.

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу - страница 12

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
 -

Скачать книгу

haben die Angelegenheit sachkundig präsentiert und alle Fragen beantwortet. Die Zusammenhänge, ja, die Zusammenhänge können sie nicht wissen. Uns fehlt die Zeit, dass ich sie in alle einweihe. Aber bei unserem Beschluss muss eine Rolle spielen, dass unser Vorstandsmitglied Herr Göbbels der ehemalige Bürgermeister von Meesheim ist und eben in seiner Vorstandsfunktion des Verbandes mit diesem Haus identifiziert wird. Deshalb muss ein tadelloser baulicher Zustand gewährleistet sein.

      Wenn die Leute in Meesheim denken, der Verband kümmere sich nicht um seine Häuser in den Gemeinden, wo zentrale Figuren des Verbandes zu Hause sind, dann wird uns gar nichts mehr zugetraut. Es gilt in dieser Angelegenheit also ein besonderes Augenmerk auf die Öffentlichkeitswirkung zu legen. Das Altenheim muss – wobei ich dem Beschluss nicht vorgreifen möchte – ein Beispiel für die professionelle Arbeit des Verbands darstellen. Und dazu gehört eben auch ein einwandfreies bauliches Erscheinungsbild.“

      Herr Karstrop hob seinen rechten Arm, worauf Direktor Saalfeld fragte:

      „Ja, Herr Karstrop, was möchten sie noch hinzufügen?“

      „Ich bin ganz ihrer Meinung, Direktor Saalfeld. Die Sanierungsmaßnahmen sind zwingend erforderlich. Aber ich möchte nochmals auf einige sachliche Unklarheiten von Dr. Zeys Vortrag eingehen, wenn ich darf.“

      Direktor Saalfeld ließ ihn gewähren, obgleich auch die für diesen Tagesordnungspunkt eingeplante Zeit bereits überschritten war. Julius hörte Herrn Karstrops Einwand zu:

      „Ihre Kostenrechnung für die Sanierungsmaßnahmen halte ich für fehlerhaft“, so direkt setzte er ein. Bei ihrer ersten Begegnung hatte ihn Julius umgänglicher erlebt.

      Herr Karstrop fuhr fort:

      „Ich habe mir die Mühe gemacht, eine Gegenrechnung aufzustellen, und bin dabei auf eine geringere Summe als die von ihnen veranschlagte gekommen. Wie erklären sie die Differenz?“

      Herr Karstrop ließ Kopien von seiner Kostenrechnung verteilen und Herr Pappel warf die Zahlen mit dem Beamer an die Wand. Julius überflog Herrn Karstrops Vorlage. Er hatte zu wenig Zeit, die Daten genauer zu vergleichen. Also entschied er sich, ausgeglichen zu reagieren.

      Er nannte Herrn Karstrop mehrere Argumente, weshalb ein Unterschied zwischen den beiden Kostenaufstellungen bestehe. Der wichtigste sei darin begründet, dass er grundsätzlich mit großzügigeren Kostenannahmen rechne, während Herr Karstrop mit den mindestens zu erwartenden Aufwendungen operiert habe. Damit glaubte Julius, ihm den Wind aus den Segeln genommen zu haben. Anstatt sich mit seiner Erklärung zufrieden zu geben, hakte Herr Karstrop nach:

      „Das mag vielleicht stimmen, dass meine Annahmen optimistisch sind. Doch wenn ich mir den unübersichtlichen Aufbau der Vorlage anschaue und ihre Tendenz, alles so ausführlich darzustellen, dass ich glaube, sie halten mich für minderbemittelt, liegt der Schluss näher, dass ihre Annahmen mit einem Fragezeichen zu versehen sind?“

      Julius glaubte es nicht. Er dachte, dass diese Einlassung so deutlich unfair gewesen sei, dass Direktor Saalfeld Herrn Karstrop zu mehr Gelassenheit rate. Direktor Saalfeld blieb stumm. Da Julius keine andere Alternative sah, antwortete er Herrn Karstrop:

      „Ich kann ihre Schlussfolgerung nicht teilen. Vom Aufbau und Stil der Vorlage auf die Angemessenheit der Kostenaufstellung zu schließen, leuchtet mir nicht ein. Dass der Text Wiederholungen und genaue Erklärungen enthält, das stimmt. Da jede Institution eigene Vorlieben an Texte stellt, muss ich die des Verbands erst kennenlernen. Um aber noch mal auf ihren ursprünglichen Kritikpunkt zurückzukommen, unsere unterschiedlich hochgerechneten Ergebnisse bei den Kosten für die Sanierungsmaßnahmen: Ich werde ihre Auflistung in Ruhe anschauen und ihnen dann eine Rückmeldung geben. Momentan kann ich ihnen nur die Antwort wiederholen, die ich ihnen zuvor gegeben hab.“

