Blut für Gold. Billy Remie
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1.Prolog
Er wünschte, er könnte etwas ändern. Irgendetwas, das mehr Frohsinn zurück in die Augen seiner Brüder brächte. Aber was hätte das am Ende schon viel genützt.
Es war weit nach Mitternacht und wie jeden Abend blieb ihr Vater dem Heim fern. Vermutlich würde er erst gegen Morgen eintreffen, völlig ausgelaugt und überarbeitet würde er leise herein schleichen und den Zylinder und den schweren Mantel mit einem Seufzen an die Garderobe hängen, um sich anschließend von Magda, ihrer Haushälterin, ein Glas Brandy an den prasselnden Kamin bringen zu lassen. So wie jeden Tag.
»Geht ins Bett«, trug Darcar seinen zwei jüngeren Brüdern auf, die in ihrer Stube im zweiten Stock aus dem Fenster und auf das im Garten liegende schwarze Tor starrten, darauf hoffend, dass die Kutsche ihres Vaters mit hellem Hufklackern vorfahren würde.
»Aber wir wollen Vater noch sehen!«, beklagte sich Veland, der ihren jüngsten Bruder Everett auf dem Arm trug. Im Halbdunkel wurden sein haselnussbraunes Haar und die goldschimmernden Augen nur von einer einzigen Kerze sanft angestrahlt, sodass ihn die dunklen Schatten noch jünger aussehen ließen. Am heutigen Tage war er neun Jahre alt geworden, es hatte Kuchen zum Frühstück gegeben und der Unterricht war ausgefallen, ihr Vater war sogar eine Stunde später zu seinem Geschäftsbüro aufgebrochen, das im Bahnhofsviertel lag. Doch wie es schien, kam er deshalb drei Stunden später als sonst zurück.
»Es ist spät, morgen früh hast du Unterricht«, blieb Darcar hart und nahm ihm Evi aus den Armen. »Keine Widerworte, begib dich ins Bett, oder muss erst Magda hochkommen und dir mit dem Rohrstock den Arsch versohlen?«
Das war eine leere Drohung, die jedoch stets fruchtete. Magda hatte immer damit gedroht, ihnen die Hintern zu versohlen oder die Ohren lang zu ziehen, wenn sie nicht gehorchten, aber sie hatte es nie getan, selbst nicht, als Darcar mit dem ersten blauen Auge nach Hause gekommen war, nachdem er einige Jungen in der Nachbarschaft lehren musste, was es bedeutete, sich über ihn lustig zu machen oder einen seiner Brüder zu schubsen. Tatsächlich hatten sie ihn gelehrt, dass er nicht so stark und geschickt war, wie er geglaubt hatte, was ihn jedoch nur verbissener hatte werden lassen.
Seine Mutter war außer sich gewesen, mögen die Götter ihrer gnädig sein, denn heute konnte sie nicht mehr schimpfen, sie starb vor einigen Wintern an der Seuche, mit einem vierten Kind im Bauch.
Eilig krabbelte Veland ins Bett, Darcar legte Evi in seinem eigenen schlafen. Es gab ein Kinderbett, aber sein kleiner Bruder schlief allein nicht durch, weshalb Darcar ihn immer heimlich bei sich liegen ließ. Sie teilten sich zu dritt ein Zimmer, das Haus war nur ein Stadtheim ihres Vaters, das er früher nur für Treffen mit Geschäftsleuten nutzen wollte. Es hatte zweckmäßig nur zwei Gemächer. In ihrem echten Haus, auf dem Südhügel der Stadt, gab es Platz für zehn Kinder, aber dort lebte nun ihre Stiefmutter. Allein mit ihren zahlreichen Dienstmägden.
»Du musst auch schlafen!«, rief Veland empört, als Darcar mit der Kerze in der Hand zur Tür ging.
»Ich gehe schlafen, wann ich will, ich bin älter als du«, zischte Darcar zurück. Er war gereizt, und das Genörgel seines Bruders nervte ihn heute gewaltig, denn er sorgte sich allmählich auch um ihren Vater. Das wollte er seinen Brüdern natürlich nicht zeigen.
»Deshalb muss ich noch lange nicht auf dich hören, ich will Vater gute Nacht sagen!«, schmetterte Veland zurück.
Darcar funkelte ihn mit kalten, braunen Augen an, woraufhin Veland zusammenschrumpfte und sich die Decke bis unter die Nasenspitze zog. Seinen trotzigen Ausbruch bereute er sofort.
