Sie über sich. Paul Metzger

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Themen ebenfalls ausgeklammert werden. Es geht also weiterhin auch nicht darum, wie die neutestamentlichen Autoren mit den Texten umgehen, die ihnen vorliegen und von ihnen als „Heilige Schrift“ anerkannt werden. Der „Schriftgebrauch“ der einzelnen Autoren ist hiermit nicht das Thema dieser Untersuchung.7

      Letztlich soll sich die Arbeit auch nicht damit beschäftigen, wie einzelne Texte oder Autoren der Bibel zu Autoritäten in verschiedenen geschichtlichen Zusammenhängen wurden.8 Dieses Thema wäre eher wirkungsgeschichtlich orientiert.

      So bleiben lediglich drei Texte,9 die einen Einstieg in die Frage ermöglichen, welche Autorität die neutestamentlichen Erzählwerke für sich selbst beanspruchen: Lk 1,1–4; Joh 20,30–31 (21,24–25); Apk 1,1–3 (22,18–20).10

      Diese Texte sollen besprochen werden, weil sie jeweils angeben, warum sie geschrieben wurden. Sie geben damit den eigenen Anspruch explizit zu erkennen und verweisen damit auf die Autorität, die der Text erheben will. Es scheint kein Zufall zu sein, dass die drei Texte in der selben Zeit, wahrscheinlich gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. entstanden sind,11 in einer Zeit also, die auf dem Weg zur Ausbildung eines Kanons zu sein scheint.12

      II. Die Autorität der Schrift in der Diskussion

      Ökumenischer Konsens besteht darin, dass biblische Texte in gegenwärtigen kirchlichen Diskussionen eine Rolle spielen und auch in Publikationen von kirchenleitenden Gremien1 zum Tragen kommen sollen. Ihnen wird zugebilligt, Orientierung in den diskutierten Fragen zu bieten. Fraglich ist nur, wie dies konkret geschieht, wie also mit ihnen umgegangen wird. Dann zeigt sich trotz aller Konsenspapiere: „Die noch bestehenden Grenzen der Verständigung werden in den Dialogen vor allem dann spürbar, wenn kontroverse Einzelfragen unter Bezugnahme auf das biblische Zeugnis versuchsweise einander angenähert werden.“2 Solche Einzelfragen sind also der Praxistext jeglicher Konsensgespräche. Die Diskussion um drei Einzelfragen wird nun skizziert.

      1. Die Autorität der Schrift in aktuellen Diskussionen

      1.1. Die Frage der Frauenordination

      Eine breite Phalanx von Kirchen lehnt die Ordination von Frauen zum geistlichen Amt ab. Darunter sind die römisch-katholische Kirche, die orthodoxen und die altorientalischen Kirchen. Doch auch eine Reihe von Kirchen, die zum Lutherischen Weltbund oder zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen zählen, gehören dazu, z.B. die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche, und andere wenige Freikirchen.

      Zwei typische Argumentationstypen, die im westlichen Christentum beheimatet sind, sollen hier aus der Breite der Diskussion herausgegriffen und vorgestellt werden.

      Spätestens seit dem 2. Vatikanischen Konzil hat sich die römisch-katholische Kirche den exegetischen Wissenschaften und Einsichten geöffnet.1 Dies scheint allerdings nicht in alle Bereiche der Kirche hineingewirkt zu haben.

      Papst Johannes Paul II. legt 1994 die dazu bis heute gültige Lehre der römisch-katholischen Kirche in seinem Apostolischen Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“ dar und beruft sich dabei auf Christus selbst: „Christus erwählte die, die er wollte (vgl. Mk 3,13–14; Joh 6,70), und er tat das zusammen mit dem Vater ,durch den Heiligen Geist‘ (Apg 1,2), nachdem er die Nacht im Gebet verbracht hatte (vgl. Lk 6,12).“2 Die angeführten Bibelstellen dienen dem Papst als Belege, die lediglich das bestätigen, was zuvor bereits der Text sagt. Ohne Einordnung in ihren Kontext sollen sie lediglich zuverlässige historische Informationen liefern, auf denen dann die Praxis der Kirche beruht. Theologische Konzeptionen der einzelnen Texte werden dabei außer Acht gelassen. Die Vollmacht der Kirche, Frauen zu weihen oder nicht zu weihen, wird also auf Grundlage von durch die Bibel berichteten und unhinterfragten Tatsachen begründet, und damit der Anspruch formuliert, dass die Kirche „als feststehende Norm die Vorgehensweise ihres Herrn bei der Erwählung der zwölf Männer“3 lediglich nachahmt und deshalb daran festhalten muss.

