Mit Feuer und Geist. Hermann Brünjes

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Mit Feuer und Geist - Hermann Brünjes Jens Jahnke Romane

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bei der Feuerwehr. Er liebt Action. Ich kenne das von meinem Ziehsohn Lennart. Auch der ist nicht zu den Sanitätern gegangen, weil er eine ruhige Kugel ohne Aufregung schieben wollte, sondern weil er möchte, dass in seinem Leben was los ist. Wer weiß, vielleicht bin auch ich ein bisschen Reporter geworden, weil ich dieses Kribbeln liebe, eine Story zu verfolgen.

      »Und du, Anna, was habt ihr Pfingsten gemacht?«

      Die stille Anna hat eine sanfte, feste Stimme als sie antwortet und macht einen selbstbewussten Eindruck.

      »Wir waren immer verreist, meist auf Korsika«, und zu Jonas gewandt, »ich war also auch auf einer Insel!«

      »Na super, aber ihr hattet dort vermutlich schön Sonne pur!«

      »Nicht immer, aber meistens. Der Mai ist auf den Inseln im Mittelmeer schon ganz schön. Alles blüht und grünt.«

      »Beneidenswert. Im Camp schien auch oft die Sonne, es hat aber auch geregnet und manchmal war es noch saukalt.«

      »Einmal gab es einen echt krassen Sturm,« ergänzt Tom. Caro nickt. »Genau. Da sind mindestens zehn Zelte samt Gestänge über das Gelände gerauscht. Sie sahen aus wie abgestürzte Ballons. Alles stand unter Wasser und wir saßen ängstlich im großen Rundzelt.«

      »Ich weiß noch«, meint Tom, »alle hatten Schiss. Die freiwillige Feuerwehr aus Himmelstal war gekommen und wollte uns evakuieren, in Scheunen und so.«

      «Ja, und einer von denen stand in Uniform im Zelt unter dem Rauchverbotsschild und qualmte eine Zigarette.« Caro zieht ein entsetztes Gesicht, als sie sich diese Situation in Erinnerung ruft. »Jonas, was sind das da eigentlich für Brandschützer bei euch?«

      »Na ja, wir sind eben keine Profis. Da kann so was schon mal passieren.« Jonas nimmt seine Kameraden in Schutz. »Aber ich glaube, heutzutage wäre das undenkbar. Sicherheit geht vor, immer!«

      »Damals jedenfalls hat uns vor allem der Brandmeister verrückt gemacht. Er hat dem Campleiter das Mikro aus der Hand genommen und eine Ansage gemacht, nach der zwei Mädels von den Sanis behandelt werden mussten.«

      »Wieso das denn?«

      »Na, er sagte, im Landkreis sei Katastrophenalarm ausgerufen, hunderte Keller seien überschwemmt, viele vom Sturm geknickte Bäume versperren die Straßen und der Strom sei vielerorts ausgefallen. Er hat einen echten Katastrophenfilm in unser Kopfkino gebracht.«

      »Ist ja furchtbar. Na, da kann ich gewisse Ängste verstehen.« Tanja zeigt Mitgefühl. »Für dich allerdings wäre so etwas wahrscheinlich erst die richtige Herausforderung!«

      Sie wendet sich an Jonas. Der zuckt mit den Achseln.

      »Weiß nicht. Sturm und Regen können genauso schlimm sein wie Feuer. Vielleicht hätte auch ich Angst gekriegt.«

      »Nee, du wärst ganz vorne mitmarschiert, als wir im Tross in strömendem Regen Richtung Ort evakuiert wurden. Vorweg fuhr eine Feuerwehr mit Blaulicht, hinterher marschierten die uniformierten Kameraden. Es war tatsächlich eine Szenerie wie in einem Katastrophenfilm!«

      Schade, dass ich damals noch nicht für diese Region geschrieben habe. Dieses legendäre Pfingstcamp hätte ich auch gerne mal besucht. Ich erinnere mich dunkel, darüber etwas in unserer Zeitung gelesen zu haben. Was diese jungen Erwachsenen hier erzählen klingt allerdings wesentlich abenteuerlicher als ein Zeitungsbericht es je sein kann.

      »Aber Tom, es gab ja auch noch andere Pfingsterlebnisse im Camp, viel wichtigere!«

      Tom nickt. »Stimmt, da war nicht nur Action.«

      »Ich zum Beispiel habe dort Zugang zum christlichen Glauben gefunden. Nach der Abendmahlsandacht habe ich mich persönlich segnen lassen. Das war echt stark. Ich habe vor Freude geheult.«

      Während Caro das erzählt, werden ihre Augen etwas feucht. Tom nickt anerkennend.

