Herausforderungen der Wirtschaftspolitik. Dirk Linowski
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Gero von Randow: Das Ziegenproblem: Denken in Wahrscheinlichkeiten, Rororo, 2004.
Walter Krämer: So lügt man mit Statistik, Campus, 2015.
Walter Krämer: Statistik verstehen, Piper, 2001.
Hans-Peter Beck-Bornholdt und Hans-Hermann Dubben: Der Schein der Weisen. Irrtümer und Fehlurteile im täglichen Denken, Rororo, 2003.
Hans-Peter Beck-Bornholdt und Hans-Hermann Dubben: Der Hund der Eier legt. Erkennen von Fehlinformationen durch Querdenken, Rororo, 2006.
Übung 2.1: Nehmen Sie an, dass Sie sich nach dem im Exkurs besprochenen Test einem unabhängigen zweiten Test gleicher Qualität unterziehen und dass das Testresultat wiederum positiv lautet. Wie hoch ist nun die Wahrscheinlichkeit, dass Sie infiziert sind?
Übung 2.2: Machen Sie sich die Zu- und Abgänge im demografischen Sinne in Ihrer kreisfreien Stadt bzw. in dem Landkreis, in dem Sie leben, vom Jahre 1989 bis heute klar. Analysieren Sie den Einfluss von Binnenmigration, AußenmigrationAußenmigration sowie den Saldo von Geburten und Todesfällen der einheimischen Bevölkerung auf die Gesamtentwicklung.
Versuchen Sie, die Sozialstruktur Ihrer Stadt bzw. Ihres Landkreises in den Stichjahren 2000, 2010 und 2020 zu vergleichen.
Machen Sie sich die methodischen Probleme klar, wenn Sie an die Erfüllung dieser Aufgaben gehen, und beschreiben Sie diese präzise. Beschreiben Sie, wie Sie mit diesen Abgrenzungsproblemen umgehen.
Übung 2.3: Aggregiert nach Kontinenten vermeldet Statista für das Jahr 2019 Fertilitätsraten für Europa von 1,5 Kindern, für Nordamerika von 1,7 Kindern, für Asien 2,1 Kinder, für Australien und Ozeanien 2,3 Kinder und für Afrika von 4,5 Kinder pro Frau. (Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1724/umfrage/weltweite-fertilitaetsrate-nach-kontinenten/)
Überlegen Sie sich, wie Statista diese Durchschnittswerte ermittelt haben könnte.
Übung 2.4: Es gibt Schätzungen, dass um das Jahr 10000 v.u.Z. etwa 10 Millionen Menschen auf der Erde lebten. Wie hoch war die durchschnittliche Zuwachsrate pro Jahr, wenn Sie annehmen, dass im Jahr 2020 8 Mrd. Menschen auf der Erde lebten?
3 Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
Im Verlauf der Corona-Epidemie im Jahr 2020 hat sich das deutsche Gesundheitssystem im Vergleich zu fast allen seinen Pendants in Europa und Nordamerika als leistungsfähig erwiesen. Ob und inwieweit diese Aussage verallgemeinert werden kann, d.h. wie der Vergleich zur Seuchenbekämpfung in den ostasiatischen Staaten Thailand, Vietnam, Japan, Taiwan und China aber auch zu Australien und Neuseeland langfristig ausgefallen sein wird, dürfte aber kaum vor Mitte der 2020er Jahre beantwortet werden können.
Die relative Stärke des deutschen Gesundheitssystems war vor allem der Tatsache zuzuschreiben, dass es über Reserven – und damit sind nicht nur Notfallbetten gemeint – verfügte. Selbst für eine vorsichtige und temporäre Gesamtbewertung ist dies allerdings deutlich zu wenig.
Die Grundprinzipien unseres Sozialstaats wurden zwar mit Hinblick auf gesundheitliche Krisen und Epidemien entwickelt, ihre Einführung und Durchsetzung liegt aber bei allen Anpassungen ca. 150 Jahre zurück. Die (historisch neue) Alterung der Bevölkerung Deutschlands wird quasi-deterministisch Auswirkungen auf unsere sozialen Sicherungssysteme haben müssen. Einer geringer werdenden Anzahl von Menschen im Arbeitsalter steht – zumindest für eine Transitionsperiode, die mindestens eine Generation andauern wird – eine größer werdende Anzahl von Menschen gegenüber, die nicht in Beschäftigungsverhältnissen stehen (wobei deren überwiegender Teil das Arbeitsleben bereits hinter sich gelassen hat). Dies betrifft ebenso die „Einwanderung“ in die deutschen Sozialversicherungssysteme, was insgesamt kurz- und mittelfristig die Gesamtbudgetverteilung der deutschen Volkswirtschaft in Richtung Konsumption zulasten von Investitionen verschieben wird.
