Wenn wir 1918 .... Walter Muller
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Auf derselben Zusammenkunft wurden fünf Delegierte für eine internationale Konferenz gewählt, die gestern zum ersten Mal tagte. Infolge der sich überstürzenden Ereignisse sah sich diese Konferenz vor völlig neue Aufgaben gestellt. Sie sollte ursprünglich die schwachen Fäden, die in Zimmerwald und Kienthal gesponnen wurden, fester knüpfen. Jetzt aber konnte sie sich bereits der Ausarbeitung von Richtlinien zur Sicherung der mittel- und osteuropäischen Revolution vor Anschlägen der Ententestaaten widmen. Besonders bemerkenswert sind die Ausführungen des französischen Delegierten, dessen Namen wir aus begreiflichen Gründen nicht veröffentlichen können. Er sagte: „Wir französischen Genossen begrüßen den Ausschluss der konterrevolutionären Führer. Wir befinden uns jetzt in derselben Lage wie ihr vor einem Jahre. Die Sicherheit der Revolution ist jetzt in höchstem Grade von unserer Haltung abhängig. Deshalb müssen wir einen Unterschied machen zwischen der Politik des Jahres 1914 und der des Jahres 1918. 1914 haben wir alle schwere Fehler gemacht. Die meisten von uns wurden vom chauvinistischen Taumel erfasst und schenkten den kapitalistischen Lügenmeldungen Glauben. Wir wären aber schlechte Marxisten, wenn wir unser Versagen 1914 nur einem Zufall zuschreiben würden. Schuld daran war die revisionistische Einstellung, die sich lange vor dem Kriege in fast allen sozialdemokratischen Parteien breit machte. Aber die Tat der russischen Genossen, die an den revolutionären Prinzipien festgehalten hatten, gab uns Gelegenheit, unseren Revisionismus zu revidieren. Was aber taten eure korrumpierten Führer? Sie bewilligten weiter Kriegskredite, obwohl von Landesverteidigung keine Rede mehr sein konnte und der Kampf im Osten ganz eindeutig gegen die russische Revolution und für die imperialistische Annektionspolitik geführt wurde. Sie haben zugesehen, wie die finnische Revolution mit Hilfe deutscher Truppen in Arbeiterblut ertränkt wurde. Dafür gibt es keine Entschuldigung. In diesem Augenblick musste selbst der verbohrtest Sozialpatriot den Kampf gegen den Krieg aufnehmen. Hättet ihr diese verräterischen Elemente nicht ausnahmslos ausgestoßen, — was sollten wir dann den französischen Proletariern sagen, wenn morgen unser Kapitalismus den Kampf gegen die deutsche Revolution aufnimmt? Wir sind überzeugt, dass die französischen Proletarier ihre Pflicht tun werden, sobald sie sehen, dass ihr Ernst macht mit der Revolution, dass ihr nicht nur das Firmenschild gewechselt habt, sondern den Klassenstaat wirklich beseitigen wollt."
Der Kongress stimmte der Rede des französischen Genossen begeistert zu und bestätigte den Beschluss des deutschen Geheimkongresses. Der Ausschluss der Kaisersozialisten ist damit von der Internationale bestätigt worden. Wir haben keine Gemeinschaft mehr mit Opportunisten und Renegaten.
An die Arbeiter und Bauern in Polen, Lettland, Litauen, Weißrussland, Rumänien, Bessarabien, in der Ukraine am Don, in der Krim und im Kaukasus
Unterdrückte aller Nationen!
Schwer lastete auf euch das Joch des Zarismus. Dann wurde die Knute abgelöst von den Bajonetten des deutschen Kaisers. Jetzt endlich hat die Stunde eurer Befreiung geschlagen.
Die deutsche Revolution reicht euch die Bruderhand. Zusammen mit euch und mit den revolutionären Arbeitern und Bauern Sowjetrusslands wollen wir den Bund der sozialistischen Rätestaaten errichten.
Der Sieg der sozialen Revolution ist die Vorbedingung eurer nationalen Befreiung.
Reiht euch ein in die revolutionäre Front! Besetzt die Fabriken! Jagt die Gutsherren zum Teufel!
Wählt Arbeiter- und Bauernräte!
Bildet rote Kampfformationen! Die Soldatenräte der roten Ostarmee werden euch mit Waffen versehen. Wir haben sie aufgefordert, sich den örtlichen revolutionären Vollzugsorganen der Arbeiter und Bauern zur Verfügung zu stellen. Brecht mit der Vergangenheit! Begrabt den nationalen Hader, der vom Zarismus künstlich genährt wurde, um euch alle um so bequemer unterdrücken zu können! Hoch die Freiheit der Nationen! Hoch die internationale sozialistische Revolution!
