DSA: Die Löwin von Neetha Sammelband. Ina Kramer
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Читать онлайн книгу DSA: Die Löwin von Neetha Sammelband - Ina Kramer страница 13
Zordan Fuxfell bot ein Bild des Jammers, als er schließlich auf zitternden Beinen stand, den Kopf eingezogen, den Rücken gekrümmt und die Hände nach wie vor an den schmerzenden Leib gepreßt. Mit Kusmines Hilfe gelangen ihm ein paar mühsame Schritte. »Kannst du reiten?« fragte sie teilnahmsvoll.
Fuxfell schüttelte den Kopf. »Nicht reiten«, stöhnte er.
»Nun«, meinte sie nachdenklich, »wenn du nicht reiten kannst, dann mußt du gehen – das wird hart, aber wir schaffen es schon.«
Doch Zordan Fuxfell schüttelte wiederum den Kopf. »Nicht gehen«, wimmerte er, »hol einen Wagen.«
»Sei vernünftig, Zordan«, erwiderte die Schwester, »ich kann dich nicht allein hier zurücklassen – sie könnten wiederkommen…«
Sie könnten wiederkommen! Es war wie ein Hieb, ein Schwertstreich, ein Blitzschlag. Eine eiskalte Hand griff nach Kusmines Herzen, das für einen Moment zu schlagen aufhörte. »Meine Tochter!« schrie sie. »Mein Kind!« Mit einem Satz hatte sie sich aufs Pferd geschwungen und sprengte zur Lichtung zurück. Wenn die Banditen ihr Kind geraubt hätten – sie wagte nicht, den Gedanken zu Ende zu führen, sie wußte nur eins: Falls ihrer Tochter ein Haar gekrümmt worden wäre, dann würde sie die Schuldigen verfolgen bis ans Ende der Welt, wenn es sein müßte, und sie würde sie mit allen Martern der Dämonenhöllen strafen: sie bei lebendigem Leibe häuten und rösten und pfählen und vierteilen und …
Kusmine hatte die Lichtung erreicht, und da lag Klein-Thalionmel, friedlich und satt, blinzelte in die Sonne und haschte mit den winzigen Fingern nach einem Schmetterling.
Vom Pferd zu springen, das Kind samt Decke zu ergreifen und wieder aufzusitzen, war eine Sache von Wimpernschlägen.
Als Kusmine, das Kind an die Brust gepreßt, zu ihrem Halbbruder, der stöhnend an einem Baum lehnte, zurückgekehrt war, vernahm sie fernen Hufschlag. Sichernd schaute sie sich um, dann reichte sie Zordan den Säugling, doch dieser machte keine Anstalten, das Kind entgegenzunehmen. »Was ist?« fragte sie schärfer als beabsichtigt, »willst du dich nicht deiner Nichte annehmen, wenn ich in wenigen Augenblicken deinen Bedrängern entgegentrete?«
Aber Fuxfell schien sie nicht zu hören oder zu verstehen. »Hol einen Wagen, hol einen Medicus, laß mich nicht allein«, wimmerte er nur und war sich der Unvereinbarkeit seiner Wünsche offenbar nicht bewußt.
»Bei Rondra, ich fasse es nicht«, zischte Kusmine, und wilder Zorn loderte in ihren Augen auf. »Nun reiß dich zusammen, Memme, dir fehlt doch nichts!«
»Mememem«, wiederholte Thalionmel, und kleine Speicheltröpfchen flogen ihr vom Mund. Der scharfe Ritt im Arm der Mutter hatte ihr gut gefallen und ihr immer wieder kleine jauchzende Wonnelaute entlockt. Nun blickte sie Zordan mit ihren wachen blauen Augen aufmerksam an. »Mememem«, sagte sie.
Wie vom Donner gerührt hielt Kusmine inne. »Du kannst sprechen?!« entfuhr es ihr.
»Mememem, rörörö«, antwortete der Säugling lachend und griff nach dem Haar der Mutter.
Da besann Kusmine sich ihrer Pflichten und legte das widerstrebende Bündel ins Sattelkörbchen. Mit wenigen hastigen Griffen hatte sie die Bänder festgezurrt. »Nun gut, wollen wir schauen, wer uns die Ehre gibt«, flüsterte sie ihrer Tochter zu. Dann zog sie ihr Schwert und erwartete, aufrecht und reglos im Sattel sitzend, die Ankunft der Banditen.
Es waren zwei Reiter und drei Unberittene, wie Kusmine erkannte, als die fünf Gestalten an der fernen Biegung der Straße auftauchten. Aber irgend etwas stimmte nicht mit ihnen: Weder schienen sie es eilig zu haben, noch waren sie im mindesten darauf bedacht, unentdeckt zu bleiben. Ja, es hatte gar den Anschein, als sprächen oder scherzten sie miteinander.
