Wörterbuch zur Sicherheitspolitik. Ernst-Christoph Meier

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Wörterbuch zur Sicherheitspolitik - Ernst-Christoph Meier

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tätig, z. B. die Arbeitsgruppe Militärische Zusammenarbeit unter Co-Präsidentschaft der Stellvertretenden Generalstabschefs DEU und FRA sowie eine Reihe von Unterarbeitsgruppen. Ohne Auswirkung auf den Rat wurde in den letzten Jahren die institutionelle Struktur durch Anpassungen in den Arbeitsabläufen weiterentwickelt.

      Hauptsächliche Handlungsfelder sind:

      •Ausarbeitung gemeinsamer Konzeptionen

      •Abstimmung in europäischen Sicherheitsfragen, Rüstungskontrolle und Abrüstung

      •Beschlussfassung hinsichtlich gemeinsam aufgestellter Truppenteile, gemeinsamer Übungen, Ausbildungs- und Unterstützungsmaßnahmen

      •Verbesserung der Interoperabilität

      •Vertiefung der Rüstungszusammenarbeit.

      1996 wurde ein gemeinsames Deutsch-Französisches Sicherheits- und Verteidigungskonzept verabschiedet. Auf der Grundlage gemeinsamer Zielsetzungen und einer gemeinsamen Analyse der sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen wurden Ansätze für Strategie und Aufgaben von Streitkräften sowie Leitlinien für die militärische Zusammenarbeit entwickelt. Auch dieses Konzept ist im internationalen Bereich einzigartig. Es wurde allerdings seither nur begrenzt weiterentwickelt. Seine Erkenntnisse flossen ein in die 2003 verabschiedete und mittlerweile durch die EUGS ersetzte Europäische Sicherheitsstrategie.

      Ein Höhepunkt in den deutsch-französischen Beziehungen war zweifellos das politisch sichtbare Begehen der Jubiläen 40 Jahre Elysée-Vertrag und 15 Jahre DFVSR in Paris, Versailles und Berlin im Januar 2003. Hier wurden entscheidende Anstöße zur Weiterentwicklung der bilateralen Zusammenarbeit, aber insbesondere der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gegeben.

      Mit dem im Januar 2019 abgeschlossenen Vertrag von Aachen wurde eine weitere Blütezeit der deutsch-französischen Beziehungen eingeleitet, die erneut die Einzigartigkeit der deutsch-französischen Beziehungen herausstellt. Mit diesem Vertrag werden die bilateralen Beziehungen auf eine neue Stufe gehoben und an die aktuellen Entwicklungen angepasst, u. a. mit Blick auf die gemeinsamen Bestrebungen zur Intensivierung der Weiterentwicklungen der EU. In Artikel 4 erklären Deutschland und Frankreich, dass ihre Sicherheitsinteressen untrennbar miteinander verbunden sind sowie dass sie einander im Fall eines bewaffneten Angriffs auf ihre Hoheitsgebiete jede in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung leisten, dies schließt militärische Mittel ein. Zudem verpflichten sie sich, ihre Zusammenarbeit der Streitkräfte zu intensivieren sowie den Deutsch-Französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat als politisches Steuerungsorgan für die beiderseitigen Verpflichtungen auszurichten.

      Die europäische Perspektive

      Eine Reihe der GSVP-Entwicklungen beruht auf deutsch-französischen Initiativen bzw. auf Initiativen, an denen Frankreich und Deutschland maßgeblich beteiligt waren. Die Europäische Verteidigungsagentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung basiert auf einer solchen bilateralen Initiative. Der gemeinsame Gedanke wurde erstmals im November 2002 geäußert und fand sich dann wieder in der Erklärung zum Jubiläumsgipfel im Februar 2003. Das Konzept der EU Battlegroups basiert auf einer französisch-britisch-deutschen Initiative aus 2003. Auch die Kernaussagen der gemeinsamen deutsch-französischen Erklärung der Verteidigungsminister vom 10. Dezember 2010 verweisen auf die europapolitische Zielsetzung der bilateralen Zusammenarbeit und die angestrebte Rolle als Impulsgeber der europäischen Integration. Um die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Europas zu stärken, lancierten die Minister eine Reihe von Initiativen, welche die Kooperation und Interoperabilität der deutschen und französischen Streitkräfte ausbauen sollen und sich auch auf den Bereich der Bündelung von militärischen Fähigkeiten und die Aufgabenteilung erstrecken:

      •Untersuchung gemeinsamer Ausbildungseinrichtungen;

      •Standardisierung von Einsatzgrundsätzen und Einsatzverfahren;

