Zufrieden alt werden. Volker Fintelmann

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Zufrieden alt werden - Volker Fintelmann aethera

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viele Menschen die Arbeit heute ein lästiges Muss ist, ein Job aus der Gesinnung Nordamerikas, aus der Notwendigkeit, Geld zu verdienen. Die Freizeit hat immer mehr Gewicht bekommen. Doch leitet sich der Begriff »Beruf« ja nicht zufällig von »Berufung« oder »berufen sein« ab. Wer berief uns Menschen in diesem Sinne, von wem ertönte dieser Ruf an uns?

       Egoismus und Altruismus

      Diese zweiten 30 Jahre sind auch verbunden mit der Wende von dem das Selbst bildenden Egoismus zu dem nun das andere, die anderen mehr und mehr in den Blick nehmenden Altruismus. Das Christuswort »Liebe deinen Nächsten so wie dich selbst« (Lukas 10,27) setzt ja voraus, sich selbst lieben gelernt zu haben, um auch den anderen schätzen oder gar lieben zu können.

      Wir stoßen auf eine Wortgestaltung, die nachdenkenswert ist: Das lateinische Wort alter bedeutet »der, die, das andere«, deshalb Altruismus als Polarität zum Egoismus. Stammt unser Wort »Alter« von diesem lateinischen Wort ab, weil sich mit dem Alter im Menschwerden die immer größere Zuwendung zu allem anderen verbindet, das uns mit der Welt zusammenbringt? Wird uns nicht immer bewusster, dass wir ohne die anderen Menschen und die ganze Natur gar nicht existieren könnten? Schauen wir nur auf die Luft, die wir atmen, auf alles, was uns ernährt, auf die Menschen, die uns halfen aufzuwachsen, die uns bildeten. Es ist also eine Zeit der Seelenentwicklung, nur jetzt viel mehr mit Blick auf das Außen, die Welt und die Mitmenschen als bei den Jahrsiebten, in denen es um die Gestaltung der eigenen Seele mit Bezug auf sich selbst ging.

       Freiheitserleben

      Und die dritten 30 Jahre, die wieder dem Geist gewidmet sein sollen, führen uns dann vom 60. bis zum 90. Lebensjahr, wo es nach heutiger Denkart viel leichter zu sein scheint, von Alter zu sprechen, als dieses schon mit dem 42. Lebensjahr beginnen zu lassen. Wir werden immer mehr sehen, wie beides Berechtigung hat. Auf jeden Fall kann dieser Zeitraum von noch mehr Freiheitserleben erfüllt sein als der vorangegangene. In ihm wirken so großartige Elemente wie gesättigte Lebenserfahrung und sich damit verbindende Weisheit, die Möglichkeit der Überschau und der Zusammenschau des Ganzen, das die vorher so dominanten Teile in sich birgt.

       Der Mondknoten-Rhythmus

       Möglichkeit, der Lebensintention ansichtig zu werden

      Dieser astrologisch-astronomisch geprägte Rhythmus sei nur erwähnt, ohne ausführlich auf ihn einzugehen. Er hat sicher seine Bedeutung für das Menschenleben und auch Einfluss auf den Lebenslauf, doch nicht in der gleichen Betonung wie die Jahrsiebte und die Jahrzehnte. Von einem Mondknoten wird dann gesprochen, wenn genau die Konstellation von Sonne, Mond und Sternen, die zum Zeitpunkt der Geburt eines Menschen bestand, erneut eintritt. Das geschieht regelmäßig alle 18 Jahre, 7 Monate und 9 Tage. In dem Zeitabschnitt um einen Mondknoten begegnen wir dem Tor unserer Geburt, und damit dem Eintritt in dieses Erdenleben, erneut. Das ist eine Möglichkeit, der Intention, die uns in dieses Leben führte, ansichtig zu werden und an ihr zu ermessen, inwiefern wir ihrer Realisation gefolgt sind oder uns ihr zumindest angenähert haben. Es sind Augenblicke, in denen wir dem uns begleitenden Engel ganz nahe kommen und mit ihm in den gemeinsam entwickelten Lebensplan schauen können.

      Er, unser Engel, ist uns immer ganz nah, doch wir haben ihn aus unserem Bewusstsein verloren, wissen vielleicht gar nichts mehr von ihm, bezweifeln als moderne Verstandesmenschen überhaupt, dass es ihn gibt. Dabei ist er in der heutigen Geistferne der Menschheit eigentlich das Wesen, das die geistige Welt am dichtesten an uns heranträgt. Vor allem in der Nacht versucht er, mit unserem Ich zu kommunizieren, mit uns ins Gespräch zu kommen, uns auf Versäumnisse oder Irrwege hinzuweisen. Am Tag erleben wir etwas davon in dieser besonderen Instanz in unserem Bewusstsein, die wir Gewissen nennen, das eigentlich immer anwesend ist, oft aber nicht gehört wird, ja bei vielen Menschen heute gar nicht mehr gehört wird, bei denen wir eine Gewissenstaubheit erleben können. Ein einziger Blick in das politische Tagesgeschehen zeigt in Überfülle eine Gewissenlosigkeit, die schon erschüttern kann, wenn man den Ursprung des Gewissens in der Sprache unserer Engel erlebt.

