Christlich-soziale Signaturen. Группа авторов

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und Förderung von Gerechtigkeit – ein Schlüsselbegriff im Alten wie im Neuen Testament. Auch Jesus von Nazareth fordert dazu auf, zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit zu suchen (Mt 6,33).

      Einen wertvollen Beitrag für die Demokratie bildet dabei das besondere Gepräge des biblischen Gerechtigkeitsverständnisses. Zum einen ist die Gerechtigkeit in beiden Testamenten untrennbar mit der Barmherzigkeit (Liebe, Zuwendung) verbunden. Die beiden sind keine Antagonistinnen, sondern erschließen und benötigen einander. Ist die Gerechtigkeit die Form der Barmherzigkeit, so ist die Barmherzigkeit der Gerechtigkeit Inhalt und Sinn. Das Gegenteil beider sind die Ignoranz und die Herzenshärte. Zum anderen ist die biblische Gerechtigkeit niemals blind, sondern hat einen besonderen Blick für die Marginalisierten und Schwächsten, die Rechtlosen und Benachteiligten einer Gesellschaft. Deren Bevorzugung führt nicht eo ipso zum Kampf gegen Mächtige und Reiche, nimmt diese aber in die Pflicht, für gerechte Verhältnisse in einer Gesellschaft auch für diese Gruppen zu sorgen.

      Diese Art der Gerechtigkeit ist für demokratische Gesellschaften eine große Herausforderung, da sie deren Qualität daran festmacht, ob und wie die Würde der Schwächsten gewahrt wird. Eine Gesellschaft, die sich nicht aktiv für die Rechte der Armen, die Würde der Rechtlosen und Teilhabe und Integration der Diskriminierten engagiert, mag leistungs- und verdienstgerecht sein; gerecht im Sinne christlicher Werte ist sie nicht. Denn im Zentrum biblischer Gerechtigkeit stehen Förderung von Gleichheit, Solidarität mit den Schwächsten und Ausgleich zwischen Reich und Arm.

      Diese wenigen Pinselstriche mögen dazu anregen, die biblische Tradition (wieder) als Quelle christlicher Werte und deren Beiträge zur Demokratie zu entdecken. Man kann ihre konkreten Gesetze selbstverständlich nicht unmittelbar auf die Gegenwart übertragen. Das wäre fundamentalistisch und würde außerdem den zeitgenössischen demokratiepolitischen Fragen in ihrer historischen Neuartigkeit nicht entsprechen. Aber die grundlegenden Normen dieser alten Texte sind es wert, in die aktuellen Diskurse um christliche Werte eingebracht zu werden. Sie verleihen diesen Form und vor allem Inhalt.

       Literatur

      Abulafia, David: Das Mittelmeer. Eine Biographie,

       Frankfurt am Main 2013.

      Arendt, Hannah: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft.

       Antisemitismus. Imperialismus. Totale Herrschaft, München 1986.

      Assmann, Jan: Exodus. Die Revolution der Alten Welt München 2015.

      Assmann, Jan: Herrschaft und Heil. Politische Theologie zwischen

       Ägypten und Israel, München 2006.

      Auer, Alfons: Autonome Moral und christlicher Glaube.

       Düsseldorf 1971.

      Borgolte, Michael: Christen, Juden, Muselmanen. Die Erben der Antike und der Aufstieg des Abendlandes 300 bis 1400 n. Chr., München 2013.

      Csáky, Moritz / Feichtinger, Johannes (Hg.): Europa – geeint durch Werte? Die europäische Wertedebatte auf dem Prüfstand der Geschichte, Bielefeld 2017.

      Ebach, Jürgen: „Globalisierung“– Rettung der Vielfalt. Die Erzählung vom „Turmbau zu Babel“ im aktuellen Kontext, in: Schröter, Hartmut (Hg.): Weltentfremdung, Weltoffenheit, Alternativen der Moderne: Perspektiven aus Wissenschaft – Religion – Kunst, Münster 2008, S. 39–58.

      Freise, Josef / Khorchide, Mouhanand (Hg.): Wertedialog der Religionen, Freiburg im Breisgau 2014.

      Friesl, Christian et al. (Hg.): Quo vadis, Österreich? Wertewandel zwischen 1990 und 2018, Wien 2019.

      Halman, Loek / Arts, Will: Value Research and Transformation in Europe, in: Regina Polak (Hg.): Zukunft. Werte. Europa, Wien u. a. 2011, S. 79–99.

