Wenn wir 1918 .... Walter Muller
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Waffenstillstand:
Vier Jahre lang wurden täglich Hunderte und Tausende von Menschen geschlachtet. Vier Jahre Dreck, Not, Hunger, Verzweiflung. Vier Jahre Schlamm, Gas, Maschinengewehre, Drahtverhau, Läuse und Ratten. Vier Jahre Fliegerbomben, zerstückelte Menschenleiber, brennende Städte, vernichtete Dörfer, krepierende Pferde. Vier Jahre schwärende Wunden, eitrige leere Augenhöhlen, verspritztes Gehirn, unbegrabene Leichen. Gab es jemals vier Jahre, die so lang waren wie diese? So angefüllt mit Mutterleid und Kindesweh? So durchtränkt mit Blut? Sind jemals solche Ströme von Tränen geflossen? Schrie jemals die entstellte, aufgewühlte Erde so zum Himmel? Gab es jemals Wälder, die so aussahen wie die in der Champagne und in den Argonnen? Gab es jemals so gedrückte, verschmutzte, zerschundene und entmenschte Wesen wie an der Somme, vor Verdun? Schnitten schon einmal die Sägen der Chirurgen so andauernd in Menschenfleisch und Menschenknochen? Haben sich jemals die abgesägten Arme und Beine so zu Bergen gehäuft wie in diesen vier Jahren? Gab es das schon einmal, dass Menschen, vor fünf Minuten noch kerngesund, ihre gaszerfetzte Lunge in Stücken ausspieen? Vier Jahre verschüttete Unterstände, erstickende und verbrennende Menschen, Verwundete zwischen den Drahtverhauen, fünf Meter vom Kameraden entfernt und doch hilflos verdurstend, hungernd, schmerzgepeinigt, von Ratten lebendig angefressen. Vier Jahre gefangene Menschen, hinter Stacheldraht, fern von Weib und Kind, getreten und geprügelt, am Hungertyphus krepierend. Vier Jahre Hunger und Elend in der Heimat, rachitische Kinder, ausgemergelte Frauen in den Gasfabriken und an den Drehbänken. Und wofür das alles, wofür? Soll es umsonst gewesen sein?
Es ist nicht umsonst gewesen, wenn wir jetzt unsere Pflicht tun und die Opfer auf uns nehmen, die der Befreiungskampf der Menschheit von uns verlangt. Niemals gab es so günstige Möglichkeiten für die Erhebung des Proletariats wie jetzt. Sie sind teuer bezahlt worden, diese Möglichkeiten, sehr teuer. Und sie sind vergeblich bezahlt worden, wenn wir sie nicht restlos ausnutzen. Wir haben den Kaufpreis vergeblich bezahlt, 10 Millionen Menschen kamen sinnlos um, wenn wir den Weg jetzt nicht zu Ende gehen. Was ist zu tun? Wir werden versuchen, Frieden mit den Westmächten zu schließen. Wir werden dem französischen Volke beim Wiederaufbau der zerstörten Gebiete helfen. Wir werden vielleicht noch weitere Lasten auf uns nehmen
müssen. Aber wir werden nicht aufhören, unseren französischen und englischen Genossen zuzurufen: Folgt unserm Beispiel!
Wir werden niemals, auch nicht unter dem Druck von Waffengewalt, den Kampf für den Sozialismus aufgeben. Wir werden niemals unser Einverständnis dazu geben, dass Mittel- und Osteuropa zerstückelt und in kleinen Teilen für den Kapitalismus zurückerobert wird. Wir werden niemals den Kampf für den sozialistischen Weltbund aufgeben, und wenn wir uns unter dem Druck der kapitalistischen Armeen bis hinter den Ural zurückziehen müssten. Wir sind bereit, für den Frieden Opfer zu bringen, aber wir sind nicht bereit, der kapitalistischen Profitgier oder unserem Ruhebedürfnis die Zukunft der Menschheit zu opfern. Am Tage des Waffenstillstandes schwören wir den zehn Millionen Toten: „Ihr sollt nicht umsonst gefallen sein. Auf der mit eurem Blut gedüngten Erde soll eine neue, bessere Welt erstehen."
Verordnung
Die neu gebildeten Arbeiterwehren sind aus den Beständen der Militärarsenale sofort mit Waffen und Munition zu versehen. Jeder Anforderung von Ausbildungspersonal muss von den Ersatztruppenteilen sofort entsprochen werden.
Das revolutionäre Kriegskomitee
Letzte Telegramme
Halbinsel Krim Umsturz vollzogen. In Odessa Macht an Stadtsowjet übergeben. Französische Flotte im Anmarsch.