      •engere industrielle Zusammenarbeit und gemeinsame Beschaffung;

      •Prüfung der Möglichkeit gemeinsamer Ausrüstung in den Bereichen Schutz der Truppe, Sanitätsdienst, Großraumtransport und gepanzerte Fahrzeuge;

      •Austausch der Einsatzerfahrungen mit unbemannten Flugsystemen für mittlere Flughöhen in Afghanistan;

      •Prüfung der Bündelung und gemeinsamen Nutzung, einschließlich wechselseitiger Abhängigkeiten, von Fähigkeiten wie Such- und Rettungsdienst im Rahmen von Kampfeinsätzen (CSAR) und Hubschraubern;

      •Koordination der Erarbeitung der deutschen und französischen sicherheitspolitischen Weißbücher der kommenden Jahre.

      Trotz der engen institutionellen Verknüpfung, der hohen Dichte an Kooperationszusammenhängen und der erfolgreichen Wiedereingliederung Frankreichs in die integrierten militärischen Strukturen der NATO im Jahr 2009 fällt es der ~ allerdings augenscheinlich schwerer, gemeinsame Prioritäten zu generieren. Der britisch-französische verteidigungspolitische Kooperationsvertrag vom November 2010 als auch die deutsch-französischen Differenzen bezüglich des NATO-geführten Libyen-Einsatzes 2011 können als Abkehr von traditionellen Mustern gewertet werden. Teilweise liegt diese in Richtungsänderungen der französischen Sicherheitspolitik unter Präsident Sarkozy begründet, der eine pragmatisch-flexible Vorgehensweise auf Ad-hoc-Basis stärkte und den zuvor starken Fokus auf die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU relativierte. Die Interessenkonvergenz in den sicherheitspolitischen Grundlinien scheint zwischen Frankreich und Deutschland abgenommen zu haben. Um diesen Tendenzen entgegenzutreten und eine Belebung der ~ zu erreichen, initiierte der Bundesminister der Verteidigung, Thomas de Maizière, im Juli 2011 einen deutsch-französischen strategischen Dialog.

      In Bezug auf die PESCO bestehen trotz des generellen Erfolgskurses dieser Initiative noch einige bemerkenswerte Diskrepanzen in den jeweiligen deutschen und französischen Erwartungshaltungen. Deutschland versteht PESCO als ein außenpolitisches Mittel zur Vertiefung der europäischen Integration. Da in vielen anderen Politikfeldern Uneinigkeit zwischen den Mitgliedstaaten dominiert, sollte PESCO als Zeichen des Zusammenhalts und der Handlungsfähigkeit möglichst viele EU-Staaten einschließen. Für Frankreich stand dagegen die eher militärisch-verteidigungspolitisch begründete Idee der Kooperation einer kleinen Anzahl einsatzfähiger und -williger Staaten im Vordergrund, die im Falle einer Krise in Europas Umgebung schnell gemeinsam eingreifen können.

      In seiner Sorbonne-Rede im September 2017 lobte der französische Präsident Macron zwar den Fortschritt der europäischen Verteidigungsunion durch PESCO und den Europäischen Verteidigungsfonds. Gleichzeitig betonte er aber die Notwendigkeit weiterer Anstrengungen, um als Europäer eine eigenständige operative Handlungsfähigkeit zu entwickeln, komplementär zur NATO. Als größtes Hindernis für eine ambitionierte europäische Verteidigungsunion identifizierte er das Fehlen einer gemeinsamen strategischen Kultur, was die Europäer daran hindert, gemeinsam zu handeln und schnell auf Krisen reagieren zu können.

      Mit der Gründung einer Europäischen Interventionsinitiative (EI2) sollte diese Lücke gefüllt werden. EI2 sollte daher ein weiteres Instrument im europäischen Werkzeugkasten erschaffen werden. Ein Instrument, das den Mitgliedstaaten erlauben sollte, schneller, entschiedener und unbürokratischer eingreifen zu können.

      Die Gründung von EI2 wurde in Deutschland allerdings zunächst skeptisch betrachtet. Ein wesentlicher Grund dafür war die Tatsache, dass EI2 außerhalb der EU-Strukturen erschaffen worden ist und somit komplementär zu PESCO und der GSVP ist. Letzten Endes stimmte Deutschland der Schaffung von EI2 zu und unterschrieb im Juni 2018 gemeinsam mit neun weiteren Staaten (Frankreich, Großbritannien, Belgien, Spanien, Portugal, Dänemark, Niederlande, Estland und Luxemburg) den Vertrag zur Gründung

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