SPACE 2022. Eugen Reichl
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Schwerelosigkeit
Die Schwerelosigkeit war eine angenehme Erfahrung. Ich berichtete, dass ich mich gut fühlte sobald sich das Raumfahrzeug von der Trägerrakete getrennt hatte. Dieses Gefühl hielt für die ganze Dauer des Fluges an. Während des Fluges führte ich etwa alle 30 Minuten eine Reihe von Übungen durch, um festzustellen, ob mich die Gewichtslosigkeit in irgendeiner Weise beeinträchtigte. Um herauszufinden, ob Kopfbewegungen in einer Zero G-Umgebung irgendwelche Symptome von Seekrankheit oder Schwindel erzeugten, versuchte ich zunächst meinen Kopf von einer Seite zur anderen zu bewegen, dann nach oben und unten und schließlich von einer Schulter zur anderen zu neigen. Mit anderen Worten: Ich bewegte meinen Kopf im Roll, Kipp- und Gierwinkel. Ich begann vorsichtig mit diesen Übungen, aber in der Fortdauer des Fluges bewegte ich meinen Kopf schneller und heftiger und gegen Ende der Mission führte ich diese Bewegung so schnell durch, wie es mein Druckanzug erlaubte. Bei einem anderen Test, in dem nur Augenbewegungen durchgeführt wurden, verfolgte ich einen sich schnell bewegenden Lichtpunkt, der durch meine Fingerspitzenlichter (Anmerkung des Übersetzers: des Raumanzuges) erzeugt wurde. Ich hatte kein Problem, dem Lichtfleck zu folgen und kein Gefühl von Schwindel oder Seekrankheit. Auf meinem Instrumentenpaneel befand sich ein Sehstärken-Prüffeld mit Buchstaben verschiedener Größen und einer Grafik mit einem Speichenradmuster, um sowohl meine generelle Sehfähigkeit als auch eine mögliche Tendenz zu Astigmatismus zu prüfen. Auch hier war keine Abweichung vom Normalzustand erkennbar. Ein Augenbewegungstest wurde durchgeführt, bei dem die Drehraten des Raumfahrzeugs mit Empfindungen und Augenbewegungen in Verbindung gebracht wurden. Die Ergebnisse waren allesamt normal. Die entsprechenden Kalibrierungsmessungen waren vor dem Flug in der Naval School of Aviation Medicine in Pensacola, Florida mit Dr. Ashton Graybiel durchgeführt worden. Dadurch war ich mit meinen Reaktionen auf dieselben Bewegungen bei normaler Schwerkraft gut vertraut.
Um medizinische Daten über das kardiovaskuläre System zu erhalten, führte ich von Zeit zu Zeit eine Übung durch, die darin bestand, einen Expander für eine Dauer von 30 Sekunden jeweils einmal pro Sekunde zu betätigen. Diese Übung lieferte eine bekannte Belastung, deren Resultate mit vorausgegangenen Tests dieser Art verglichen werden konnten, die ich auf dem Boden gemacht hatte. Die Flugärzte berichteten über den Effekt, den die Übung auf meinen Puls und meinen Blutdruck hatte. Es war genau derselbe, den die Übung auf dem Boden auf mich machte – sie machte mich müde. Ein weiteres Experiment mit Bezug auf mögliche Auswirkungen der Schwerelosigkeit war Essen im Orbit. Bei der relativ kurzen Flugdauer von Friendship 7 war Essen keine Notwendigkeit, sondern vielmehr ein Versuch zu bestimmen, ob es ein Problem dabei gäbe, Nahrung in gewichtslosem Zustand zu sich zu nehmen und zu verdauen. Zu keiner Zeit hatte ich ein Problem mit dem Essen. Ich glaube, dass jede Art von Nahrung gegessen werden kann, so lange sie nicht auseinanderfällt oder bröselt. Vor dem Flug machten wir Scherze drüber, ob wir nicht normales Essen wie etwa ein Schinkensandwich mitnehmen sollten. Jetzt denke ich, dass das praktisch wäre und wir es versuchen sollten. In einem Raumfahrzeug unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit zu sitzen, ist angenehmer als unter den Bedingungen von 1 g auf dem Boden, denn man ist nicht irgendwelchen Druckpunkten ausgesetzt. Ich hatte den Eindruck, dass ich mich sehr schnell an die Schwerelosigkeit anpasste. Ich hatte keine Tendenz über Dinge hinaus zu greifen noch stellte ich irgendein anderes Zeichen mangelnder Koordination fest. Auch nicht in den ersten Momenten nach der Trennung des Raumfahrzeugs von der Rakete. Ich fand mich selbst unbewusst Vorteil aus den Bedingungen der Schwerelosigkeit zu ziehen, wenn ich zum Beispiel die Kamera oder ein anderes Objekt einfach im Raum schweben ließ, während ich mich anderen Dingen zuwandte. Das war kein geplantes Manöver, sondern entstand spontan aus der Eingebung des Momentes, wenn andere Dinge meiner Aufmerksamkeit bedurften. Erst später fiel mir auf, dass ich das so natürlich getan hatte als würde ich die Kamera in einem 1 g-Feld auf den Tisch legen. Es illustriert pointiert, wie schnell sich der Mensch anpassen kann. Auch an etwas so Fremdartiges wie die Schwerelosigkeit.