»Doch, du musst auf mich hören! Solange Vater nicht hier ist, bestimme ich! Und jetzt Ruhe, V! Du bist jetzt neun Jahre alt, sei ein Vorbild für Evi!«
Es schimmerte in den Augen seines Bruders, und Darcar fühlte sich augenblicklich schuldig. Veland war das genaue Gegenteil von ihm. Ein leicht verletzliches Pflänzchen, hatte ihre Mutter immer gesagt und ihm den Kopf gestreichelt. Und sie hatte recht.
Versöhnlicher fügte Darcar hinzu: »Wenn du jetzt schläfst, siehst du Vater morgen früh ganz bald wieder. Außerdem komme ich auch gleich. Hier, ich lasse euch die Kerze da, aber schlaft jetzt, versprochen?«
Darcar stellte die Kerze wieder neben Veland ab, der nur noch eingeschüchtert nickte. Der Drang, ihn tröstend zu berühren, war beinahe übermächtig. Also beugte Darcar sich hinab und strich seinem Bruder über den Kopf. »Sei brav, in Ordnung? Du musst für mich auf Evi aufpassen.«
Veland lüftete sein halbverstecktes Gesicht und nickte schüchtern. Er hob ihm den Mund entgegen, und Darcar gab ihm einen leisen, hauchzarten Schmatzer darauf, wie er es immer tat.
Dann ging er, nachdem er seinem Bruder ein letztes Mal das seidene Haar verwuschelt hatte.
Als Darcar die knarrende Treppe hinabschlich, hörte er unten aus der Küche die leise Stimme seines Vaters, der sich mit Magda unterhielt. Einen Moment blieb Darcar auf der Treppe stehen und lauschte. Warmes Licht von Feuern und Laternen schien in die Diele hinein und zwei lange Schatten waren auf die Wand neben der Tür gezeichnet, wie zwei unheilvolldrohende Omen.
Seltsam, er hatte überhaupt nicht gehört, dass sein alter Herr nach Hause gekommen war.
Das Geflüster klang besorgt, sein Vater ermattet, und immer wieder hörte er einen gedämpften Laut vor Schreck, den er nur von Magda kannte, wenn ihr jemand berichtete, dass ein Bekannter von ihr gestorben war. Den gleichen Laut hatte sie ausgestoßen, als der Arzt verkündet hatte, dass Darcars Mutter nicht wieder gesunden würde.
Darcar hatte schon seit Wochen ein seltsames Gefühl in der Magengegend, eine Vorahnung, die ihm Übelkeit bereitete. Er kannte seinen Vater, dieser war mit jeder Schwierigkeit und jeder Überstunde lächelnd fertig geworden, doch in letzter Zeit war es anders. Seit der Heirat mit dieser Schnepfe, wurde Darcars Vater von Tag zu Tag besorgter, regelrecht ängstlich, sah sich immer über die Schulter und tastete oft nach seinem Colt, den er in einem Halfter unter der Jacke trug.
So kannte man ihn nicht, Baernulf van Brick war ein Mann, der nie verzagte und immer eine Lösung fand, ganz gleich ob sein riesiges Bahnunternehmen, das seine Vorväter reich und groß gemacht hatte, kurz vor dem Bankrott stand, oder ob seine Frau im Sterbebett lag, er war nie verzweifelt gewesen, hatte den Kopf immer oben getragen und war seinen Söhnen nicht nur Vorbild, sondern auch mentale Stütze, in allen Lebenslagen. Der Fels in der Brandung. Darcar respektierte diesen Mann mehr, als er je ausdrücken könnte, und sah, seit er denken konnte, zu ihm auf. Und er wusste, wenn sein Vater verzweifelte, gab es einen echten Grund zur Sorge.
Darcar war nun alt genug, zu spüren, wenn etwas Bedrohliches ins Haus stand, doch konnte er sich beim besten Willen nicht zusammenreimen, was es war. Er fühlte lediglich, wie über seiner Familie ein Richtbeil schwang, das nur darauf wartete, ihnen die Köpfe abzuschlagen.
Leise ging er nach unten, sparte die lockere Stufe aus, die ihn mit einem Knarren verraten hätte, und spitzte ein Ohr, während er die Kerze ausblies, damit sie ihn nicht kommen sahen. Er stellte sie auf einem Bord in der Diele ab.
Im Wohnzimmer prasselte bereits das Kaminfeuer, das flackernde Licht fiel ihm in den Rücken, und unter der Haustür kroch der eiskalte Wind von der Straße ins Haus. All das nahm er gar nicht wahr, er hörte nur angestrengt zu.
»Es