Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart - Группа авторов страница 10

Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart - Группа авторов Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik

Скачать книгу

eine romanische Sprache lernt, sich immer zugleich auch eine gewisse Kompetenz in anderen romanischen Sprachen aneignet. (Abel 2005, 170 f.)

      In dieser Hinsicht stellt die hier vorgestellte Internationale Grammatik (Deutsch 1871) eine bemerkenswerte Ausnahme dar. Ihr Verbreitungsgrad lässt sich nicht mit dem der Grammatik eines Karl Ploetz (1887) vergleichen, da beide Grammatiken Friedrich Gottlieb Deutschs (1871, 1875) nur in einer einzigen Auflage erschienen. Zwar stellt diese Grammatik keinen Einzelfall dar, jedoch bilden mehrsprachige Lehrmaterialien eher eine seltene Ausnahme (Rius Dalmau 2009). Im europäischen Kontext erscheinen dennoch immer wieder mehrsprachige Materialien, wie die in Paris erschienene mehrsprachige Grammatik von Simon Jost (1840) beispielhaft deutlich macht, in der Englisch, Deutsch, Spanisch, Italienisch, Französisch und Hebräisch gemeinsam thematisiert werden.

      Auch in den Niederlanden finden sich etliche Beispiele der Vermittlung mehrerer Sprachen und in der Folge mehrsprachiger Lehrmaterialien. Hier werden 1863 die Sprachen Französisch, Englisch und Deutsch als obligatorische Fremdsprachen im Sekundarschulwesen festgelegt. Neben mehrsprachigen Lehrkräften gibt es auch einige Belege für eine Didaktik der Mehrsprachigkeit, die sich aus der gesellschaftspolitischen Situation des Landes erklärt. Die mehrsprachigen Lehrgänge zielen auf schulische Kontexte und darüber hinaus auf Handelsreisende. Diese utilitaristische Zielsetzung visiert konkrete Sprachkontakte in den Zielsprachen an und ist damit methodisch-didaktisch an Mündlichkeit, Aussprache und Konversation interessiert (Kok Escalle 2009).

      Friedrich Gottlieb Deutsch publiziert seine Internationale Grammatik zunächst 1871 in Zürich und somit in der Schweiz; eben auch in einem Land, in dem Mehrsprachigkeit eine größere Rolle spielt als in Deutschland. Die zweite Publikation seiner Grammatik erfolgt jedoch nur wenige Jahre später in Berlin, so dass auch hier ein Zielpublikum bzw. eine anvisierte Käufergruppe bestanden haben muss. Französisch bildet in der Tat eine im Schulwesen etablierte Fremdsprache und Italienisch wird zumindest auf freiwilliger Ebene ebenfalls angeboten.

      Vergleicht man die mehrsprachigen Grammatiken des 19. Jahrhunderts mit denen des 20. Jahrhunderts, dann fällt auf, dass die Anzahl der mehrsprachigen Grammatiken der Gegenwart die der Vergangenheit keineswegs überschreitet. Im Gegenteil. Trotz aller Plädoyers für Mehrsprachigkeit und aller Ansätze der Mehrsprachigkeitsdidaktik resultieren daraus bis heute keine zahlreichen konkreten Umsetzungen in den Lehrmaterialien der Schulbuchverlage. Zwar finden sich in Lerngrammatiken heute vereinzelte Verweise auf andere Sprachen, doch gibt es in Deutschland aktuell nur eine einzige Grammatik, die sich explizit und konsequent als mehrsprachig versteht und die neben Spanisch Verweise auf Französisch und Englisch enthält (Dorn/Navarro González/Strathmann 2015). Im Blick auf methodisch-didaktische Schwerpunkte fallen einige Unterschiede zu der Internationalen Grammatik (Deutsch 1871) auf: Neben einem deutlich ansprechenderen Layout und größerer Lesbarkeit durch Übersichtlichkeit zeichnet sich die mehrsprachige Spanischgrammatik der Gegenwart durch direkte Ansprache der Lernenden, durch altersangemessene erklärende Passagen und vor allem durch situative Einbettungen der konkreten Beispiele aus. Während Friedrich Gottlieb Deutsch 1871 vorwiegend entkontextualisierte Einzelsätze anführt, die inhaltlich nicht aufeinander bezogen sind und damit auf das Verständnis erleichternde Aspekte verzichtet, nutzt die Spanischgrammatik (Dorn/Navarro González/Strathmann 2015) konsequent aufeinander bezogene Sätze und Kontexte.

      6 Ausblick

      Die Geschichte des Französischunterrichts des 19. Jahrhunderts ist trotz der zahlreichen oben angeführten Publikationen noch nicht abschließend erforscht. Der genauere Blick auf die Entwicklungen, auf Lehrmaterialien, methodisch-didaktische Schwerpunkte und Zielsetzungen eröffnet ein facettenreiches Bild, das trotz aller zeitlichen Distanz auf langfristige Auswirkungen bis in die Gegenwart verweist. Daher erscheint es begründet, diesem Bild weitere Puzzleteilchen hinzuzufügen, um zu einem differenzierten Wissen über den Fremdsprachenunterricht und über didaktische Entwicklungen des 19. Jahrhunderts zu kommen.