Vorwärts - 12. November 1918
Waffenstillstand
Endlich hat das sinnlose Morden ein Ende. Die Waffenstillstandsbedingungen sind hart, aber wir mussten sie annehmen. Die Proletarier hören auf, sich gegenseitig niederzumetzeln. Die Fronten haben sich geändert. Sie gehen nicht mehr an der Somme und an der Maas entlang, sie gehen quer durch alle Länder. Auf der einen Seite die Bourgeoisie, auf der andern das Proletariat. „Sozialismus" ist unser, „Kapitalismus" der anderen Feldgeschrei. Aber sie schreien es nicht laut, die da drüben, sie möchten überhaupt nicht mehr laut werden lassen, dass sie Kapitalisten sind. Sie schreien: „Demokratie", wenn sie Kapitalismus meinen, und „Nationalversammlung", wenn sie an Profitwirtschaft denken. Sie sind ja auf einmal so sozial geworden, unsere Herren Kapitalisten. Sie sind ja mit dem Munde so sozialistisch geworden, dass wir uns dagegen fast wie Waisenknaben vorkommen. Aber wir wissen, was dahintersteckt. Wir wissen, was es auf sich hat, wenn sich die Wölfe plötzlich ein Schafsfell umhängen. Und wir müssten tatsächlich Schafsköpfe sein, wenn wir darauf hereinfallen würden.
Waffenstillstand??
Ja, die Feinde von gestern haben uns die Waffenruhe zugestanden, wenn auch unter sehr harten, unter furchtbaren Bedingungen. Aber die Gegner von heute, unsere Herrscher von gestern, haben uns den Krieg erklärt. Eine Geheimkonferenz in Villa Hügel hat sich mit dem Beschluss des Rates der Volksbeauftragten über die Sozialisierung der Großindustrie befasst. Die Stinnes, Thyssen, Klöckner und Konsorten haben beschlossen, eine Kommission nach Paris zu schicken. Diese Kommission, die bereits in der Schweiz ist, hat den Auftrag, das interalliierte Hauptquartier zu ersuchen, nicht am Rhein Halt zu machen, wie im Waffenstillstandsabkommen vorgesehen, sondern auch das Ruhrgebiet, wenn nicht ganz Deutschland zu besetzen. Der Rat der Volksbeauftragten hat gegen die Beteiligten sofort Haftbefehl erlassen.
Ob die Alliierten dumm genug sein werden, dem Wunsche der deutschen Großkapitalisten Folge zu leisten? Glauben sie, ihre Truppen fest genug in der Hand zu haben, um sie im Falle eines Einmarsches der dauernden revolutionären Infizierung aussetzen zu können? Ludendorff und General Hoffmann haben es in Russland gewagt und zunächst recht behalten. Aber trotz einer gewissen Analogie liegen die Dinge heute ganz anders. Der deutsche Soldat ging damals vor, im Glauben Brot für das hungernde Deutschland zu beschaffen. Die Westmächte weigerten sich, an den Friedensverhandlungen teilzunehmen. Der Krieg ging weiter. Jetzt aber ist der Krieg zu Ende. England und Frankreich sind nicht mehr bedroht. Die Macht des deutschen Militarismus ist gebrochen. Der Kaiser nach Holland geflohen. Die Revolution ist nicht mehr auf ein Land beschränkt, sondern hat halb Asien und Europa erfasst. Werden sich unter diesen Umständen die französischen und englischen Genossen willenlos dem Diktat ihrer Regierungen beugen?
Waffenstillstand??
Vorläufig ja. Der imperialistische Krieg ist zu Ende. Aber der Krieg gegen die sozialistische Revolution wird fortgesetzt werden. Wir müssen uns rüsten zur bewaffneten Verteidigung der Revolution. Die Erfahrung in Russland hat gelehrt, dass die alten Kampfverbände für den revolutionären Kampf in der Regel ungeeignet sind. Das revolutionäre Kriegskomitee hat deshalb beschlossen, bei jeder Ersatzformation im rechtsrheinischen Gebiet eine freiwillige rote Formation und ein rotes Rekrutendepot ins Leben zu rufen. Alle in die Heimat zurückkehrenden Kameraden sollen sich selbst entscheiden, ob sie zum Zweck der Demobilmachung zum Ersatztruppenteil gehen oder in das aktive rote Regiment eintreten wollen. Alle Regimenter, die im Osten stehen, werden in rote Regimenter umgewandelt. Alle Kameraden, die in diesen Regimentern stehen, sind verpflichtet, bis zum 31.Dezember auszuhalten. Vom 1. Januar 1919 ab können sie die Entlassung in die Heimat beantragen und werden durch rote Freiwillige