Zufrieden alt werden. Volker Fintelmann

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Zufrieden alt werden - Volker Fintelmann aethera

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die Empfindungsseele, im 5. dann die Verstandes- oder Gemütsseele und im 6., also vom 35. bis zum 42. Lebensjahr, die Bewusstseinsseele.

       zeitliche Richtung

      Hierfür beschreibt Rudolf Steiner eine Gesetzmäßigkeit und zeitliche Richtung, die überraschen kann. Das gestaltende Individual-Ich wendet sich zeitlich gesprochen zurück und durchläuft das 3. Jahrsiebt vom 21. zum 14. Lebensjahr, um aus dem bereits individualisierten Empfindungsleib die nun auch immer stärker individuelle Empfindungsseele herauszuarbeiten. Gleiches gilt für die Verstandes- oder Gemütsseele vom 14. bis zum 7. Lebensjahr, wo nun der individualisierte Lebensleib die Grundlage bildet für die individuelle Seelengestaltung. Schließlich arbeitet das Ich dann im 6. Lebensjahrsiebt an der Gestaltung der Bewusstseinsseele aus dem Stoff- oder physischen Leib heraus. Um das 42. Lebensjahr steht unser Ich dann erneut an dem Tor der Geburt als Schnittstelle oder auch Anfang der Geistentwicklung, die wir Alter nennen.

       Empfindungsseele

      Die Empfindungsseele ist voller Spontaneität. Ihr eigentliches Element ist die Bewegung. Alle spontanen Bewegungen stammen aus ihr, auch die Einatmung, durch die sie sich dem Empfindungsleib verbindet. Ein weiteres Empfindungsseelenelement ist Dualität, auch das Entweder-Oder. »Himmelhochjauchzend – zu Tode betrübt« nennt es der Volksmund; »Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust«, lässt Goethe es seinen Doktor Faust sagen,21 wobei das Einschiebsel »ach« so charakteristisch für die Empfindungsseele ist. Zu ihr gehört auch das Seufzen. Ihre Dualität spiegelt sich in den großen Empfindungen von Sympathie und Antipathie, die wir auch Nähe und Distanz nennen können, in Lust und Unlust, Freude und Kummer und vielen Empfindungen mehr, bei denen die eine immer ihr Gegenüber hat und sucht.

       Verstandes- oder Gemütsseele

      Die Verstandes- oder Gemütsseele zeigt uns eine Besonderheit. Ist sie eine oder zwei, Verstand oder Gemüt? Gelegentlich ersetzte Steiner das Wörtchen »oder« durch ein »und«. Das kann uns auf die Spur führen: Sie ist das Seelenglied des Sowohl-als-Auch. Sie überwindet das Entweder-Oder der Empfindungsseele und verwandelt es zur Wirklichkeit des Miteinanders der Polaritäten oder Gegensätze, eben: Frau und Mann, Nacht und Tag, Oben und Unten usw.

      Mit einem Blick in unsere Zeit erleben wir das Problem eines wissenschaftlichen Denkens, das sich ganz auf das Entweder-Oder stützt, obwohl die Wirklichkeit ständig das Sowohl-als-Auch erfahren lässt. Es kann nur Tag oder Nacht sein. Oder? Nein, während es bei uns Tag ist, ist es an anderer Stelle auf der Erde Nacht. Das Entweder-Oder existiert nur für den Raum, das Räumliche, für die Zeit gilt das Sowohl-als-Auch. Beides verbindet sich in einer Dimension, die über Raum und Zeit hinausführt, in der Bewusstseinsseele.

      Es ist für das mittlere Seelenglied so wichtig, dass aller Verstand, der auch Träger des Intellekts ist, immer durchdrungen wird von dem Gemüt. Dieses gibt dem Verstand die Wärme, die zum Verstehen wird. Ohne Gemüt wird der Verstand kalt und tendenziell zerstörerisch. Er will dann erobern anstatt zu verstehen. Und auch das Gemüt möchte immer durchdrungen sein vom Verstand, was in dem Gralsgeheimnis bildhaft anschaulich wird, wenn der Mensch durch Mitleid wissend wird.

       Mitgefühl

      Mitleid oder Mitgefühl sind dann gesund oder auch christlich, wenn sie zur Tätigkeit, zum Handeln im Helfer führen. Das ist einzigartig am Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lukas 10,25–37) nacherlebbar. Barmherzigkeit ist ein Ausdruck für das Zusammenwirken von Verstandes- und Gemütsseele, und es ist kein Zufall, dass sie mit dem Herzen verbunden ist.