      Als Herr Karstrop von Julius Reaktion herausgefordert zu einer Replik ansetzte, fühlte sich Direktor Saalfeld schließlich doch veranlasst, eine weitere Zuspitzung abzuwenden:

      „Nun fordern sie unseren neuen Kollegen nicht gleich zu sehr heraus. Ich denke, die unterschiedlichen Herangehensweisen an die Kostenaufstellung sind klar geworden. Und Dr. Zey hat ihnen ja zugesagt, ihnen später eine detailliertere Antwort nachzureichen.“

      Herr Karstrop gab nach und nickte seinem Chef zu. Alle Mitglieder der Sektionsleiterkonferenz forderte Direktor Saalfeld auf:

      „Nun möchte ich alle um ein Handzeichen bitten, ob sie für oder gegen die Sanierungsmaßnahmen im Altenheim Meesheim stimmen?“

      Frau Larson und Herr Molitor stimmten gegen die Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen. Das gefährdete jedoch nicht die relative Mehrheit, die dafür votierte. Erleichtert fasste Direktor Saalfeld das Abstimmungsergebnis zusammen:

      „Damit sind unsererseits die Sanierungsmaßnahmen beschlossen. Herr Pappel hat das Resultat protokolliert, so dass unser Votum an den Bauausschuss weitergeleitet werden kann. Danke nochmal an Dr. Zey für die Erläuterungen zum Tagesordnungspunkt. Gibt es noch irgendwelche Anmerkungen?“, Direktor Saalfeld schaute in die Runde, „nein, damit können wir zu TOP 8 übergehen.“

      Nachdem Julius seine Bürotür hinter sich zugezogen hatte, öffnete er die Jalousien zu einem Drittel. Er spürte, dass er wegen Herrn Karstrops Versuch, ihn aus der Reserve zu locken, Abstand brauchte, um wieder zu sich zu kommen. Er setzte sich auf seinen Bürostuhl und schloss die Augen. Es war erst halb zwölf. Julius musste noch 30 Minuten warten, bevor er seine Mittagspause beginnen konnte. Diese durfte nur im Zeitfenster zwischen 12:00 und 13:30 Uhr erfolgen. Und da er es für unpassend hielt, sich am Ende seiner ersten Arbeitswoche nicht an die Regeln zu halten, wartete er. Eigentlich hätte er das Programm für die Tagung der Verbandsdirektoren aktualisieren können. Doch er verschob die lästige Aufgabe auf den Nachmittag. In unregelmäßigen Abfolgen öffnete er ein Auge, um auf dem rechten, unteren Rand des Monitors zu schauen, wann er in die Mittagspause aufbrechen dürfe.

      Für den Großteil der Angestellten begann das Wochenende schon am Freitagnachmittag. Manche verzichteten auf die Mittagspause und verließen ihren Arbeitsplatz um Punkt 12 Uhr. Der Großteil blieb bis 14 Uhr. Übrig blieben nur die Karrieristen, die Singles und die Neulinge wie Julius, die sich noch an die Arbeitsabläufe und -inhalte anpassten und deshalb mit einigen Aufgaben in Verzug geraten waren.

      Nur zu gern hätte Julius den Freitagnachmittag mit Rosa verbracht. Aber das aktualisierte Tagungsprogramm für das Treffen der Verbandsdirektoren musste an diesem Tag noch geschrieben und zusammen mit der Teilnahmebestätigung per Post versandt werden. Da Frau Maus am Nachmittag keine Überstunden machen konnte, weil sie zur Hochzeit eines Neffen in Hamburg eingeladen war, Herr Schuhmacher Urlaub genommen hatte und Herr Liebig mit Musikfreunden ein langes Wochenende in Salzburg verbrachte, musste Julius die Vorarbeiten von Frau Maus allein fertigstellen, ausdrucken, in Kuverts eintüten und zur Post bringen. Freitags nahm die Hauspost um 13 Uhr das letzte Mal Briefsendungen an.

      Julius beeilte sich, damit er wenigstens den Zug um 17.05 Uhr erreichte. Aber gegen 16:30 Uhr sah er ein, dass das nicht klappen werde. Mit Glück schaffte er es, die Briefe bis 18 Uhr an der Hauptpost der Bischofsstadt abzugeben. Von dort rannte er zum Bahnhof und bekam gerade noch seinen Zug.

      Julius zog die Schuhe aus und legte seine Beine auf den Sitz gegenüber. Erschöpft schaute er auf die Landschaft und ließ die Gedanken über Frau Eichhorns schroffe Zurückweisung am Morgen, die Kritik Herrn Karstrops am Vormittag sowie die zähe Bearbeitung des Programms und der Einladungen für die Direktorentagung am Nachmittag kommen und gehen.

      Sein soziales Immunsystem war geschwächt. Er wünschte sich, den Abend entspannt mit Rosa verbringen zu können. Sie rief Julius im Zug an, sagte ihm, dass sie den Tisch auf der Terrasse gedeckt

Скачать книгу