Das Leben des Giacomo Casanova und seine frivolen erotischen Abenteuer - Teil 1. Giacomo Casanova

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Das Leben des Giacomo Casanova und seine frivolen erotischen Abenteuer - Teil 1 - Giacomo Casanova

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Sobald wir unsere Reisevorbereitungen getroffen hatten, begleitete die ganze Familie uns zum Burchiello.

      Meine Mutter empfing ihn mit dem edelsten Anstande; da sie aber schön war wie der Tag, so war mein armer Lehrer in großer Verlegenheit; denn er wagte ihr nicht ins Gesicht zu sehen und musste sich doch mit ihr unterhalten. Sie merkte dies und beschloss sich gelegentlich einen Spaß mit ihm zu machen. Ich selber erregte die Aufmerksamkeit aller Bekannten und Verwandten; als sie mich früher kannten, war ich beinahe blödsinnig gewesen, darum war jeder erstaunt, dass ich in der kurzen Zeit von zwei Jahren mich so sehr herausgemacht hatte. Dem Doktor war es eine Wonne zu sehen, dass man ihm das ganze Verdienst meiner Umwandlung beimaß.

      Das erste, woran meine Mutter Anstoß nahm, war meine blonde Perücke, die schreiend von meinem braunen Gesicht abstach und gar nicht zu meinen Augenbrauen und zu meinen schwarzen Augen passen wollte. Der Doktor, den sie fragte, warum er mir denn nicht meine eigenen Haare frisieren lasse, antwortete ihr: dank der Perücke könne seine Schwester mich leichter sauber halten. Über diese naive Antwort erhob sich allgemeines Gelächter, das sich verdoppelte, als auf die Frage, ob seine Schwester verheiratet sei, ich das Wort ergriff und an seiner Stelle erwiderte, Bettina sei das hübscheste Mädchen im ganzen Viertel und erst vierzehn Jahre alt. Als nun meine Mutter dem Doktor sagte, sie werde seiner Schwester ein schönes Geschenk machen, doch nur unter der Bedingung, dass sie mir meine Haare frisiere, da versprach er ihr, es solle nach ihrem Willen geschehen. Meine Mutter ließ einen Perückenmacher holen, der mir eine zu meiner Gesichtsfarbe passende Perücke brachte.

      Da die ganze Gesellschaft mit Ausnahme des Doktors sich jetzt an die Spieltische setzte, so suchte ich meine Brüder auf, die bei meiner Großmutter im Zimmer waren. Francesco zeigte mir Architekturzeichnungen, die ich mit Gönnermiene für leidlich erklärte; Giovanni zeigte mir nichts, und ich fand ihn sehr unbedeutend. Die anderen waren noch sehr jung.

      Beim Abendessen benahm der Doktor, der neben meiner Mutter saß, sich sehr linkisch. Er würde wahrscheinlich kein Sterbenswörtchen gesagt haben, hätte nicht ein anwesender, englischer Gelehrter ihn lateinisch angesprochen; da er jedoch nichts verstanden hatte, antwortete er bescheiden, er könne nicht englisch, worüber große Heiterkeit entstand. Herr Baffo half uns aus der Verlegenheit, indem er uns sagte, dass die Engländer das Lateinische läsen und aussprächen wie ihre eigene Sprache. Hierauf bemerkte ich, darin hätten die Engländer ebenso unrecht, wie wir unrecht haben würden, wenn wir ihre Sprache nach den für das Lateinische gültigen Regeln aussprechen wollten. Der Engländer fand meine Bemerkung ausgezeichnet und schrieb sofort ein bekanntes altes Distichon nieder, das er mir zu lesen gab:

       Dicite, grammatici, cur mascula nornina cunnus,

       et cur femineum mentula nomen habet?

      Sagt, ihr Grammatiker, mir, warum ist ein männliches Hauptwort

      Cunnus? Und sagt mir, warum weiblich die Mentula ist?

      Nachdem ich es laut gelesen hatte, rief ich aus: „Das ist allerdings richtiges Latein!“ – „Das wissen wir“, sagte meine Mutter, „aber du musst es uns übersetzen.“ – „Es zu übersetzen genügt nicht“, antwortete ich, „es ist eine Frage, auf die ich antworten will.“ Und nachdem ich einen Augenblick nachgedacht hatte, schrieb ich folgenden Pentameter:

       Disce quod a domino nomina servus habet.

      Wisse, es muss nach dem Herrn immer sich richten der Knecht.