      Die oben dargestellte Internationale Grammatik (Deutsch 1871) stellt in diesem Gefüge ein interessantes Puzzleteilchen dar, das eine bislang weitgehend unbekannte Facette eröffnet. Überlegungen zur Mehrsprachigkeitsdidaktik und zu den Stärken eines Fremdsprachenlernens, das bewusst auf die Parallelen zwischen den romanischen Sprachen rekurriert, sind offensichtlich weit älter als die Didaktik der Mehrsprachigkeit heute erahnen lässt. Sie reichen weiter zurück als ins 19. Jahrhundert und sind bereits vorangegangenen Jahrhunderten nachweisbar (vgl. Glück et al. 2013), wie die polyglotten Gesprächsbücher der Frühen Neuzeit illustrieren, so beispielsweise der Orbis Sensualium Pictus von Comenius (vgl. Reinfried 1992, 33 ff.) oder das italienisch-deutsche Sprachbuch von Georg von Nürnberg (vgl. Schröder 1989, 133 ff.). Vor diesem Hintergrund erweist sich die Spurensuche in der Geschichte als spannendes und lohnendes Unterfangen.

      Literatur

      Abel, Fritz (2005): „‘Quia nominor leo. Je suis un exemple de grammaire.’ Zu den Beispielen in deutschen Französischgrammatiken aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mit einem Nachtrag zur Grammatik von Collmann/Diez (1849)“. In: Hüllen, Werner/Klippel, Friederike (Hrsg.) unter Mitarbeit von Sabine Doff: Sprachen der Bildung – Bildung durch Sprachen im Deutschland des 18. und 19. Jahrhunderts. Wiesbaden: Harrassowitz, 153-183.

      Abendroth-Timmer, Dagmar (2017): „Sprachmittlung zwischen Renaissance und Innovation?“ In: Hardy, Stéphane/Herling, Sandra/Sälzer, Sonja (Hrsg.): Innovatio et traditio – Renaissance(n) in der Romania. Festschrift für Franz-Josef Klein zum 65. Geburtstag. Stuttgart: ibidem, 491-517.

      Christ, Herbert (1983): „Zur Geschichte des Französischunterrichts und der Französischlehrer“. In: Mannzmann, Anneliese (Hrsg.): Geschichte der Unterrichtsfächer I. Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Latein, Griechisch, Musik, Kunst. München: Kösel, 94-117.

      Christ, Herbert (2005): Du Maître de langue au «Neuphilologe». La formation des enseignants de français en Allemagne au cours du 19e siècle, Documents pour l’histoire du français langue étrangère ou seconde. http://dhfles.revues.org/167 (10/10/2017).

      Deutsch, Friedrich Gottlieb (1871): Internationale Grammatik das Italienische, das Französische und das Deutsche – eine, zwei, oder alle drei Sprachen – zu erlernen nach einer neuen, das Studium wesentlich verschönernden Anordnung. Anschauungs-Unterricht zum Schul- und Privatgebrauch. Zürich: Schabelitz.

      Deutsch, Friedrich Gottlieb (1875): Parallel-Grammatik für Deutsche, das Deutsche, Italienische und Französische – eine, zwei oder alle drei Sprachen – zu erlernen nach einer neuen, das Studium wesentlich erleichternden Anordnung. Anschauungs-Unterricht zum Schul- und Privatgebrauch. Berlin: Grieben.

      Doff, Sabine (2002): Englischlernen zwischen Tradition und Innovation. Fremdsprachenunterricht für Mädchen im 19. Jahrhundert. München: Langenscheidt-Longman.

      Dorn, Rudolf/Navarro González, Javier/Strathmann, Jochen (2015): ¡Gramática! de la lengua española. Mit Vergleichen zur englischen und französischen Grammatik. Stuttgart: Klett.

      Flechsig, Karl-Heinz (1962): Die Entwicklung des Verständnisses der neusprachlichen Bildung in Deutschland. Göttingen: Dissertation.

      Glück, Helmut/Häberlein, Mark/Schröder, Konrad (2013): Mehrsprachigkeit in der Frühen Neuzeit. Die Reichsstädte Augsburg und Nürnberg vom 15. bis ins frühe 19. Jahrhundert. Wiesbaden: Harrassowitz.

      Jost, Simon (1840): Grammaire polyglotte ou tableaux synoptiques comparés des langues Française, Allemande, Anglaise, Italienne, Espagnole et Hébraïque accompagnés de la prononciation figurée et d’annotations philologiques, exégétiques et archéologiques, à la portée de la jeunesse et des personnes qui veulent,

Скачать книгу