      »Ja, wie viele andere. Manchmal war mir das mit den Meetings und Segnungen etwas zu emotional. Aber ich muss trotzdem zugeben, es hatte schon was ...!«

      »... also so was wie Pfingsten, nicht nur mit Geisterbahn und Feuerflammen, sondern mit einem eher stillen Heiligen Geist, meinst du?«

      Mir scheint, wenn Anna sich einmischt, wird sie umso mehr gehört. Vielleicht ist gar die Stillste in der Runde die heimliche Anführerin. Das Gespräch jedenfalls wird jetzt ernster. Sie diskutieren über Pfingsten als Fest des Heiligen Geistes. Manche der Beiträge ähneln denen von Maren und Elske. Auch für diese jungen Christen scheint der »Heilige Geist« nicht primär etwas Abgedrehtes, Spektakuläres oder gar Elitäres zu sein, sondern ehr ein normales »Zubehör« christlichen Glaubens. Ohne Heiligen Geist keinen Glauben, könnte man sagen. Tränen, Emotionen und religiöses Erleben sind für meine Gesprächspartner und -partnerinnen zwar schöne Zugaben, den Geist Gottes beschreiben sie aber auch ganz nüchtern.

      »Das ist eben Gottes Wirken!«, meint Tom.

      »Oder Jesus, der Auferstandene handelt!« ergänzt Caro. »Die Kraft Gottes, könnte man sagen oder eben auch seine spürbare Gegenwart.«

      Diesmal scheint das Team mit Blick auf seine Glaubensgeschichte etwas homogener zusammengesetzt zu sein als damals vor zwei Jahren. Da hatte eine Magda noch ihre Zweifel an all dem – und das hat die anderen umso mehr dazu gebracht, ihren Glauben zu reflektieren. Hier sitzen nun Leute, die aus gutem Grund in einer christlichen Dienst- und Lebensgemeinschaft ihr FSJ machen. Den abwesenden Friedrich habe ich als etwas störrischer in Erinnerung und Jonas hält sich jetzt zurück und übernimmt Annas Schweige-Rolle. Kurz vor zehn verabschiedet er sich und meint:

      »Leute, ich muss zur Feuerwehr.« Er schaut mich an. »Jens, du weißt ja, warum. Bis dann also.«

      Er steht auf und ist verschwunden.

      *

      Zwei Stunden später bin ich dran.

      Der Espresso, den ich mir gegönnt habe, peppt mich wieder auf. Als ich kurz vor Mitternacht zur Feuerwehrhalle gehe, ist es stockdunkel. Die Straßenlaternen in der Siedlung sind verloschen. Es ist bedeckt. Sterne und Mond sind nicht zu sehen. In nur wenigen Fenstern brennt noch Licht. Fast immer, wenn ich einer Garage, einem Carport oder Hauseingang nahekomme, geht automatisch eine Beleuchtung an. Die Leute haben Angst vor Einbrechern. Es gab besonders während der dunklen Monate diverse Einbrüche.

      Neben der Feuerwehr liegt der Friedhof. Wachholder, Büsche und Grabkreuze wirken ein wenig gespenstisch. Ein lautloser Vogel saust über meinen Kopf hinweg. Oder sind es Fledermäuse? Schnell zücke ich meine starke Taschenlampe, bin jedoch zu langsam.

      »Ah, nun sind wir also komplett.«

      Gerd Meyer begrüßt mich. Er ist ein kräftiger, dabei jedoch recht kleiner Mann mit fast kahlem Schädel. Kerstin steht bereits neben ihm an der Tür zur Gerätehalle. Die junge Frau trägt ihre dunkelblonden Haare kurz, eine Brille mit dunklem Rand und wie ihr Kollege Feuerwehrkleidung.

      Ich merke an, dass sie damit ziemlich auffallen und den Brandstifter vermutlich sofort verjagen.

      »Stimmt. Jens, wir sind vermutlich schon betriebsblind.« Beide ersetzen ihre rotweißen, mit reflektierenden Streifen versehenden Jacken durch einen dunkelblauen Anorak. Ich selbst trage meine Parka. Die Scheinwerfer der beiden sind um vieles stärker als meine Funzel.

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