Der Millionär von nebenan. M.J. O'Shea

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Der Millionär von nebenan - M.J. O'Shea BELOVED

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und wusste plötzlich nicht weiter. Sollte er einfach klingeln? Oder musste er den Hintereingang benutzen, weil er ein Angestellter war? Niemand hatte es ihm gesagt. Joanne war nicht ganz auf der Höhe und normalerweise erledigte ohnehin Sasha solche Dinge für sie. Anscheinend war er auf sich allein gestellt.

      Er beschloss, dass es an der Zeit war, es einfach... hinter sich zu bringen. Er hob die Hand.

      Die Tür öffnete sich, noch bevor er klingeln konnte, und eine gestresst aussehende Frau mit einem Klemmbrett in der Hand teilte ihm mit, dass Mr. Kingsley ihn in seinem Büro am Ende des Flurs erwartete und sie schnell zurück ins Atelier müsste, bevor sie noch die Aufgaben von jemand anderem untergejubelt bekam.

      Okay, dann... solltest du wohl besser gleich zum Atelier zurückgehen. Er verdrehte die Augen, denn er hatte noch nie nachvollziehen können, was es an dem Wort Werkstatt auszusetzen gab, aber mit der Zeit hatte er sich daran gewöhnt. In der Modebranche ging es immer um den Schein, das würde sich wohl nie ändern.

      Sasha war etwas vor den Kopf gestoßen, aber dann war die Frau auch schon verschwunden und er sah sie nicht mehr.

      Er betrat den Flur und war platt. Alles war so... oh Gott. Der beeindruckendste Ort, den er je gesehen hatte, und das wollte etwas heißen, denn er war in den letzten beiden Jahren an einigen imposanten Orten gewesen.

      Die Decke war gewaltig, die Treppe schien einen in eine andere Atmosphäre zu geleiten, alles war aus Stein, Holz und Gold und einfach Wow. Sasha fragte sich, ob er jemals durch diese Türen treten und sich nicht völlig überwältigt fühlen würde. Er ging in die Richtung, die die hektische Frau ihm gewiesen hatte und in der er Kingsleys Büro vermutete. Die Tür stand offen, also schlüpfte Sasha einfach hinein.

      In einem Haus, das dazu bestimmt war, eindrucksvoll zu erscheinen, mit seinen hohen Decken und der ganzen Pracht zu beeindrucken, ging Kingsleys Büro noch einen Schritt weiter. Es war mindestens eineinhalb Stockwerke hoch, komplett mit Holz vertäfelt und mit einem Kamin ausgestattet, der höher war als Sasha. Dazu kam eine große Anzahl an Kunstwerken sowie unbezahlbaren Perserteppichen.

      Sasha erstarrte. »Ähm, hallo?«

      Er fühlte sich wie ein Kind, das etwas angestellt hatte und jetzt auf seine Bestrafung wartete. Er dachte an Joannes Auftrag und hätte sich am liebsten übergeben. Er sollte Harrison überreden, das Gegenteil von dem zu machen, was er eigentlich wollte. Einem Mann, der ihn für ein lästiges Insekt hielt, sollte er sagen, was er tun sollte? Sasha wollte sich am liebsten umdrehen und den ganzen Weg nach Manhattan zurückrennen.

      »Ich bin hier hinten«, rief Harrison.

      Sasha erkannte die Stimme. Er würde sie überall wiedererkennen, denn sie sorgte bei ihm für Gänsehaut. Jedes Mal, wenn Joanne ihn gebeten hatte, Harrison anzurufen, hatte er sich davor gefürchtet. Manchmal hatte Sasha fast den Eindruck, dass sie ihn darum bat, weil sie ihren Bruder nicht selbst anrufen wollte. Schon immer hatte der Mann ihn gleichzeitig verärgert und auf seltsame Weise erregt. Vielleicht hatte Mateo mit dem, was er angedeutet hatte, doch ein klitzekleines bisschen recht.

      Sasha durchquerte das riesige Büro und fand Harrison hinter mehreren Staffeleien. Er sah genauso aus, wie Sasha ihn in Erinnerung hatte – groß, breitschultrig und wunderschön. Sein dunkles Haar war gerade lang genug, um modisch verwuschelt zu sein, und seine Kleidung saß so perfekt, als wäre sie ihm auf den Leib geschneidert worden, was vermutlich auch der Fall war. Er besaß volle Lippen, hohe Wangenknochen, dichte, scharf geschnittene Augenbrauen und Wimpern, die so lang waren, dass Sasha sie sogar von seinem Standort aus sehen konnte. Der Mann sah aus wie ein Disney-Prinz. Zu dumm, dass sein Inneres eher dem von Cruella de Vil glich.