Wir lernten von diesem Flug, dass einige Probleme hinsichtlich des Verstauens und Sicherns von Ausrüstung noch gelöst werden müssen, die in einem Raumfahrzeug verwendet wird. Ich hatte eine Anzahl von Instrumenten dabei, wie Kameras, einen Feldstecher und ein Fotometer, mit denen ich Beobachtungen aus dem Raumfahrzeug machen wollte. All das befand sich in einer kleinen Packtasche an meinem rechten Arm. Jeder dieser Ausrüstungsgegenstände war mit einer etwa 90 Zentimeter langen Leine mit der Tasche verbunden. Als ich begann, Teile dieser Ausrüstung zu verwenden, begannen sich die Leinen zu verheddern. Obwohl mir die Schnüre im Weg herumgingen ist es dennoch wichtig, sie in irgendeiner Weise zu sichern, wie ich erfahren musste, als ich versuchte, einen Film zu wechseln. Die Filmhülsen waren nicht mit der Packtasche durch eine Leine verbunden. Ich ließ eine davon in der Luft schweben, während ich mit der Kamera beschäftigt war, und als ich danach greifen wollte, stieß ich sie versehentlich an und sie verschwand hinter dem Instrumentenpaneel.
Beobachtungen
Die größte Überraschung des Fluges ereignete sich im Dämmerungsbereich. Als ich während des ersten Orbits den Nacht-Tag-Terminator überflog, beim ersten Aufblitzen des Sonnenlichtes am Raumfahrzeug, hatte ich gerade meinen Blick für 15 – 20 Sekunden nach innen gerichtet, um die Instrumente zu checken. Als ich aufblickte und durch das Fenster sah, war meine erste Reaktion, dass das Raumfahrzeug taumelte und dass ich nichts anderes als sich bewegende Sterne durch das Fenster sehen konnte. Ich stellte aber schnell fest, dass ich mich nach wie vor in einer stabilen Raumlage befand. Das Raumfahrzeug war von leuchtenden Partikeln umgeben. Diese Partikel waren von heller gelblich-grüner Farbe. Es schien, als würde sich das Raumfahrzeug durch eine Wolke von Glühwürmchen bewegen. Sie waren etwa so hell wie ein Stern erster Magnitude und variierten in der Größe von Stecknadelkopfgröße bis etwa 3/8 Inch. Sie waren etwa 8 bis 10 Fuß vom Raumfahrzeug entfernt und relativ gleichmäßig im Raum um das Raumfahrzeug verteilt. Gelegentlich bewegten sich ein oder zwei der Partikel langsam auf mich zu oder quer über das Fenster, trieben dort sehr, sehr langsam herum und bewegten sich schließlich wieder langsam weg. Ich beobachtete diese leuchtenden Objekte für annähernd vier Minuten jedes Mal, wenn ich aus der Nachtseite auf die Tagseite der Erde wechselte. Während des dritten Sonnenaufgangs drehte ich das Raumfahrzeug herum und sah nach vorne und versuchte herauszufinden, woher diese Partikel kamen. Wenn ich nach vorne sah, konnte ich nur etwa 10 Prozent so viele davon sehen wie wenn ich die Sonne im Rücken hatte. Sie schienen sich aber immer noch aus einiger Distanz zu mir hinzubewegen und schienen nicht vom Raumfahrzeug selbst zu stammen. Um was es sich bei diesen Partikeln handelt, wird derzeit diskutiert und erwartet noch weitere Klärung.
Anmerkung: Scott Carpenter konnte beim nachfolgenden Mercury-Flug das Wesen dieser Leuchtpartikel herausfinden. Es handelte sich um Eiskristalle, die am Raumfahrzeug anhafteten, sich beim Erreichen der Tagseite ablösten und dann innerhalb weniger Minuten verdampften. Sie entstanden als Zerfallsprodukt des Feuerns der Lageregelungstriebwerke, die mit Wasserstoffperoxid betrieben wurden. Dieses Zerfallsprodukt bestand aus Wasser und Sauerstoff. Das Wasser gefror auf der Nachtseite der Erde, setzte sich zunächst am Rand der Triebwerke an und löste sich beim Erreichen der Tagseite durch die Sonneneinstrahlung ab und verdampfte nach wenigen Minuten.