      Dies war meine erste literarische Leistung; und ich kann sagen, dieser Augenblick streute in meine Seele den Samen der Begier nach literarischem Ruhm; denn das Beifallsklatschen erhob mich auf den Gipfel des Glückes. Der Engländer war höchst erstaunt; er sagte, so etwas hätte noch niemals ein elfjähriger Knabe geleistet; dann umarmte er mich mehrere Male und schenkte mir seine Uhr. Meine Mutter fragte Herrn Grimani neugierig, was denn die Verse bedeuteten; da aber der Abbate nicht mehr davon verstanden hatte als sie selber, sagte Herr Baffo es ihr leise ins Ohr. Überrascht über meine Kenntnisse stand sie auf, holte eine goldene Uhr und reichte sie meinem Lehrer. Nun wusste dieser nicht, wie er sich benehmen sollte, um ihr seine große Dankbarkeit zu bezeigen, und dadurch wurde der Auftritt sehr komisch. Um ihm alle Komplimente zu ersparen, reichte meine Mutter ihm ihre Wange; er brauchte ihr nur zwei Küsse zu geben – in guter Gesellschaft das einfachste und unbedeutendste Ding von der Welt. Aber der arme Mann stand wie auf glühenden Kohlen und war so aus der Fassung gebracht, dass er, glaube ich, lieber gestorben wäre als ihr die Küsse gegeben hätte. Gesenkten Hauptes trat er zurück, und man ließ ihn in Ruhe, bis wir zu Bett gingen.

      Sobald wir in unserem Zimmer allein waren, schüttete er mir sein Herz aus. Er sagte mir, es sei schade, dass er in Padua weder das Distichon noch meine Antwort bekanntmachen könnte.

      „Und warum nicht?“

      „Weil es eine Schmutzerei ist.“

      „Aber eine erhabene.“

      „Wir wollen zu Bette gehen und nicht mehr davon reden. Deine Antwort ist wunderbar, weil du weder die Sachkenntnis haben kannst, noch auch Verse machen gelernt hast.“

      Die Sachkenntnis besaß ich nun freilich doch, in der Theorie nämlich; denn ich hatte heimlich Meursius gelesen, und zwar gerade, weil er mir das verboten hatte. Aber er war mit Recht darüber erstaunt, dass ich Verse machen konnte; denn er selber, der mich die Prosodie gelehrt hatte, konnte niemals einen Vers zustande bringen.

      Nemo dat quod non habet – Niemand kann geben, was er selber nicht hat – ist ein Lehrsatz, der in geistigen Dingen keine Geltung hat.

      Vier Tage darauf gab mir bei unserer Abreise meine Mutter ein Paket für Bettina, und Abbate Grimani schenkte mir vier Zechinen, um mir Bücher zu kaufen. Eine Woche später reiste meine Mutter nach St. Petersburg.

      Als wir wieder in Padua waren, sprach mein guter Lehrer drei oder vier Monate lang tagtäglich und bei jeder Gelegenheit immerzu von meiner Mutter. Bettina, die in dem Paket fünf Ellen schwarze Glanzseide und zwölf Paar Handschuhe gefunden hatte, fasste eine große Neigung zu mir und nahm sich mit solcher Sorgfalt meiner Haare an, dass ich nach sechs Monaten meine Perücke ablegen konnte. Jeden Tag kam sie zu mir, um mich zu kämmen, und oft geschah dies, ehe ich noch aufgestanden war; sie sagte, sie habe keine Zeit solange zu warten, bis ich aufgestanden sei. Sie wusch mir Gesicht, Hals, Brust; sie erwies mir kindliche Liebkosungen, die ich für unschuldig erachtete und die mich gegen mich selber aufbrachten, weil sie mich aufregten. Da ich drei Jahre jünger war als sie, so schien mir, sie könne sich wohl gar nichts dabei denken, wenn sie mich liebkoste, und es ärgerte mich, dass ich mir etwas dabei dachte. Wenn sie auf meinem Bette sitzend mir sagte, ich nähme zu, und sich mit Händen davon überzeugte, so regte sie mich sehr heftig auf; ich ließ sie aber ruhig gewähren, weil ich befürchtete, sie könnte meine Erregung bemerken. Und wenn sie mir sagte, ich hätte eine zarte Haut, und mich dabei kitzelte, musste ich mich zurückbeugen; dann ärgerte ich mich über mich selber, dass ich's nicht wagte, es mit ihr ebenso zu machen, zugleich aber freute ich mich, dass sie nicht merkte, wie große Lust ich dazu hatte. Wenn ich angezogen war, gab sie mir die süßesten Küsse und nannte mich ihr liebes Kind; so große Lust ich aber auch hatte, ihr Beispiel zu befolgen, so wagte ich es doch noch nicht. Als dann jedoch später Bettina sich über meine Schüchternheit lustig machte, fasste ich Mut und gab ihr ihre Küsse noch kräftiger zurück; doch hörte ich stets auf, sobald ich die Lust verspürte weiter zu gehen. Ich drehte den Kopf zur Seite, als ob ich irgendetwas suchte, und sie entfernte sich. Sobald sie zur Tür hinaus war, war ich in Verzweiflung darüber, dass ich nicht meinem Naturtrieb gefolgt war. Ich war erstaunt, dass Bettina, ohne sich aufzuregen, alles mit mir machen konnte, wozu sie Lust hatte, während es mich die größte Mühe kostete, nicht weiter zu gehen, und ich nahm mir jedes Mal vor, von nun an solle es anders werden.

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