In Deutschland wird eine rege Debatte darüber geführt, ob und wie die Lebensarbeitszeit gestreckt bzw. verlängert werden kann und wie zukünftige Arbeits- und Lebensmodelle aussehen können. Tatsächlich ist Europa aber weit entfernt von einer auch nur näherungsweisen Konvergenz der Lebensarbeitszeit, die in direkter Beziehung zum Rentenbezug steht. So betrug im Jahr 2018 die durchschnittliche Lebensarbeit in Deutschland 38,4 Jahre (Männer arbeiteten im Durchschnitt ca. 4 Jahre länger als Frauen); in Schweden lag der Durchschnittswert bei 41,7 und in Italien bei 31,6 Jahren. Hauptursachen für die unterschiedlichen Lebensarbeitszeiten sind das nicht einheitliche Renteneintrittsalter und die Ausprägung der JugendarbeitslosigkeitJugendarbeitslosigkeit. Auch wenn die Definition eines gemeinsamen EU-Renteneintrittsalters aus zahlreichen Gründen problematisch ist, wäre diese ein sinnvoller erster Schritt zu einer weitergehenden Harmonisierung. Es wird sonst im besten Fall eine politische Herausforderung bleiben, die Bevölkerungen von Ländern mit hoher Lebensarbeitszeit im gegebenen Fall zu überzeugen, sich solidarisch mit Bevölkerungen mit geringerem Renteneintrittsalter bzw. kürzerer Lebensarbeitszeit zu zeigen.
3.1 Kranken- und Pflegeversicherung
Bei der heutigen Organisation des Gesundheitswesens in Deutschland wird ein Anstieg der Gesundheitskosten mit zunehmender Alterung der Bevölkerung nicht aufzuhalten sein, es sei denn, es werden drastische Leistungseinschränkungen in der Grundsicherung in Betracht gezogen. Die GesundheitsausgabenGesundheitsausgaben ohne Arzneimittelausgaben für einen 60-jährigen waren im Jahre 2016 etwa 2,8-mal und die eines 80-jährigen etwa 5,7-mal so hoch wie für einen 30-jährigen; qualitativ ähnliche Relationen existieren bei Arzneimittelausgaben. Ihr längeres Leben, Schwangerschaften und Geburten erklären intuitiv, dass (wenn auch nicht in welchem Maße) bei Frauen höhere Kosten vorliegen als bei Männern.[34]
Interessant ist jedenfalls immer zu wissen, wer untersucht hat sowie was und wie untersucht wurde. Die bereits gestellte Frage „Cui bono?“ führt dabei nicht immer zu einer Antwort, aber oft in die richtige Richtung. Das Gesundheitswesen absorbierte im Jahr 2018 ca. 11,2% des BIPBIPs der Bundesrepublik Deutschland.[35] Es sind dabei nicht nur die Alterung, sondern ebenso die Lebensbedingungen und Eigenheiten unseres Gesundheitssystems, die die Kosten nach oben treiben. Um profitabel zu sein, brauchen Krankenhäuser wie Arztpraxen Kranke und keine Gesunden: Es ist somit nicht überraschend, dass die Behandlungshäufigkeit besonders dort hoch ist, wo sich viele Ärzte befinden.
Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind die privaten Krankenversicherungen (deren Gründung auch als Ausdruck einer früheren EntsolidarisierungEntsolidarisierung der Gesellschaft betrachtet werden kann), deren zukünftige Existenz mittelfristig durchaus in Frage steht.
Wie bereits gesehen werden Statistiken oft benutzt, um Zusammenhänge darzustellen. Ein Nachweis von Kausalität, d.h. das Nachweisen eines eindeutigen Ursache-Wirkungszusammenhanges, ist in den Sozialwissenschaften indes zumeist sehr schwierig (wenn nicht gar unmöglich).
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