      Joas, Hans / Wiegandt, Klaus: Die kulturellen Werte Europas. Frankfurt am Main 2005.

      Mandry, Christof: Werte und Religion im Europäischen Wertediskurs, in: Polak , Regina (Hg.): Zukunft. Werte. Europa. Die Europäische Wertestudie 1990–2010: Österreich im Vergleich, Wien u. a. 2011, S. 63–78.

      Mattes, Astrid: Integrating religion: The Roles of Religion in Austrian, German and Swiss Immigrant Integration Policies, Dissertation, Wien 2016.

      Mieth, Dietmar: Kontinuität und Wandel der Wertorientierungen, in: Concilium (Internationale Zeitschrift für Theologie) 23/1987, S. 201–215.

      Nietzsche, Friedrich: Werke. Achte Abteilung, Zweiter Band, Nachgelassene Fragmente Herbst 1887–März 1888. KSA Giorgio Colli / Mazzino Montinari (Hg.), Berlin 1970.

      Pelinka, Anton: Die Unheilige Allianz. Die rechten und die linken Extremisten gegen Europa, Wien u. a. 2015.

      Polak, Regina: Auf Spurensuche: Religion im Kontext von Wertebildung, in: Verwiebe, Roland (Hg.): Werte und Wertebildung aus interdisziplinärer Perspektive, Wiesbaden 2019.

      Rahner, Karl: Über die Einheit von Nächsten- und Gottesliebe, in: Rahner, Karl: Schriften zur Theologie VI, Einsiedeln u. a. 1968.

      Sedmak, Clemens: Europäische Grundwerte. Werte in Europa, in: Sedmak, Clemens: (Hg.): Solidarität. Vom Wert der Gemeinschaft, Darmstadt 2005.

      Theobald, Christoph: Christentum als Stil. Für ein zeitgemäßes Glaubensverständnis in Europa, Freiburg im Breisgau 2018.

      1Ausführlich zum Wertebegriff vgl. Julian Aichholzer / Christian Friesl / Josef Glavanovits / Sanja Hajdinjak / Elisabeth Holzleithner / Sylvia Kritzinger / Konrad Paul Liessmann / Regina Polak / Lena Seewann / Roland Verwiebe / Margarita Wolf: Die Einbettung der Wertedebatte: Ein interdisziplinärer Positionierungsversuch und seine empirischen Folgen, in: Christian Friesl et al. (Hg.): Quo Vadis, Österreich? Wertewandel zwischen 1990 und 2018, Wien 2019, 12–35; Regina Polak: Auf Spurensuche: Religion im Kontext von Wertebildung, in: Roland Verwiebe (Hg.): Werte und Wertebildung aus interdisziplinärer Perspektive, Wiesbaden 2019, S. 137–165.

      2Friedrich Nietzsche: Werke, Achte Abteilung, 2. Band, Nachgelassene Fragmente Herbst 1887–März 1888; KSA Giorgio Colli / Mazzino Montinari (Hg.), Berlin 1970, S. 14.

      3Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Antisemitismus. Imperialismus. Totale Herrschaft, München 1986, S. 319.

      4Zur folgenden Diskussion vgl. Josef Freise / Mouhanand Khorchide (Hg.): Wertedialog der Religionen, Freiburg im Breisgau 2014.

      5So konnte man in der NS-Zeit durchaus „gottgläubig“ sein, solange das Ethos und die Institutionen, die sich mit dem biblischen Glauben an Gott verbinden, die politische Machtausübung nicht störten.

      6Vgl. Jan Assmann: Herrschaft und Heil. Politische Theologie zwischen Ägypten und Israel, München, 2006, 69.

      7Vgl. Karl Rahner: Über die Einheit von Nächsten- und Gottesliebe, in: Ders.: Schriften zur Theologie VI, Einsiedeln u. a. 1968, S. 277–298.

      8Insbesondere in Österreich, wo dieses Zusammenspiel seit Josef II. lange Tradition hat. Religion diente dazu, anständige Bürger zu erziehen.

      9Hans Joas / Klaus Wiegandt: Die kulturellen Werte Europas, Frankfurt am Main 2005, S. 200.

      10Wie dies z. B. in den Werten des Nationalsozialismus und des Kommunismus deutlich wurde.

      11Clemens

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