Blut für Gold. Billy Remie

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Darcar beobachtete seinen Rücken, er trug noch den schweren Wollmantel und schob gerade den Zylinder über den Tisch. An seiner Hüfte blitzte der Elfenbeingriff des Colts im Licht.

      »Aber es ist doch nicht Euer Verschulden, Herr! Ihr habt Euch doch ausdrücklich bei der Versammlung gegen das Roden ausgesprochen!«

      Magda drehte sich mit einem Tablett, auf dem eine Flasche Brandy und ein paar Gläser standen, zum Tisch um, sodass Darcar sich ein Stück in die Schatten zurückziehen musste.

      »Mein Wort hat keinerlei Gewicht mehr«, seufzte sein Vater schwer, und Darcar beschlich ein Gefühl, als würde es im Haus plötzlich ganz furchtbar ziehen. »Um genau zu sein, hat mir meine ehrliche Meinung diesen Schlamassel erst eingebrockt. Man will mich beseitigen, weil ich ihnen nicht den Rücken deckte. Sie brauchen jetzt vor allem einen Sündenbock, und Kenneth will mich loswerden. Sie werden uns einen Strick aus dieser Sache drehen, das sagt mir mein Bauchgefühl.«

      Ein Stuhl wurde zurückgezogen, Stoff raschelte, als Magda ihre Schürze über den Röcken raffte und sich setzte. »Was sollen wir tun, Herr? Wollt Ihr packen und eine Weile aufs Land, bis die Lage sich beruhigt hat?«

      »Ich weiß es nicht, aber ich denke nicht, dass Weglaufen eine Lösung ist.« Ein Glas klirrte leise, Brandy wurde eingeschenkt. »Fakt ist, jemand wird dafür büßen, und es gibt eine Menge Leute da draußen, die mir nachtrachten. Sie wollen meine Dynastie stürzen. Es ging nie um den Wald, er war nur Mittel zum Zweck, um ein Verbrechen zu begehen, das man mir anhängen wird.«

      Der Wald? Es gab viele Wälder jenseits der Stadt, es gab Sümpfe, Berge, Täler und Bauernhöfe zu Hauf in dieser Welt, trotzdem wusste Darcar ganz genau, von welchem Wald sein Vater sprach.

      Seit Monaten redete die Stadt von nichts anderem, die Kaufherren und Krämer hatten beantrag, die Bahngleise nach Süden zu verlegen, um die Handelsstrecke zu verkürzen, auf diese Weise würden ihre Waggons voller Waren erheblich früher in der Stadt eintreffen, sie müssten nicht auf die Schiffe aus dem südlichen Königreich warten. Doch der Wald gehörte zu einem Hain oder Ähnlichem, den die Heiden des Bergbauvolkes besuchten. Eine heilige Stätte, die zu stören oder gar abzuholzen bedeutet hätte, Krieg mit den Heiden anzufangen. Der Rat dieser Stadt hatte deshalb entschieden, das Gesuch der Kaufleute abzulehnen, nachdem Darcars Vater sich ebenfalls dagegen ausgesprochen hatte. Natürlich waren viele wohlhabende und einflussreiche Männer dieser Stadt darüber nicht erfreut gewesen.

      In Phillin Burgh regierte das Geld und der Gewinn, auf Kosten der Moral und der Menschlichkeit. Das hatte seine Mutter einst gesagt, Darcar hatte es nicht vergessen, und jetzt fiel ihm die Bedeutung dieser Worte wie Schuppen von den Augen.

      Jemand hatte den Wald zerstört, um es seinem Vater anzuhängen. Zwei Fliegen auf einen Streich.

      Aber wieso? Was sollten sie davon haben? Warum sollte jemand seinem Vater etwas Böses wollen, ihm gehörte die Bahngesellschaft! Sie brauchten ihn, um die Gleise zu verlegen! Das ergab doch alles keinen Sinn.

      »Der Rat wird wissen, dass nicht Ihr daran schuld wart«, versuchte Magda, Darcars Vater zu beruhigen.

      Aber dieser war sich dessen weniger sicher. »Der Rat wird eine Untersuchung einleiten und nur wissen, dass Kenneth mein Stellvertreter ist. Er braucht nur zu behaupten, dass ich ihm den Auftrag gab, und er wird sich auf das Recht der Straffreiheit beziehen, weil er auf Wunsch seines Vorgesetzten handelte. Er wird behaupten, ich hätte ihn mit vorgehaltener Waffe gezwungen, den Wald roden zu lassen. Oder sie kaufen sich ein paar Leute im Rat, ich…«

      »Vater?« Darcar hielt es nicht mehr im Schatten aus und trat in den Lichtschein.

