Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart. Группа авторов

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Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart - Группа авторов Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik

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Stil- und Eloquenzbewusstsein des Kronprinzen. Damit ist das Frontispiz in einer preußischen Gegenwart angekommen, ab der es allmählich aus dem Fremdsprachenlern-Diskurs verschwinden wird. Allerdings, die pädagogisch-mythologische Dreiecksgeschichte, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts aus den Titelkupfern des Lehrbuchs zugunsten einer panegyrischen Darstellung des Landesherrn verschwindet, lebt weiter im Französischunterricht als eine bevorzugte pädagogische Lektüre. Als Einführung in die griechische Mythologie sowie als repräsentatives Werk der französischen Klassik und als eine innerfranzösische Kritik am autoritären und aggressiven Absolutismus Ludwigs XIV. zieht Fénelons Télémaque in die preußische Gelehrtenschule3 ein. Und noch um die Wende zum 19. Jahrhundert ist Fénelons Télémaque zusammen mit Voltaires Versepos La Henriade dort das am häufigsten benutzte Werk in den frühen schriftlichen und mündlichen Abiturprüfungen, bis es schließlich ganz aus dem Französischunterricht verschwindet (Kuhfuß 2012, 75-86).

      6 Fazit

      Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, mit den neuen Idealen der Französischen Revolution und dem Rückgang der Verkaufszahlen fallen die Illustrationen ganz weg.1 Das Lehrbuch mit einem auf sozialer Identifikation basierenden Geschäftsmodell wird im aufkommenden nationalstaatlichen Paradigma des Fremdsprachenlernens als obsolet empfunden. Und doch kann man von einem herausragenden Beispiel für die Macht der Bilder im Alten Reich sprechen. Das Frontispiz bleibt über ein Jahrhundert lang attraktiv, weil die Inhalte sich geschmeidig den jeweiligen Zeitumständen, den verschiedenen Machtkonstellationen und den Wunschvorstellungen der Käufer, ihren sich wandelnden Träumen vom sozialen Aufstieg und den zugrundeliegenden Motivationen anpassen und damit von den externen Bedingungen des Französischlernens und deren Veränderungen erzählen. Die Entwicklung, soweit sie in den Frontispizen anschaulich wird, verläuft vom archimedischen Bezugspunkt des Französischlernens im Versailles des französischen Sonnenkönigs gegen Ende des 17. Jahrhunderts zum Preußen Friedrichs des Großen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, von den klaren Strukturen der barocken Portalarchitektur, denen eine cartesianische Logik und die clarté de la langue française entsprechen, zu den verschnörkelten Rocaille-Mustern eines imaginären Innenraums um die Jahrhundertmitte. Sie verlagert ihren Schwerpunkt von Versailles und Paris nach Preußen und Sachsen und geht mit einer zunehmenden Zerstörung der ursprünglichen mythologischen Erziehungssituation einher. Die französische Sprache entwickelt sich von der Sprache de la partie la plus saine de la cour zur lingua franca in den Städten, mit einer zunehmenden Ausweitung der bürgerlichen Schülerklientel. Für die Sozialgeschichte des Berufsstandes ist besonders bedeutsam der Wandel des Fremdsprachenlehrerbildes von einer angemaßten Hofmeisterposition im Umkreis des Sonnenkönigs zur schrittweisen Entfernung der prekären Sprachmeisterfiguren aus den dargestellten Zentren der Macht. Welch ein Niedergang von Mentor, der sich in die göttliche Athene verwandelt und der zugleich Erzieher des Herzogs von Burgund ist, zu einer Figur, die im Verkaufsgeschehen des Lehrbuchs schließlich keine darstellenswerte Rolle mehr spielt. Für die bürgerlichen Schüler in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts freilich war das Geschehen, das in den Frontispizen attraktiv gemacht wird, ebenso entfernt wie die mythologische Szene von 1693. Die Frontispize zielen immer auf die Hoffnungen und Wünsche der Klientel. Sie finden ihr übergreifendes Element in der Darstellung des lernenden Prinzen als Identifikations- und Leitfigur für den Französischunterricht im Alten Reich. In den akademisch gebildeten deutschen Sprachmeistern erwächst den muttersprachlichen Franzosen gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein bedeutsamer Gegentypus, der sich mit der Grammatik-Übersetzungsmethode auf Meidingers Practische franzoesische Grammatik (1783) als den neuen Bestseller stützt.

      Literatur

      Beger, Lorenz (1701): Thesaurus Brandenburgicus selectus. Coloniae Marchicae: typis et impensis electoralibus.

