Gottes kleiner Partner. Leo Gold
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Dann machte sich Julius daran, die Post zu sichten. Vieles davon verstand er nicht, weshalb er mit dem ganzen Stapel zu Frau Maus ging. Sie sagte, dass der Posteingang zu ihren Aufgaben gehöre. Sie habe sich schon gewundert, wo die Post an diesem Tag bleibe. Erleichtert gab ihr Julius die Briefe und war froh, endlich die Beantwortung der E-Mails beginnen zu können.
Doch indem er sich an seinen Schreibtisch setzte, klopfte es an die Tür. Ehe er etwas sagen konnte, trat Herr Sonnenzweig, der Sektionsleiter für Fortbildung, schon in sein Büro. Julius überlegte, wie er mit dem unerwarteten Besuch umgehen solle. Er bot ihm einen Kaffee an.
Herr Sonnenzweig fragte, wie Julius seinen ersten Arbeitstag überstanden habe, und beantwortete sich die Frage gleich selbst:
„Sie werden die neuen Eindrücke sicher problemlos verarbeitet haben. Architekten sind ja für eine schnelle Auffassungsgabe bekannt.“
Wie Herr Sonnenzweig zu dieser Einsicht gekommen war, wusste Julius nicht. Ohne Luft zu holen, sprach Herr Sonnzweig das eigentliche Anliegen an, das ihn zu ihm führte.
In der zweimonatigen Stellenvakanz musste Herr Sonnenzweig auf Wunsch von Direktor Saalfeld kommissarisch die Geschäftsführung des Bauausschusses übernehmen. Diese Funktion wollte er offenbar lieber jetzt als nachher an Julius abgeben. Er redete so hektisch, dass Julius ihm schwer folgen konnte, blätterte in einem Aktenordner, den er mitgebracht hatte und der die aktuellen Unterlagen zum Bauausschuss enthielt, streifte sich zwischendurch über sein dünnes Haar und stellte am Ende in derselben unumstößlichen Art, die Julius von Direktor Saalfeld kannte, fest:
„Wenn sie den Ordner durchgelesen haben, wissen sie, wie sie den Bauausschuss betreuen müssen. Und falls sie noch Fragen haben, melden sie sich. Die Einladungen für die nächste Sitzung in zwei Wochen sind schon raus. Sie müssen nur noch das Protokoll schreiben und sich um die üblichen Sachen kümmern.“
Anschließend wollte Julius eine Frage stellen, kam aber nicht dazu, weil Herr Sonnenzweig geschickt zu einem neuen Gesprächsthema überleitete, das mit dem Bauausschuss nichts zu tun hatte. Als Julius auf die Uhr schaute, war es schon 15 Uhr vorbei. Und da er nicht wusste, ob in seinen ungelesenen E-Mails eine oder mehrere dabei waren, die er an diesem Tag noch beantworten musste, wurde er ungeduldig. Um 15:30 Uhr ging Frau Maus nach Hause und Herr Liebig und Herr Schuhmacher waren heute auch nicht im Haus, wenn er noch Fragen hatte.
Herrn Sonnenzweigs Handy klingelte. Julius hörte eine aufgeregte Frauenstimme in einer fremdländischen Sprache auf ihn einreden. Zunächst schien es, als wolle er sie abwimmeln. Als das nicht funktionierte, entschuldigte sich Herr Sonnenzweig, stand auf und sagte, sie sähen sich spätestens am Freitagmorgen bei der Sektionsleiterkonferenz. Erleichtert schloss Julius hinter ihm die Tür und sah auf seinem Desktop, dass es schon halb vier war.
Endlich konnte er die E-Mails überfliegen. Bis um halb fünf schaffte er es, alle anzulesen. Er atmete durch, als eine Null in Klammern hinter dem Ordner „Posteingang“ erschien. Viele E-Mails enthielten Belanglosigkeiten, über einige musste er morgen mit Frau Maus sprechen und drei forderten schon heute eine längere Antwort. Da klopfte Pfarrer Schatz an die Tür, trat ein und fragte gut gelaunt:
„Haben sie Zeit?“
Einerseits wollte ihn Julius nicht enttäuschen, andererseits mochte er seine E-Mails fertig bearbeiten. Er entschied sich für die Antwort:
„Theoretisch schon.“
Pfarrer Schatz bat Julius, mit ihm in eines der Gebäude der Bischöflichen Verwaltung zu gehen. Dort hatte er um fünf Uhr einen Termin, bei dem viele Angestellte der Bischöflichen Verwaltung anwesend waren, die für deren Bauabteilung arbeiteten. Zwischen ihrem Ressort und der Bauabteilung des Verbandes kam es gelegentlich zu Überschneidungen. Darum sei es eine gute Gelegenheit, dass sich Julius ihnen vorstelle. Also begleitete er Pfarrer Schatz.