      Erschrocken fuhren die Erwachsenen am Tisch herum, das Gesicht seines Vaters war eine grauenhafte Maske aus müdem und fahlem Fleisch. Er sah älter aus, obwohl Darcar ihn doch erst am Morgen gesehen hatte.

      »Darc, warum bist du noch auf?« Leichter Tadel klang in der Stimme seines Vaters mit, aber kein echter Zorn.

      »Ich habe auf dich warten wollen«, erklärte Darcar und trat mit besorgter Miene an den Tisch. »Was ist geschehen?«, fragte er, seine Augen zuckten von Magda zu seinem Vater, immer hin und her.

      Ein matter Seufzer entkam seinem Vater, als er ihm bedeutete, sich zu setzen. »Komm, Junge, trink was mit deinem alten Herrn.« Er fuhr sich mit der Hand über das braune, schüttere Haar.

      Magda stand auf, als wollte sie ihnen Privatsphäre geben, drehte sich jedoch nur zum Herd um, wo sie Spülwasser in einem Topf erhitzte.

      »Was ist los?«, drängte Darcar seinen Vater, als er sich zu ihm setzte.

      »Ach …« Dieser schüttelte den Kopf, während er seinem Sohn ein Glas Brandy eingoss. »Nichts, nur langweilige Politik. Hier, trink.«

      Er schob ihm das Glas unter die Nase, Darcar starrte in die braune Flüssigkeit, ihr Geruch brannte auf seinen Schleimhäuten. »Du hast gesagt, ich bin zu jung, zum Trinken.«

      »Habe ich?« Er kippte den Inhalt seines Glases in einem Zug hinunter und lächelte Darcar anschließend warm an. »Nun, heute nicht. Ein Glas erlaube ich dir. Den ersten Schluck Brandy sollte man immer mit dem Vater trinken.«

      Darcar umfasste mit ungutem Gefühl das Glas, hob es aber nicht zum Mund. »Etwas Schlimmes wird passieren, oder? Was ist mit dem Wald? Ich habe dich darüber mit Magda sprechen hören.«

      »Habe ich dir nicht gesagt, du sollst nicht lauschen?«, konterte sein Vater ein wenig säuerlich.

      Darcar sah zu, wie er sich ein drittes Glas einschenkte. »Du hast auch gesagt, Alkohol macht uns zu Tölpeln.«

      Sein Vater stellte das Glas wieder ab, ohne davon getrunken zu haben, und verengte mit liebevollem Spott die Augen. Aber da funkelte auch Stolz im Blick seines Vaters, auf den sich Darcar immer viel eingebildet hatte. In jener Nacht machte er ihm jedoch Angst.

      »Vater, bitte!« Darcar langte über den Tisch und drückte seines Vaters Arm. »Ich weiß, dass etwas nicht stimmt.«

      Sein Vater nickte auf das Glas. »Trink, Darc! Trink dein erstes Glas mit mir. So hat es mein Vater mit mir gemacht, und sein Vater mit ihm, tu mir den Gefallen.«

      Darcar zog seine Hände zurück, starrte in sein Glas und nahm es anschließend mit schwermütigem Blick. »Warum ist das jetzt wichtig?«

      Er erhielt keine Antwort.

      »Auf die Familie, Erstgeborener, auf die Dynastie.« Sein Vater hob das Glas und lächelte müde. »Mach Schweiß zu Geld und Blut zu Gold.«

      Auch Darcar hob sein Glas und stieß notgedrungen mit seinem Vater an, da es ihm wichtig schien. Er wiederholte den Leitspruch ihrer Stadt: »Schweiß zu Geld und Blut zu Gold.«

      Sie tranken, der Brandy war scheußlich, aber Darcar würgte ihn herunter und musste sofort husten. Magda lächelte über die Schulter, und sein Vater schlug Darcar lachend auf den Rücken. »So ist es recht, mein Sohn, so ist es recht.«

      Er würde nie wieder trinken, es sei denn, sein Vater würde ihn darum bitten. Nie wieder, schwor er sich, während ihm Tränen in seine Augen stiegen. Gleichzeitig genoss er die aufkommende Wärme in seinem Bauch, die sich glühend wie ein anheimelndes Feuer in seinen Gliedmaßen ausbreitete.

      Plötzlich tätschelte sein Vater ihm liebevoll die Wange, verwundert sah Darcar auf.

      »Du

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