheibenwischer eines Fahrzeugs lässt Rückschlüsse über die vom Fahrer bestimmte Fahrstrecke zu, die durch den Regen geführt hat. Im Zeitalter des Internet of Things und Internet of Services werden darüber hinaus vermehrt Datenzugangsdebatten jenseits des Personenbezugs geführt.[95] Hierbei geht es insbesondere um die Frage, wie eine datenwirtschaftliche Wertschöpfung von nicht-personenbezogenen Daten (etwa Maschinendaten) im Rahmen digitaler Geschäftsmodelle gefördert werden kann, um auch die Potenziale nicht-personenbezogener Daten für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft nutzbar zu machen. Konkrete