      Sasha trat um die Ecke, um zu sehen, woran Harrison arbeitete. Er sog scharf die Luft ein, als er einen Blick darauf erhaschen konnte. Es war unglaublich. Auf jeder Staffelei stand ein Entwurf – ein lebhaftes, buntes Ombré-Maxi-Kleid, das von Schwarz über Lila und Smaragdgrün in ein intensives Ozeanblau zum Saum hin überging, ein klassisches Maillot-Kleid im Pin-up-Schnitt in der gleichen Farbschattierung, eine tief dunkelblaue Palazzo-Hose mit hohem Bund, die leicht zu Boden floss und dazu eine weiße, ärmellose Bluse, die an der Hüfte geknotet war und von einem einzelnen Aufdruck einer Pfauenfeder akzentuiert wurde. Es waren klassische Formen, wie Standbilder aus alten, glanzvollen Hollywoodfilmen, die in Farbe zum Leben erweckt wurden. Exquisit. Sasha fühlte ein aufgeregtes Prickeln über seinen Rücken wandern.

      »Die sind alle wunderschön«, hauchte er. »Joanne wird sie lieben.«

      Harrison brummte nur als Antwort. »Auf meinem Schreibtisch liegt eine Liste für dich«, sagte er, ohne Sasha anzusehen. »Abendessen gibt es um acht Uhr, aber wenn du es schaffst, vorher noch etwas von der Liste abzuarbeiten, wäre das gut. Wir haben morgen einen langen Tag vor uns. Lanslow wird dir dein Zimmer zeigen.«

      Also gut, das war dann wohl der kameradschaftliche Teil des Abends.

      Sasha war nicht überrascht, denn er hatte damit gerechnet, unhöflich abgefertigt zu werden, aber von Angesicht zu Angesicht war es schwerer zu ertragen als übers Telefon.

      »D-das war's?« Sasha hasste, wie verschüchtert er klang. Sei kein Landei, Sobieski. Das bist du schon sehr lange Zeit nicht mehr.

      »Außer, du willst noch eine Umarmung, eine Unterhaltung oder vielleicht eine Tasse Tee«, ätzte Harrison.

      Und da ist er wieder, der Charme von Harrison Kingsley. Arschloch.

      »Ich beginne sofort mit der Liste, Mr. Kingsley.«

      »Harrison reicht. Die beiden Land Rover sind vollgetankt und können von meinen Angestellten für Erledigungen genutzt werden. Lanslow wird dir alles zeigen. Ich habe Kundenkonten in allen Geschäften, in denen du Besorgungen machen musst.«

      Wenigstens muss ich nicht in einer Schrottkarre umhergurken...

      »Also, Harrison. Vielen Dank. Wir sehen uns beim Abendessen.« Sasha drehte sich um und ging bedächtig durch das riesige Büro. Er blieb an Harrisons Schreibtisch stehen und nahm die Liste, auf der Sebastian stand. Damit war wohl er gemeint.

      »Die Liste ist ja ellenlang«, murmelte er. Eigentlich hatte er gedacht, leise genug gesprochen zu haben, aber damit lag er offenbar falsch.

      »Dann ist es wohl das Beste, wenn du gleich damit anfängst«, gab Harrison zurück.

      Genau, Arschloch.

      Dennoch prickelte Harrisons Stimme, so wie immer, an Sashas Wirbelsäule hinunter. Schlag dir das aus dem Kopf. Du hasst ihn.

      Sasha hatte keine Zeit für so etwas. Er hatte einen Berg Erledigungen vor sich, für die er eine ganze Woche brauchen würde, aber dieses Tempo würde wohl kaum auf Gegenliebe stoßen. Zeit, sich an die Arbeit zu machen.

      Er ging zurück zum Wagen und stellte fest, dass seine Habseligkeiten, bis auf Lancelot in seiner Box, verschwunden waren. Lancelot wirkte verstört, aber Sasha wusste, dass es ihm besser gehen würde, wenn er ihn hochnahm und seinen Korb und seinen Fressnapf aufstellte, damit er etwas Vertrautes um sich hatte. Zumindest hoffte er das. Sasha hatte die Schreckensvision von einem winzigen, schwarzen Fellball, der durch die endlosen Flure von Kingsley Court geisterte. Er würde das arme Ding niemals wiederfinden.

      Er nahm die Katze und die leere Transportbox, dann ging er wieder hinein. Ein ernst dreinblickender Mann, wahrscheinlich Lanslow, wartete an der großen Treppe auf ihn.

      »Folgen Sie mir, Sir. Ihre Räume befinden sich oben.«

      »Räume?«

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