Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart. Группа авторов

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Fremdsprachenunterricht in Geschichte und Gegenwart - Группа авторов Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik

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und anschließende Illustration durch Anwendung auf bestimmte Beispiele unterteilt. Die Beispielsätze stehen jeweils für sich, sind inhaltlich nicht miteinander verbunden und parallel in den drei Sprachen wiedergegeben.

      Weitere Anregungen zum Transfer und weitere Beispiele finden sich im Anschluss an die Paragraphen zum adverbialen Dativ und zum verbalen Dativ. Die zusätzlichen Beispielsätze liegen nur auf Deutsch vor und sollen von den Lernenden übersetzt werden. Dabei sind sie mit Erklärungen und Übersetzungshilfen ins Französische und Italienische kombiniert und stehen in einem engeren thematischen Zusammenhang als die Beispielsätze zur Illustration der jeweiligen Grammatikregel:

      (ebd., 22)

      Insgesamt handelt es sich um eine lehrwerkunabhängige methodisch-systematische Grammatik (vgl. Niederländer 1981, 145), in der der Übungsteil im Vergleich zu den systematischen Passagen der Grammatikerklärung recht kurz ausfällt.

      Die verwendete Terminologie ist an Deutsch und Latein orientiert, italienische und französische Begriffe finden sich nicht. So verwendet Friedrich Gottlieb Deutsch Begriffe wie das „Beiwort“ (Deutsch 1871, 58), das „Mittelwort“ (ebd., 59) oder das „persönliche Fürwort“ (ebd., 77) neben lateinischen Begriffen wie der „adverbiale Factitiv“ (ebd., 26), der „Modalis“ (ebd., 45) oder „elliptische Conditionalformen“ (ebd., 92). An einigen Stellen fällt die kombinierte Verwendung von Latein und Deutsch auf: „Der negative Satz, die Negation“ (ebd., 103).

      Interessanterweise wird nicht einmal in den Fällen mit Begriffen der romanischen Sprachen operiert, in denen sich konzeptuelle Unterschiede zum Deutschen finden, wie z. B. beim Konjunktiv und dem subjonctif:

      (ebd., 82)

      Die im 19. Jahrhundert dominierende Orientierung am Latein wird darüber hinaus auch in der durchgehenden Deklination der Fälle deutlich (ebd., 1 ff.). Während diese Deklination für Latein und Deutsch Sinn macht, berücksichtigt deren Übertragung auf das Italienische und das Französische nicht die Struktur der beiden romanischen Sprachen.

      Das in den Satzbeispielen vermittelte Register des Französischen und des Italienischen ist auf der Ebene einer distinguierten, eloquenten Standardsprache angesiedelt, die aus heutiger Sicht antiquiert wirkt und vermutlich auch vor 150 Jahren nur zum Teil einem alltagssprachlichen Register angenähert war. Die Satzbeispiele sind z. T. in Alltagssituationen angesiedelt, verweisen jedoch auch auf Kontexte mit wenig Alltagsbezug. Insgesamt handelt es sich um geschriebene, nicht um gesprochene Standardsprache (vgl. z. B. die Bezugnahme auf den subjonctif de l’imparfait, ebd., 6). Mögliche historische oder literarische Quellen werden an keiner Stelle angegeben:

      (ebd., 45)

      (ebd., 42)

      Während das zweite Satzbeispiel in ähnlicher Form in Grammatiken der Gegenwart enthalten sein könnte, wirken die in den ersten beiden Satzbeispielen angeführten Inhalte wenig alltagsnah.

      Die Darstellung und Erklärung der Vergangenheitstempora macht Unterschiede zu Grammatiken der Gegenwart deutlich. Während heute üblicherweise der Unterschied in der Verwendung des passé composé und des imparfait thematisiert wird, im fortgeschrittenen Französischunterricht das passé composé und das passé simple in ihrer Funktion praktisch gleichgesetzt werden und lediglich in der Anwendung, d. h. das passé simple als literarische Schriftsprache und das passé composé als übliche Vergangenheitssprache, Unterschiede benannt werden, erklärt Friedrich Gottlieb Deutsch die Unterschiede zwischen den drei Vergangenheitszeiten auf anderer Ebene:

      (ebd., 93)

      Im sich anschließenden Paragraphen wird die Unterscheidung zwischen imparfait und passé simple erklärt und als „das Descriptiv“ und „das Narrativ“ bezeichnet (ebd., 95). Unterscheidungen zwischen mündlichem und schriftlichem Gebrauch des passé composé und des passé simple werden nicht erwähnt, so dass an dieser Stelle ein deutlicher Unterschied zu aktuellen Grammatiken sichtbar wird.

