Der Defizit-Mythos. Stephanie Kelton

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Der Defizit-Mythos - Stephanie Kelton

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Denkart festzuhalten, bloß weil die Lehrbücher entschieden hatten, dass der Steuerzahler im Zentrum des monetären Universums stand. Also machte ich mich auf die Suche nach Antworten.

      Monatelang untersuchte ich die Staatsfinanzen bis ins letzte Detail. Ich brütete über offiziellen Dokumenten der Federal Reserve und des US-Finanzamts, las unzählige Bücher und Artikel zu geldpolitischen Transaktionen und sprach mit zahlreichen Regierungsexperten. Dann begann ich, zu schreiben. Ich gliederte meine Gedanken um eine einzige Frage herum: Finanzieren Steuern und Staatsanleihen die Staatsausgaben? Alles, was ich bisher gelernt hatte, legte nahe, dass dies ein sinnloses Unterfangen war. Alle „wussten“, dass Steuern und Darlehen zur Finanzierung von Staatsausgaben dienten. Ich dachte an das Zitat von Mark Twain – „Nicht das, was du weißt, bringt dich in Schwierigkeiten, sondern das, was du sicher zu wissen glaubst, obwohl es gar nicht wahr ist“ – und beschloss, unvoreingenommen zu bleiben. Als ich mit dem Schreiben begann, wusste ich ehrlich gesagt nicht, worauf es hinauslaufen würde. Ich war entschlossen, mich von der Forschung leiten zu lassen. 1998 veröffentlichte ich einen frühen Entwurf der Arbeit, und zwei Jahre später wurde eine erweiterte Version zu meiner ersten akademischen Veröffentlichung mit Peer-Review.21 Die Antwort auf die von mit gestellte Frage war nein.

      Das Zusammenspiel ist nicht einfach zu durchschauen. Tatsächlich lassen sich die geldpolitischen Operationen der Regierung unmöglich in diskreter Zeit entschlüsseln. An einem beliebigen Tag sind buchstäblich Millionen von Teilen in Bewegung. Im Lauf des Jahres wickelt die Federal Reserve Zahlungen an das US-Finanzamt in Billionenhöhe ab. Jeden Monat schreiben Millionen Haushalte und Unternehmen Uncle Sam Schecks aus, und diese Zahlungen werden zwischen den Geschäftsbanken und der Federal Reserve verrechnet.22 Das Finanzamt, die Federal Reserve und die Primärhändler sprechen ab, wann Staatsanleihen versteigert, welcher Mix an Laufzeiten angeboten und wie viele Wertpapiere insgesamt bei jeder Auktion angeboten werden sollen. Das Ganze läuft wie ein perfekt choreographiertes Wasserballett ab. Ein Perpetuum mobile, das Steuerzahlungen, Staatsausgaben und Darlehen in perfektem Gleichklang verrechnet.

      Mit bloßem Auge betrachtet kann es so wirken, als würde sich die Regierung von Steuerzahlern und Staatsanleihen-Käufern Dollars holen, weil sie diese Dollars braucht, um ihre Rechnungen zu begleichen. So gesehen besteht der Zweck von Steuern und Staatsanleihen in der Finanzierung von Staatsausgaben. So wollte es uns Thatcher mit dem Blick durch die Haushalts-Brille weismachen. Die MMT betrachtet die Vorgänge durch die Brille des Währungsemittenten. Die Regierung braucht unser Geld nicht. Ebenso wenig wie Steuern dazu da sind, um die Regierung mit ihrer eigenen Währung zu versorgen, dient die Versteigerung von US-Staatsanleihen – also die Aufnahme von Darlehen – nicht dazu, Dollars für Uncle Sam zu beschaffen.

      Warum muss die Regierung dann Darlehen aufnehmen? Die Antwort ist, das muss sie gar nicht. Sie möchte den Menschen eine andere Art von Geld bieten, eine, die ein wenig Zinsen einbringt. Um es anders zu sagen, US-Staatsanleihen sind ganz einfach verzinsliche Dollars. Um solche verzinslichen Dollars von der Regierung zu kaufen, braucht man zuerst die Währung der Regierung. Die ersteren sollen ab jetzt „gelbe Dollars“ und die letzteren „grüne Dollars“ heißen. Wenn die Regierung mehr ausgibt, als sie von uns an Steuern einnimmt, dann sagen wir, dass die Regierung ein Steuerdefizit hat. Dieses Defizit erhöht das Angebot an „grünen Dollars“. Mehr als hundert Jahre lang hat die Regierung US-Staatsanleihen entsprechend der Höhe ihrer Staatsausgaben verkauft. Wenn die Regierung also 5 Billionen US-Dollar ausgibt, aber nur 4 Billionen Dollar an Steuern einnimmt, verkauft sie Staatsanleihen im Wert von 1 Billion Dollar. Was wir staatliche Kreditaufnahme nennen, ist nur Uncle Sam, der es den Menschen gestattet, grüne Dollars in verzinsliche gelbe Dollars zu verwandeln.

