Der Defizit-Mythos. Stephanie Kelton

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Der Defizit-Mythos - Stephanie Kelton

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so wie früher.“

      WOZU DIE MÜHE MIT STEUERN UND DARLEHEN?

      Wenn die Bundesregierung wirklich einfach so viele Dollars herstellen kann, wie sie nur möchte, warum macht sie sich dann überhaupt die Mühe mit Besteuerung und Darlehen? Warum schafft sie Steuern nicht gänzlich ab? Das Volk würde jubeln! Und wozu sich einen Dollar leihen, wenn man es gar nicht nötig hat? Wir könnten die Staatsschuld tilgen, wenn wir keine Darlehen mehr aufnähmen. Warum ersparen wir uns also nicht das ganze (TAB) und geben das Geld nur dazu aus, um unsere Probleme zu lösen? Das sind wichtige Fragen, die oft gestellt werden, wenn jemand erkennt, dass währungsemittierende Regierungen für ihre Ausgaben nicht auf Steuern oder Darlehen angewiesen sind.

      2018 rief ein dreizehnjähriges Mädchen namens Amy aus Bristol in England bei den Moderatoren eines beliebten Podcast namens Planet Money mit folgendem Vorschlag an:

      AMY: Ich hatte da eine Idee: Die drucken doch Geld, und statt es der Bank zu geben und die Inflation in die Höhe zu treiben, könnten sie es doch einfach für die öffentlichen Dienstleistungen benutzen. Und so wäre es viel einfacher. Und es wäre insgesamt echt gut, weil es doch so schwierig ist mit, also, weil doch die Steuern nicht für alle Schulen und Krankenhäuser reichen. Drum hab’ ich gedacht, vielleicht könnte das helfen. Also, danke fürs Zuhören. Okay, danke. Tschüss.

      Kindermund tut Wahrheit kund, heißt es. Amy erkennt Probleme, die gelöst werden müssen. Unterfinanzierte Schulen und ein staatlicher Gesundheitsdienst, der dringend mehr Investitionen braucht. Sie hat auch miterlebt, wie die Bank of England ihre digitale Druckerpresse angekurbelt hat, um aus dem Nichts 435 Mrd. Pfund zu produzieren, als Teil ihres quantitativen Lockerungsprogramms nach der Finanzkrise. Für Amy liegt die Lösung auf der Hand – vergesst die Steuern und lasst die Druckerpresse nur für das Volk laufen!

      Das Interesse der Podcast-Moderatoren war geweckt, und sie kontaktierten mich mit der folgenden Frage: Die Regierung kann Geld schaffen. Wozu sind dann Steuern gut? Warum muss mir die Regierung das Geld mit Steuern wegnehmen?18

      Ich erklärte den Leuten von Planet Money, dass es für die MMT mindestens vier wichtige Gründe für Besteuerung gibt.19 Den ersten haben wir bereits besprochen. Durch Steuern kann sich die Regierung versorgen, ohne explizit Gewalt anwenden zu müssen. Wenn die britische Regierung von ihrer Bevölkerung nicht mehr verlangen würde, ihre steuerlichen Verpflichtungen mit britischen Pfund zu begleichen, dann könnte sie sich ziemlich bald nicht mehr versorgen. Weniger Menschen müssten Pfund verdienen, und für die Regierung würde es immer schwieriger, Lehrer, Krankenschwestern und so weiter zu finden, die bereit wären, im Austausch gegen die Währung zu arbeiten und Dinge zu produzieren.

      Amy spricht den zweiten wichtigen Grund für Steuern an – die Inflation. Wenn die Regierung so handeln würde, wie Amy vorschlägt, und einfach jede Menge neues Geld ausgeben würde, ohne es der Bevölkerung durch Steuern zu nehmen, dann würde sie ein Inflationsproblem verursachen. Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, kommt es nicht auf das eigentliche Drucken von Geld an, sondern auf das Ausgeben von Geld. Wenn die Regierung die Ausgaben für Gesundheit und Bildung erhöhen möchte, muss sie uns anderen möglicherweise etwas Kaufkraft entziehen, damit ihre eigenen großzügigeren Aufwendungen die Preise nicht in die Höhe treiben. Eine Methode hierfür ist, höhere Staatsausgaben mit höheren Steuern zu kombinieren, so dass wir anderen ein wenig zurückstecken müssen und so mehr Raum für zusätzliche Staatsausgaben entsteht.20 Dies kann beim Regulieren von Inflationsdruck helfen, indem man die Belastung der realen Produktionskapazität unserer Wirtschaft ausgleicht. Mehr als jede andere ökonomische Denkschule legt die MMT Wert auf die Entscheidung, wann Steuererhöhungen mit neuen Ausgaben einhergehen sollten, und welche Steuern dem Inflationsdruck am effektivsten entgegenwirken. Steuern unnötig anzuheben kann Steueranreize untergraben, und die Anhebung der falschen Steuern kann eine Nation anfällig für sich beschleunigende Inflation machen. Den Grund dafür erfahren wir im nächsten Kapitel.