      Wieder muss ich einfügen, dass eine ausführliche Darstellung, zum Beispiel auch mit Blick des Arztes auf Gesundheit und Krankheit von Seele und Leib, hier unterbleiben muss, weil es um das Alter und die mit ihm verbundene Entwicklung geht. An anderer Stelle kann der Leser mehr darüber finden.22

       Bewusstseinsseele Aufforderung zur Selbsterkenntnis

      Es sei noch kurz auf die Bewusstseinsseele geschaut. Gelegentlich sprach Steiner auch von einer Selbstbewusstseinsseele.23 Und darauf kommt es an. Bewusstsein durchzieht die ganze Seele, auch die beiden anderen Seelenglieder. Doch dieses Bewusstsein ist auf die Welt gerichtet, träumend-empfindend in der Empfindungsseele, klar und sachlich auf die Welt außerhalb des Menschen, die ihn umgibt, in der Verstandesseele. In der Bewusstseinsseele richtet sich das Bewusstsein nun auf das eigene Selbst, in ihm liegt die Frage »Wer bin ich?«, die Aufforderung zur Selbsterkenntnis. Ich habe das immer den Schritt vom Ich zum »Ich-Bin« genannt, die Frage nach der Existenz, die zugleich die Frage nach dem Träger des göttlichen ICH-BIN ist, dem Christus. Die Bewusstseinsseele bereitet ein Bewusstsein vor, das uns direkt wieder in die Geisterfahrung führt, wo Geist und Natur, heute Materie genannt, nicht getrennt sind, sondern gemeinsame Schöpfung. Die Bewusstseinsseele wird aus dem rückwärts gerichteten Durchlaufen des Stoffleibs gebildet, das Ich arbeitet sie im Durch- oder Eindringen in die Stoffeswelt des physischen Leibes heraus. Es erlebt vom Innersten das Wesen und die Schöpferwelt der Stoffe und ihre Schönheit. Sind schon die stofflichen Offenbarungen der Natur oft überwältigend, die großartige Welt der Kristalle, die Metalle, der Zauber von Pflanzenblatt und -blüte, die Tiergestalten und ihre Bewegungen – wie viel faszinierender ist der Menschenstoff unseres Körpers: ein rotes Blutkörperchen, ein Knochenbälkchen, ein Leberläppchen, die Aufzählung könnte schier endlos fortgesetzt werden.

       Materialismus

      Dieses Eindringen und Verweilen in der Stoffeswelt ist der entwicklungsgeschichtliche Ursprung des Materialismus, der als Weltanschauung mit der Bewusstseinsseelenentwicklung zeitlich zusammenfällt. Und hier liegt auch eine starke Gefährdung des Menschwerdens. Es fielen die Worte »überwältigend« und »faszinierend«. Das Ich kann in diesem Erleben stecken bleiben. Dann sieht es die Welt im Sinne des Materialismus. Sein Weg muss jedoch weitergehen, den in dem Stoff schöpferisch gestaltenden Geist zu entdecken, was mit anderen Worten heißt, den Geist als Ursprung alles Stofflichen zu erkennen. Nicht »Ohne Körper gibt es keinen Geist« (siehe Seite 15) muss es heißen, sondern »Ohne Geist gäbe es keinen Körper, keine Materie, nichts Sinnlich-Erscheinendes«.

       Geisterkenntnis bei vollem Wachbewusstsein

      Die Bewusstseinsseele wird das Ich wieder zur Geisterkenntnis leiten, bei vollem Wachbewusstsein, mit kritischem Verstand, aber auch flammendem Gemüt und starken Empfindungen. Denn die Seele ist Eins, alles wirkt in das Andere, tönt mit dem Anderen, bekommt seine Färbung von ihm.

       Die Entwicklung des Geistes (7. bis 9./10. Jahrsiebt)

       Geistesglieder erst als Anlage vorhanden

      Auch das Geistige gliedert sich im Menschen in ein Geistselbst, einen Lebensgeist und einen Geistesmenschen. Diese drei Glieder sind heute nur veranlagt, und der Mensch kann im 7. bis 9. Jahrsiebt an ihnen vergleichsweise so arbeiten, wie ein Gärtner eine Saat gießt und pflegt, lange ehe sie zu keimen beginnt, ehe das Wachstum und die Ausgestaltung der Pflanze erfolgt und sehr lange bevor sie dann reift und Frucht trägt. Doch würde die Saat nicht gepflegt, würde alles Folgende gar nicht geschehen können. So ist es auch mit den Geistanlagen des Menschen, und ihre Pflege erfolgt idealerweise in der Zeit vom 42. bis zum 63. Lebensjahr.

      In dieser Zeit arbeitet das Ich wieder zeitlich rückwärts gerichtet an den Seelengliedern und zugleich an den Leibesgliedern,

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