      Die MMT zeigt, warum es falsch ist, die staatliche Kreditaufnahme durch die Haushalts-Brille zu betrachten. Wenn Sie und ich ein Darlehen aufnehmen, um ein Heim oder ein Auto zu kaufen, gehen wir nicht in eine Bank, überreichen der Sachbearbeiterin einen Stapel Geld und bitten dann darum, uns dieses Geld für den Kauf eines Hauses oder eines Autos leihen zu dürfen. Der Grund, warum wir uns das Geld leihen, ist, dass wir es nicht haben. Anders als ein Haushalt tätigt die Regierung zuerst Ausgaben und stellt so die Dollars zur Verfügung, die dann für den Kauf von Staatsanleihen verwendet werden können. Wie wir in Kapitel 3 sehen werden, tut sie das, um die Zinsraten zu stützen, und nicht, um Ausgaben zu finanzieren.

      INNERHALB DER GRENZEN BLEIBEN

      Wenn Sie den Unterschied zwischen dem Währungsemittenten und einem Währungsnutzer erst einmal verinnerlicht haben, werden Sie durch eine neue Brille hindurch allmählich erkennen, warum unser politischer Diskurs weitgehend kaputt ist. Von den Zwängen der Goldstandard-Welt befreit, sind die Vereinigten Staaten nun so flexibel, dass sie ihr Budget nicht wie einen Haushalt gestalten müssen, sondern es ganz in den Dienst ihrer Bevölkerung stellen können.

      Um das zu erreichen, müssen wir uns von Thatchers Diktum befreien. Es bedeutet, dass wir uns des Mythos entledigen müssen, demzufolge die Regierung kein eigenes Geld besitzt, dass sie das benötigte Geld letztlich von uns, dem Steuerzahler, bekommen muss. Die MMT zeigt, dass es sich genau andersherum verhält. Rein finanziell gesehen kann es sich unsere Regierung leisten, alles zu kaufen, was in ihrer eigenen Währung erhältlich ist. Ihr kann niemals „das Geld ausgehen“, wie Präsident Obama einst behauptete.

      Heißt das, dass es keine Grenzen gibt? Können wir uns den Wohlstand einfach herbeidrucken? Auf keinen Fall! Die MMT ist kein Gratisbuffet. Es gibt sehr reale Grenzen, und das Nichterkennen – und die Nichtbeachtung – dieser Grenzen kann großen Schaden verursachen. Bei der MMT geht es darum, die realen Grenzen von den selbst auferlegten Zwängen, gegen die wir durchaus etwas tun können, zu unterscheiden.

      Es mag so aussehen, als würde der Kongress bereits uneingeschränkt Geld ausgeben. Die Vereinigten Staaten werden voraussichtlich Defizite in Billionenhöhe haben, und die öffentlichen Schulden haben beste Aussichten, von 16 Billionen US-Dollar im Jahr 2019 auf 28 Billionen US-Dollar im Jahr 2029 zu steigen. In vieler Hinsicht scheint es, als könne den Kongress nichts aufhalten. Technisch jedoch schon.

      Der Kongress hat eine Reihe technischer Verfahren und Haushaltsvereinbarungen verabschiedet, die neue Bundesausgaben verlangsamen oder verhindern sollen. Sehen wir uns ein paar davon an. Als erstes gibt es, wie zuvor angemerkt, PAYGO, eine Vorschrift, die aktuell im Abgeordnetenhaus zum Einsatz kommt. PAYGO ist eine selbst auferlegte Bestimmung, die den Gesetzgebern die Bewilligung neuer Ausgaben erschwert. Angenommen, es sollen mehr Dollars in die Bildung fließen, dann werden für die Finanzierung dieses Ziels nicht nur mehr Stimmen gebraucht, sondern es muss auch der mit dem Gesetz verbundenen Steuererhöhung oder Ausgabenkürzung zugestimmt werden, die „dafür bezahlen“ soll. Unter PAYGO ist die Erhöhung des Defizits keine Option. Die Vorschrift soll den Kongress dazu zwingen, wie ein Haushalt zu budgetieren. Eine weitere selbst auferlegte Beschränkung, die Byrd-Regel, gilt im Senat. Unter der Byrd-Regel können Defizite steigen, dürfen jedoch das zehnjährige Haushaltsfenster nicht übersteigen. Drittens müssen sowohl das Abgeordnetenhaus als auch der Senat bei Behörden wie dem Congressional Budget Office oder dem Joint Committee on Taxation eine Budgetbewertung beantragen, bevor die Gesetzgeber überhaupt zu wichtigeren Gesetzen abstimmen können. Eine schlechte Bewertung durch eine dieser Behörden kann einen Gesetzesentwurf buchstäblich zum Stillstand bringen. Als letztes ist dem Kongress eine Schuldenobergrenze auferlegt, die dem zulässigen Gesamtbetrag der Staatsschulden ein gesetzliches Limit setzt.

      Da all diese Beschränkungen vom Kongress auferlegt wurden, kann er sie auch alle wieder zurücknehmen oder aufheben.23 Anders gesagt, sie sind nur verpflichtend, wenn der Kongress dies möchte. Der Kongress kann die Regeln ändern und tut dies auch oft. Beispielsweise hoben die Republikaner im Abgeordnetenhaus die PAYGO-Regel 2017 flugs auf, um ihre Steuerreform zu verabschieden. Um ihre Version des Gesetzes zu verabschieden, mussten die Republikaner im Senat um die Byrd-Regel herumkommen. Dafür gingen sie von einem äußerst

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