      Drittens können Regierungen mittels Steuern wirksam Einfluss auf die Verteilung von Vermögen und Einkommen nehmen. Steuersenkungen, wie sie die Republikaner 2017 verabschiedeten, können durch ihre Struktur die Kluft zwischen Reich und Arm vergrößern, indem sie großen Unternehmen und den Reichsten der Gesellschaft zu unerwarteten Gewinnen verhelfen. Heutzutage herrscht bei der Vermögens- und Einkommensverteilung mehr Ungleichheit als je zuvor in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Etwa die Hälfte des gesamten neuen Einkommens geht an das oberste 1 Prozent, und lediglich drei Familien besitzen gemeinsam mehr Vermögen als die untere Hälfte Amerikas. Eine so extreme Ballung von Vermögen und Einkommen schafft sowohl soziale als auch ökonomische Probleme. Zunächst einmal fällt es schwer, die Wirtschaft stark zu halten, wenn das meiste Einkommen an die dünnste, oberste Schicht der Bevölkerung geht, die einen Großteil ihres Einkommens spart (anstatt es auszugeben). Der Kapitalismus ist auf Verkäufe angewiesen. Man braucht eine sinnvolle Verteilung des Einkommens, damit Firmen genügend Kunden bekommen und gewinnbringend genug sind, um ausreichend Arbeitsplätze zu bieten, damit die Wirtschaft gut läuft. Extreme Ansammlungen von Vermögen haben zudem eine Korrosionswirkung auf unseren politischen Prozess und unsere Demokratie. Genauso, wie durch Steuersenkungen Ungleichheiten verstärkt werden können, so können Regierungen ihre Befugnis zur Besteuerung einsetzen, um diese gefährlichen Tendenzen umzukehren. Verstärkte Durchsetzung, das Schließen von Gesetzeslücken, höhere Steuersätze und die Einführung neuer Besteuerungsarten sind alles wichtige Hebel, mit denen die Regierung eine nachhaltigere Einkommens- und Vermögensverteilung erreichen kann. Daher sieht die MMT in Steuern ein wichtiges Mittel zur Behebung jahrzehntelanger Stagnation und zunehmender Ungleichheit.

      Schließlich können Regierungen Steuern nutzen, um ein bestimmtes Verhalten zu fördern oder zu unterbinden. Um die öffentliche Gesundheit zu verbessern, den Klimawandel zu bekämpfen oder riskante Spekulationen auf den Finanzmärkten zu verhindern, können Regierungen eine Zigarettensteuer, eine Kohlesteuer oder eine Transaktionssteuer erheben. Ökonomen bezeichnen sie oft als Sündensteuern, weil sie die Menschen von schädlichen Aktivitäten abhalten sollen. Die MMT erkennt, dass jede Sündensteuer dazu dient, unerwünschtes Verhalten – das Rauchen, Luftverschmutzung oder übermäßige Spekulationen – zu unterbinden, und nicht etwa, um dem souveränen Währungsemittenten Geld zu beschaffen. Je effektiver die Steuer dem Verhalten entgegenwirkt, desto weniger nimmt die Regierung tatsächlich ein, da die Steuer nur solange gezahlt wird, wie das Verhalten andauert. Wenn eine Kohlesteuer erfolgreich alle CO2-Emissionen ausgemerzt hat, wird sie keinen Ertrag liefern, doch sie wird ihren wahren Zweck erfüllt haben. Umgekehrt können Steuern dazu dienen, Verhaltensweisen zu fördern. Beispielsweise kann die Regierung Steuernachlässe bieten, um die Menschen zum Kauf energieeffizienter Haushaltsgeräte oder elektrischer Fahrzeuge anzuregen.

      Aus all diesen Gründen sind Steuern ein unverzichtbares politisches Werkzeug, das man nicht einfach weglassen kann, nur weil die Regierung ihre Währung selbst herstellen kann. Amy war jedoch eindeutig auf einer heißen Spur. Die meisten Regierungen, darunter auch ihre, geben routinemäßig mehr aus, als sie an Steuern einnehmen. Und das tun sie Jahr um Jahr, ohne dass ein Inflationsproblem entsteht. Tatsächlich versuchen viele der größten Wirtschaften der Welt aktiv, ihre Inflationsraten in die Höhe zu treiben. Warum geben sie dann nicht einfach mehr Geld aus, ohne sich die Mühe zu machen, die Steuern zu erhöhen? Und welchen Sinn hat es, Darlehen in der eigenen Währung aufzunehmen, wenn man die doch selbst herstellen kann? Diesen Fragen widmen wir uns weiter unten.

      DIE ROLLE VON DARLEHEN IN DER MMT

      Bevor ich mein eigenes Denken vom Haushaltsmodell (TAB)S auf das Währungsemittenten-Modell S(TAB) umgestellt hatte, konnte ich nicht klar erkennen, worum es bei Steuern und Darlehen wirklich ging. Diesen gedanklichen Schalter umzulegen war nicht einfach, und zunächst wehrte ich mich noch gegen Moslers Reihenfolge. Es fühlte sich nicht richtig an. Doch etwas daran ließ

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