»Durenald!« rief Kusmine. »Durenald!« Sie winkte heftig mit der Linken, dann steckte sie das Schwert in die Scheide zurück und sprengte ihrem Gemahl entgegen.
Auch Durenald hatte sie inzwischen erkannt und beschleunigte seinen Ritt. »Kusmine, liebes Herz, welche Freude, dich zu sehen«, sagte er, als er sie erreicht hatte. »Doch was ist dir?« fügte er besorgt hinzu, als er den merkwürdig fremden Ausdruck ihrer Augen bemerkte, in dem sich Bestürzung, Grimm und Erleichterung mischten. »Und was verbirgt sich in dem seltsamen Körbchen hinter deinem Sattel?«
»Unsere Tochter«, erwiderte Kusmine knapp und atemlos, »das Reiten macht ihr Freude.«
Durenald schob die Decke zur Seite und lächelte warm, als er das zierliche Gesichtchen seines Kindes erblickte, das beim Anblick des Vaters heftig strampelte und mit den Ärmchen fuchtelte. »Meinst du nicht, sie ist noch ein wenig zu jung zum Reiten?« wandte er sich an seine Frau. »Nun, du wirst es am besten beurteilen können«, fügt er nach einer kurzen Pause hinzu. »Doch nun sag mir, was dich bedrückt.« Bevor Kusmine antworten konnte, hatte Durenald den verletzten Fuxfell entdeckt, der noch immer zitternd und stöhnend an dem Baum lehnte, wo die Schwester ihn zurückgelassen hatte. »Um der gütigen Frau Peraine willen, wer ist das? Was ist geschehen?«
Leise und eisern bemüht, das Beben ihrer Stimme zu unterdrücken, berichtete Kusmine, was sich zugetragen hatte. Statt einer Antwort und statt des halb erwarteten Vorwurfs ergriff Durenald ihre Hand und drückte sie heftig. »Mein armes Herz«, flüsterte er, dann wandte er sich an seine Begleiter, einen Jäger und drei Bauern aus dem Dorf. »Der Bruder eurer Herrin ist auf dem Ritt hierher von Wegelagerern überfallen und übel zugerichtet worden. Wie es scheint, ist er zu schwach zum Reiten. Schlagt also ein paar junge Bäume und baut eine Pferdetrage, damit wir ihn sicher und schonend zum Gutshaus bringen können.« Er stieg vom Pferd, eilte zu Fuxfell hinüber und wechselte ein paar leise Worte mit ihm. »Kusmine«, sagte er, »mach dir keine Sorgen. Reite getrost voraus – ich kümmere mich um deinen Bruder. Die Schurken werden nicht zurückkehren, und falls doch …« Er klopfte lächelnd auf das Kurzschwert an seiner Seite und wies auf seine Begleiter, die mit Bögen, Speeren und Dolchen bewaffnet waren und bei den Worten ihres Herrn ernst und beflissen nickten.
»Ich werde einen Wagen schicken, sobald ich Brelak erreicht habe«, sagte Kusmine so laut, daß ihr Bruder sie hören mußte, denn inzwischen überwog das Mitleid ihren Groll, und es tat ihr leid, daß sie so grob mit ihm gesprochen hatte. »Und die Mägde sollen eine Krankenstube herrichten, und ich werde Danja rufen lassen – sie versteht sich auf Wunden und Heilkräuter und dergleichen. Lebt also wohl!« Sie schenkte Durenald ein ernstes, inniges Lächeln und nickte seinen Begleitern zu. »Wir sehen uns später.«
Danja, die Hebamme, Kräuterfrau und Heilerin, verließ soeben die Krankenstube. Auf leisen Sohlen, den Zeigefinger auf die Lippen gelegt, näherte sie sich dem Freiherrn von Brelak, der sie mit sorgenvoller Miene erwartete. »Er schläft«, flüsterte sie, »und das ist jetzt auch das beste für ihn.«
»Aber wie geht es ihm?« wollte Durenald wissen. »Wie schwer sind seine Verletzungen?«
»Oh, Euer Edelgeboren« – Danja strahlte, wie sie es immer tat, wenn die Götter und ihre Kunst ein Unglück verhindert hatten –, »wir müssen der guten Frau Peraine danken. Sie hat wohl Ihre Hand über Euren Herrn Schwager gehalten, damit ihm kein ernster Schaden widerfuhr. Nein, kein Knochen ist gebrochen, und innere Wunden hat er auch nicht davongetragen, und da er ein junger und gesunder Mann ist und ich seine Schrammen und Kratzer gut versorgt und verbunden habe,