      Caravolas, Jean Antoine (2000): „Johann Theodor Jablonski (1654-1731) et La Parfaite Grammaire Royale de Des Pepliers“. In: De Clerq, Jan/Lioce, Nico/Swiggers, Pierre (Hrsg.): Grammaire et enseignement du français, 1500-1700. Leuven: Peeters, 463-482.

      Christ, Herbert (2003): „Télémaque annoté ou un texte littéraire comme manuel de français“. In: Documents pour l’histoire du français langue étrangère ou seconde 31, 11–27.

      Des Pepliers, Robert Jean de (1689): Grammaire Royale françoise & allemande. Contenant Une Methode nouvelle & façile pour apprendre en peu de temps la langue françoise, Avec Une Nomenclature, des Dialogues noveaux, Bouquet des Sentences, des Lettres & billets galants de ce temps. Berlin: Völcker. http://resolver.sub.uni-hamburg.de/goobi/PPN722584083 (20/07/2017).

      Des Pepliers, Robert Jean de (1693): Nouvelle Grammaire Royale Françoise et Allemande. Berlin: Völcker.*

      Des Pepliers, Robert Jean de (1701, 1702): La Parfaite Grammaire Royale, Françoise Et Allemande. Berlin/Frankfurt a. d. O.: Völcker.

      Des Pepliers, Robert Jean de (1713): La Parfaite Grammaire Royale Françoise & Allemande. Leipzig: Gleditsch und Weidmann.

      Des Pepliers, Robert Jean de/Buffier, Claude (1742): Nouvelle Et Parfaite Grammaire Royale Françoise et Allemande. Berlin: Haude.

      Des Pepliers, Robert Jean de (1753): Nouvelle et parfaite grammaire royale Françoise et Allemande. Berlin: Haude.

      Des Pepliers, Robert Jean de/Buffier, Claude (1794): Nouvelle Et Parfaite Grammaire Françoise Et Allemande. Wien: Trattner.

      Dictionnaire universel françois et latin (1740). Nancy: Pierre Antoine. http://www.cnrtl.fr/dictionnaires/anciens/trevoux/menu1.php (20/7/2017).

      Doergangius, Henricus (1604): Institutiones in linguam Gallicam, admodum faciles, quales ante hac nunquam visae. Coloniae: Author.

      Fénelon, François de Salignac/Ehrenreich, Joseph Antoine von (1732, 1740): Les Aventures de Télémaque, fils d’Ulysse. Nouvelle édition. Ulm: Wohler.

      Fénélon, François de Salignac/Ehrenreich, Joseph Anton von/Köhler, Johann Ludwig (1790, 1798): Les Avantures [Aventures] De Telemaque, Fils D’Ulysse, par feu Messire François de Salignac, de la Motte [Mothe] Fenelon, &c. &c. oder wunderbare Begebenheiten Telemachs, worinnen zum Nutzen der Jugend durch deutsche Anmerkungen schwere Wörter, Redensarten und Constructionen, Gallicismen, Antiquitäten, Mythologie, Historie und Geographie deutlich erklärt und erläutert werden. Ulm: Wohler.

      Glück, Helmut/Häberlein, Marc/Schröder, Konrad (Hrsg.) (2013): Mehrsprachigkeit in der Frühen Neuzeit. Wiesbaden: Harrassowitz.

      Kuhfuß, Walter (2012): „Die Abiturprüfungen in Französisch in den preußischen Gelehrtenschulen zwischen 1788 und 1806“. In: Bär, Marcus et al. (Hrsg.): Globalisierung – Migration – Fremdsprachenunterricht. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 75-86.

      Kuhfuß, Walter (2014): Eine Kulturgeschichte des Französischunterrichts in der frühen Neuzeit. Französischlernen am Fürstenhof, auf dem Marktplatz und in der Schule. Göttingen: V&R.

      Reinfried, Marcus (1992): Das Bild im Fremdsprachenunterricht. Eine Geschichte der visuellen Medien am Beispiel des Französischunterrichts. Tübingen: Narr.

      Stengel, Edmund/Niederehe, Hans-Josef (1976): Chronologisches Verzeichnis französischer Grammatiken vom Ende des 14. bis zum Ausgange des 18. Jahrhunderts nebst Angabe der bisher ermittelten Fundorte derselben. Amsterdam: Benjamins.

      * Alle Ausgaben der Grammaire Royale sind, sofern nicht anders vermerkt, unter http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl (20/07/2017) online

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