       Element der Rückschau

      Die Zeiten der Mondknoten verbinden sich mit dem Element der Rückschau. Im Menschenleben überwiegt heute der Blick nach vorn, ja oft auch das Vorauseilen oder gar -stürmen. Es mangelt an der Fähigkeit innezuhalten, den Blick zu wenden und wahrzunehmen, wie und wo wir zuletzt oder auch schon vor längerer Zeit gegangen sind. In der Mythologie entsprach diese Zweiheit dem Götterpaar Prometheus und Epimetheus.

      Rudolf Steiner hat dieses Problem mit der Empfehlung einer konzentrativen Übung beantwortet: der abendlichen Tagesrückschau.25 Jeden Abend vor dem Schlafen solle man den Tag und seine Erlebnisse, Inhalte und Begegnungen am inneren Auge vorbeiziehen lassen, und zwar rückwärts gerichtet vom Abend bis zum Morgen, zum Aufwachen. Dabei solle man die Position einnehmen, sich selber bei allem zuzusehen, also wie von außen die Tagesabläufe zu bilden. Diese tägliche Übung kann nun auch viel größere Zeiträume umfassen, zum Beispiel einen Jahresrückblick am Ende des Kalenderjahres oder auch des eigenen Lebensjahres. Oder – und dazu eignen sich die Mondknoten in besonderem Maße – einen Lebensrückblick von dem Ort und Zeitpunkt, an dem wir gerade stehen. Wie wichtig dieses Rückschauen für unsere Selbsterkenntnis und Menschwerdung ist, kann auch daraus ermessen werden, dass jeder Mensch in den ersten Tagen nach seinem Tod eine Lebensrückschau erlebt, bei der alle Ereignisse in einem großen Bildpanorama vor unserem geistigen Auge stehen und uns ein Staunen ergreift vor der Fülle des menschlichen Lebens.

       Entscheidungen

      Der 1. Mondknoten um das 18. Lebensjahr herum wird selten so erlebt, dass sich mit ihm schon ein starkes Rückschauen verbindet. Hier treten mehr wie von außen Fragen oder auch Ereignisse an den jungen Menschen heran, die ihn vielleicht überraschen oder Entscheidungen erfordern, zum Beispiel die Berufswahl. Denn natürlich tragen wir auch in uns, haben in den Lebensplan eingeschrieben, in welchem sozialen Umfeld wir unsere Lebensziele verwirklichen wollen. Und da ist der Beruf oder das Arbeitsleben von größter Bedeutung. Wie ratlos erleben wir heute viele der Jugendlichen, wenn es um diese für das Leben so wichtige Frage geht.

       Bilanzieren

      Beim 2. Mondknoten, um das 37. Lebensjahr herum, kann oder sollte das Rückschauen, das auch immer ein Bilanzieren enthält, stärker erlebt und vollzogen werden. Die eigene Seelenentwicklung geht auf ihr Ende zu und es steht der Lebensabschnitt an, den wir mit dem Ergreifen des Altruismus angesprochen haben.

      •Wie weit bin ich mit der Entwicklung gekommen, mich als ein Selbst zu erleben? Als jemand, der aus eigener Urteilsfähigkeit sein Leben führt, der die eigene Entwicklung so weit gebracht hat, dass er seine Eigenverantwortlichkeit nun auf eine Verantwortung für andere, für anderes ausweiten kann?

      •Stehe ich stark zu mir, im Sinne der Christusworte »Liebe deinen Nächsten so wie dich selbst«, habe ich also gelernt, mich ganz zu bejahen, dass ich dies auch jedem anderen Menschen gegenüber tun kann? Oder verweile ich im Egoismus, der nur sich selbst sieht und erlebt und die anderen nur insoweit wahrnimmt, wie sie dem eigenen Ego nützlich sind?

      Dass das heute eine Komponente des sozialen Lebens darstellt, wird auch daran erlebbar, dass immer mehr Menschen ein sogenanntes Single-Dasein führen. Doch auch der Kapitalismus hat hier seine Wurzeln.

       geistiges »Stirb und werde«

      Beim 3. Mondknoten, der zeitlich um das 56. Lebensjahr liegt, erleben wir eine große Nähe zu dem später ausführlich dargestellten Beginn des 9. Jahrsiebts (siehe Seite 67

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