Nachdem Julius wieder in sein Büro zurückkehrte, war es kurz vor halb sechs. Er überlegte, ob er die Antworten auf die E-Mails, die er an diesem Tag noch schreiben musste, im Büro erledigte, auf der Rückfahrt über das Smartphone oder von zu Hause aus. Noch eine Stunde länger mochte er nicht im Verband verbringen. Im Büro packte er seine Tasche, schnappte den Mantel und rannte, damit er seinen Zug erwischte, der nur stündlich fuhr.
Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich nach der Tagesschau an seinen Schreibtisch zu setzen und die E-Mails zu beantworten, weil er sich im Zug nicht hatte dazu aufraffen können. Rosa traf sich mit einer Freundin, weshalb seine Überwindung, von zu Hause aus zu arbeiten, nicht noch größer war. Das gehöre bei einem beruflichen Neuanfang einfach dazu, dachte er sich. Doch sein innerer Schweinehund bleckte die Zähne.
Am kommenden Morgen, es war frühlingshaft warm, wartete Julius, wie an den zwei vorhergehenden Tagen, am Bahngleis auf den Zug. Er schaute mal in die eine, mal in die andere Richtung. Plötzlich kreuzte sich sein Blick mit dem von Frau Eichhorn. Sie lief gerade die Treppen hinauf, die die Unterführung mit dem Bahngleis verbanden. Es wäre unfreundlich gewesen, wenn er jetzt so getan hätte, als habe er sie nicht gesehen. Er ging Frau Eichhorn entgegen.
Sie unterhielten sich, bis der Zug aus der Großstadt einfuhr, stiegen hintereinander in ihn ein und setzten sich schräg gegenüber. Während sich Frau Eichhorn in ihre Zeitung vertiefte, drückte Julius seine Kopfhörer in die Ohren und hörte Bob Dylan. Erst in der Nähe der Bischofsstadt, nachdem Frau Eichhorn ihre Zeitung wieder zusammengefaltet hatte, unterhielten sie sich wieder.
Das Fenster in Julius Arbeitszimmer war von der Putzfrau gekippt worden. Im Unterschied zu den meisten Kollegen, die ihre Bürotür offen ließen, wenn sie darin arbeiteten, und sie schlossen, wenn sie es verließen, bevorzugte es Julius umgekehrt.
Er schloss das Fenster und widmete sich den E-Mails. Dabei fiel ihm das Ereignis des Untergangs der Bohrplattform Deepwater Horizon ein. Wie das Öl, das unaufhörlich in den Golf von Mexiko sprudelte und anfangs nicht zu stoppen war, egal was sich die Ingenieure auch hatten einfallen lassen, so unversiegbar kam ihm dieser E-Mail-Strom vor.
Frau Maus rief ihn kurz vor neun Uhr an und fragte, ob er an den Termin mit Direktor Saalfeld und Pfarrer Schatz denke. Er bedankte sich für den Hinweis, wunderte sich allerdings, warum sie ihn gestern nicht an seine Termine mit den Sektionsleitern erinnert hatte. Vermutlich kümmere sie sich nur um die wichtigen Termine, erklärte er es sich.
Im Vorzimmer von Direktor Saalfeld empfing ihn Frau Wolkow und rief ihren Chef an:
„Guten Morgen, Dr. Zey! Treten sie ein!“, kam Direktor Saalfeld aus dem Arbeitszimmer gelaufen.
„Guten Morgen, Direktor Saalfeld.“
Pfarrer Schatz war inzwischen auch aufgestanden und klagte:
„Ich muss mir die Beine vertreten. Diese ständige Sitzerei lässt mich noch einrosten.“ Und zu Direktor Saalfeld gewandt schlug er ironisch vor: „Es wird Zeit, dass wir eine Veranstaltung ‚Gesundheit am Arbeitsplatz‘ entwerfen.“
Direktor Saalfeld, der neue Ideen mochte, aber nicht verstand, dass Pfarrer Schatz eben einen Scherz gemacht hatte, sagte, während er sich an den Konferenztisch setzte:
„Guter Vorschlag. Ich schreib ihn gleich auf die To-do-Liste für Herrn Pappel [der Assistent]. Der soll sich ein paar Gedanken dazu machen.“
„Jetzt machen