      Die Besonderheit dieser Grammatik besteht jedoch vor allem in dem angebotenen Sprachvergleich, der als ein früher Vorläufer einer Berücksichtigung der Mehrsprachigkeit gelten kann, selbst wenn aktuelle Überlegungen einer Didaktik der Mehrsprachigkeit (vgl. Meißner/Reinfried 1998) oder eines Verständnisses von English als Gateway to Languages (Schröder 2009) kaum umgesetzt werden. So finden sich keine expliziten Hinweise auf bestehende Parallelen zwischen den romanischen Sprachen, auf Transferbasen, Inferenzen oder Interferenzen. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Italienisch und Französisch lassen sich lediglich individuell aus den Beispielsätzen schlussfolgern.

      Der Bezug auf Französisch und Italienisch ist jedoch für diese Grammatik konstitutiv und stellt fast ein Alleinstellungsmerkmal im Gefüge der Schulgrammatiken des 19. Jahrhunderts dar. So lassen sich die Grammatiken nach verschiedenen Sprachbetrachtungsmodellen unterscheiden, die in der Regel miteinander vermischt vorliegen.

      Helmut Niederländer (1981, 182 ff.) nennt systemgrammatische, historische, logische, ästhetisch-stilistische, psychologische, vergleichende oder deskriptive Betrachtungsweisen oder auch ein Verständnis von Sprache als Beziehungslehre. So habe es zwischen 1880 und 1910 Ansätze in der Entwicklung der französischen Schulgrammatik gegeben, in denen Vergleiche zwischen den indogermanischen Sprachen eine gewisse Rolle gespielt hätten. Kontrastive oder komparative Vergleiche hätten sich jedoch letztlich primär auf Latein und Griechisch in einer synchronen Perspektive und noch mehr auf einen Vergleich mit der Muttersprache in einer diachronen Perspektive bezogen, um Interferenzen zu vermeiden (vgl. Niederländer 1981, 185).

      Vor diesem Hintergrund hebt sich die Internationale Grammatik deutlich und grundsätzlich von den üblichen Schulgrammatiken ab. Hier werden zwei romanische Sprachen – das Französische und das Italienische – gleichgewichtet nebeneinandergestellt und die damit einhergehende Optimierung von Lernprozessen hervorgehoben.

      5 Zwischen Grammatik-Übersetzungs-Methode und Mehrsprachigkeit — Fremdsprachenunterricht im 19. Jahrhundert zwischen Tradition und Innovation

      Dass der Fremdsprachenunterricht des 19. Jahrhunderts maßgeblich durch die oben genannten Methoden, insbesondere durch die Grammatik-Übersetzungs-Methode und durch die Direkte Methode geprägt war, ist in der Forschung heute unumstritten. Doch wie steht es um die Mehrsprachigkeitsdidaktik?

      Fritz Abel (2005, 162 f.) stellt für Grammatiken in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, d. h. in den in ihnen angeführten Beispielen, landeskundliches Desinteresse an Frankreich und der frankophonen Welt, einen starken Fokus auf die Antike, das Fehlen eines pragmatischen Zielbewusstseins und die Intention einer moralischen Erziehung vor allem im Geist des Christentums fest. In den von ihm untersuchten Grammatiken kann er jedoch keine Bezüge zur Mehrsprachigkeitsdidaktik erkennen:

      Weder wird in nennenswertem Ausmaß die Chance zur gegenseitigen Stützung des Unterrichts verschiedener Sprachen genutzt, indem Beispiele aus anderen Sprachen angeführt werden, noch wird

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