      Als weiteres Argument wird die von der Bibel berichtete Praxis der Apostel genannt. Ihr Vorbild, nur Männer in die eigene Nachfolge zu berufen, werde ebenfalls nachgeahmt. Gleichzeitig wird die Argumentation auf der anderen Seite dadurch gestützt, dass Maria, obwohl als Gottes- und Kirchenmutter ausgezeichnet, eben keine Amtsvollmacht als Frau bekam.

      Die römisch-katholische Ablehnung der Frauenordination führt also letztlich drei Argumente ins Feld: „das in der Heiligen Schrift bezeugte Vorbild Christi, der nur Männer zu Aposteln wählte, die konstante Praxis der Kirche, die in der ausschließlichen Wahl von Männern Christus nachahmte, und ihr lebendiges Lehramt, das beharrlich daran festhält, daß der Ausschluß von Frauen vom Priesteramt in Übereinstimmung steht mit Gottes Plan für seine Kirche.“4 Praxis und Tradition der Kirche sind zwei Argumente, die letztlich auf biblischer Überlieferung ruhen, die erstens in eklektischer Auswahl (Röm 16,7 findet keine Erwähnung) und zweitens als Tatsachenbericht herangezogen wird. Dahinter soll die Autorität Christi selbst stehen, dessen durch die biblischen Texte sicher festzustellendes Tun als Gesetz der Kirche aufgefasst wird, wie es zuverlässig wiederum in den Texten selbst überliefert ist. Die biblische Überlieferung wird als sicherer Beweis der Praxis Jesu aufgefasst und auf diesem vermeintlich sicheren Tun Jesu die ganze Lehre der Kirche in diesem Punkt begründet. Das Argument wird in seiner Konsequenz dann recht schlicht: Weil der Priester in Stellvertretung Christi handelt und Christus ein Mann war und nur Männer in seine „Amts-Nachfolge“ berufen hat, können keine Frauen Priester sein.

      Damit die Diskussionen in der römisch-katholischen Kirche – aus Sicht des Papstes – endlich verstummen, legt er mit diesem Schreiben definitiv fest: „Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“5

      Historische „Tatsachen“, belegt durch biblische Zitate, werden also als Argumente in der Diskussion verwandt. Eine Einordnung in ihren sinngebenden Kontext unterbleibt.

      Von anderen Voraussetzungen – deshalb zum Teil – einfacher argumentieren die Gegner der Frauenordination, die zum reinen Gehorsam gegenüber der Schrift aufrufen.6 Typisch für diesen Argumentationstyp ist die Diskussion der Problematik durch Helge Stadelmann, den ehemaligen Rektor der Freien Theologischen Hochschule Gießen.

      Er erklärt die Frauenordination zu einem „Testfall für Bibeltreue“.7 In einem Vortrag zum Thema fragt er: „Wo findet sich ein biblischer Hinweis dafür, daß Gott für seine neutestamentliche Gemeinde angeordnet hat, Frauen in den Lehr- und Leitungsdienst der Gemeinde zu berufen?“8 Mit zwei Zitaten wird die erwartbare Antwort dann vorbereitet. Unter Verweis auf das wörtliche Verständnis von 1.Kor 14 und 1.Tim 2,11–15 wird das Nein zur Frauenordination auf ein göttliches Verbot begründet: „Nicht etwa die besseren Fähigkeiten des Mannes sind der Grund; auch nicht eine vermeintlich größere Anfälligkeit der Frau für Verführung. Sondern der souveräne Wille Gottes, wie er sich in der schöpfungsmäßigen Zuordnung von Mann und Frau äußert; und Gottes freier Willensentschluß, den er hier nun als neutestamentliche Konsequenz aus der Tatsache des Hörens der ersten Frau auf den Versucher kundtut, das sind die Gründe für dieses göttliche Nein.“9 Stadelmann warnt davor, die Frauenordination zuzulassen, da letztlich – schon bei Paulus selbst – drei Gründe ganz entschieden dagegen stehen: „Der erste Grund ist die übereinstimmende Praxis der Gemeinden […] Der zweite Grund ist, daß diese Verfügung dem entspricht, was schon in der alttestamentlichen Torah steht. […] Der dritte Grund ist – so Paulus – ganz einfach, daß es des Herrn Gebot ist, was ich euch schreibe. Wer aber das nicht anerkennt, wird von Gott nicht anerkannt‘ (Vv. 37b-38).“10

      Alle drei Gründe beruhen darauf, biblische Zitate, hier eine Kombination von

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