Oberster Soldatenrat Südostfront
Weiße Regierung gestürzt. Kiew und Charkow in der Gewalt der Sowjets.
Deutscher Zentralsoldatenrat in der Ukraine
Vorwärts - 16. November 1918
Lenin kommt nach Berlin
Lenin, der große Führer der russischen Revolution, ist vom Deutschen Rat der Volksbeauftragten befragt worden, ob er bereit sei, vorläufig die Leitung der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa zu übernehmen. Heute ist folgendes Antworttelegramm eingelaufen:
Einverstanden. Komme am 28. November. Beruft Vertreter sämtlicher zukünftiger Bundesstaaten und sozialistische Gäste aus anderen Staaten nach Berlin. Nehmt Fühlung mit tschechischen Sozialisten, damit tschechische Legionäre Kampf gegen Revolution einstellen. Heimtransport erfolgt sofort, wenn weiße Führer abgesetzt. Begrüße eure Erfolge. Mit Unterstützung deutscher Truppen halten in Finnland, Litauen, Lettland, Weißrussland, Ukraine und Krim Sowjets Macht überall fest in Händen. In Finnland noch Kämpfe mit Weißgardisten. Bessarabien Räterepublik. Deutsche Soldaten und rote Partisanen bekämpfen erfolgreich rumänische Besatzungstruppen. Einige rumänische Regimenter meuterten. In Bukarest von Sozialisten und deutschen Soldaten Räteregierung proklamiert. Weiße rumänische Regimenter marschieren gegen Bukarest. Rote Offensive an Uralfront und Nordfront (gegen Archangelsk und Murmansk) begonnen. Eilsendet Truppen, Panzerzüge und Flugzeuggeschwader nach Bukarest, Pensa, Kasan und Petrograd. Angriff französischer Landungstruppen auf Odessa abgeschlagen.
Lenin
Vorwärts - 18. November 1918
Offiziersrevolte in Schweden?
Schon seit längerer Zeit waren kapitalistische und militaristische Kreise in Schweden bestrebt, Stimmung für eine Intervention in Finnland zu machen. Nach Niederwerfung der finnischen Revolution durch die kaiserlichen deutschen Truppen gelang es der schwedischen Regierung, diese Bewegung im Zaum zu halten. Nachdem sich nun die deutschen Truppen in Finnland auf die Seite der Revolution gestellt und Mannerheim entscheidend geschlagen haben, gewinnt die interventionistische Bewegung wieder an Boden. Die jetzige Regierung will sich nicht zu diesem Schurkenstreich hergeben. Die Offiziersverschwörer planen deshalb, die Regierung mit Waffengewalt zu stürzen und in Finnland einzuziehen, um gemeinsam mit der weißen Regierung Finnlands die Revolution niederzuwerfen. Die Sozialdemokratische Partei Schwedens hat beschlossen, den Kampf gegen die Interventionisten aufzunehmen und zwei Delegierte zum Alleuropäischen Kongress nach Berlin zu entsenden.
Ultimatum der Westmächte
Vom Interalliierten Hauptquartier ist folgendes Ultimatum eingegangen.
An den Rat der Volksbeauftragten
Es ist bisher kein Schiff der deutschen Flotte abgeliefert worden. Deutsche Truppen beteiligen sich am Kampf gegen die französischen Landungstruppen in Odessa. Deutsche Truppen haben in Polen, im Baltikum, in der Ukraine, in Rumänien und in den unbesetzten Teilen von Bulgarien die Räterepublik ausgerufen. Mitglieder der interalliierten Militärkommission sind bei ihrer Ankunft auf dem Warschauer
Flugplatz von deutschen Soldaten, angeblich im Auftrage des Warschauer Arbeiterrates, verhaftet worden. Das alles verstößt gegen die Waffenstillstandsbedingungen. Wir fordern: Sofortige Ablieferung der deutschen Flotte. Einstellung aller Kampfhandlungen in Russland und in den Randstaaten. Keine Einmischung in die' osteuropäischen Verhältnisse. Unterstellung aller deutschen Osttruppen unter das Kommando der interalliierten Militärkommission. Wenn diese Forderungen nicht innerhalb 24 Stunden erfüllt werden, wird der Kampf gegen die deutsche Westarmee wieder aufgenommen. gez. Foch
Die Pläne der Alliierten
Über die Schweiz erhielten wir wichtige Nachricht von französischen Genossen. Vom Interalliierten Hauptquartier werden folgende Pläne erwogen. Finnland mit Karelien soll ein selbständiger Staat,