Das Leben des Giacomo Casanova und seine frivolen erotischen Abenteuer - Teil 1. Giacomo Casanova

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Das Leben des Giacomo Casanova und seine frivolen erotischen Abenteuer - Teil 1 - Giacomo Casanova

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Besteck, das ich sehr liebte, weil es ein Geschenk meiner guten Großmutter war. Die Magd antwortete mir, die Hausfrau wolle, das wir alle gleich seien, und ich müsse mich dem Brauch fügen; dies tat ich denn auch, obwohl es mir missfiel; ich begann wie die anderen die Suppe aus der Schüssel zu löffeln, ohne mich über die Schnelligkeit zu beklagen, womit meine Kameraden aßen, doch nicht ohne mich zu wundern, dass so etwas erlaubt sei.

      Nach der sehr schlechten Suppe bekamen wir eine kleine Portion gedörrten Stockfisch, hierauf einen Apfel, und damit war das Mittagessen zu Ende; wir befanden uns in der Fastenzeit. Wir hatten keine Gläser oder Becher, sondern tranken alle aus demselben irdenen Krug ein elendes Getränk, das man Craspia nennt; es wird zubereitet, indem man entkernte Weinbeeren in Wasser kocht. Die folgenden Tage trank ich nur reines Wasser. Das Essen überraschte mich, denn ich wusste nicht, ob es mir erlaubt wäre, es schlecht zu finden.

      Nach Tisch führte mich die Magd in die Schule zu einem jungen Priester, namens Doktor Gozzi; mit ihm hatte die Slavonierin verabredet, ihm monatlich vierzig Soldi zu bezahlen, das ist der elfte Teil einer Zechine.

      Da ich erst schreiben lernen musste, wurde ich zu den fünf- bis sechsjährigen Kindern gesetzt, die sich sofort über mich lustig machten.

      Wieder ins Haus meiner Slavonierin zurückgekehrt, erhielt ich mein Abendessen, das natürlich noch schlechter war als die Mittagsmahlzeit. Ich war erstaunt, dass es mir nicht erlaubt war, mich darüber zu beklagen. Man legte mich in ein Bett, wo ich wegen des Ungeziefers der genugsam bekannten drei Arten kein Auge zutun konnte. Außerdem jagten die Ratten, die überall herumliefen und auf mein Bett sprangen, mir eine Angst ein, dass mir das Blut in den Adern erstarrte. In dieser Nacht empfand ich zum ersten Mal, was Unglück ist, und lernte es mit Geduld ertragen.

      Die Insekten, die mich verzehrten, verminderten die Angst, die ich vor den Ratten hatte; und zum Ausgleich machte mich die Angst weniger empfindlich gegen die Bisse. Meiner Seele kam dieser Widerstreit meiner Leiden zu statten. Die Magd war völlig taub gegen mein Geschrei.

      Sobald der Tag zu grauen begann, verließ ich mein trauriges Lager, und nachdem ich mich bei dem Mädchen ein bisschen über alle die ausgestandenen Leiden beklagt hatte, verlangte ich von ihr ein Hemd, denn das meinige war ekelhaft anzusehen. Sie antwortete mir aber, das Hemd werde nur sonntags gewechselt, und lachte mich aus, als ich ihr drohte, ich würde mich bei der Hausfrau beklagen.

      Zum ersten Mal in meinem Leben weinte ich vor Kummer und Zorn, als ich meine Kameraden mich verspotten hörte; die Unglücklichen waren in derselben Lage wie ich, aber sie waren daran gewöhnt. Damit ist alles gesagt.

      Von Traurigkeit niedergeschmettert, schlief ich in der Schule den ganzen Vormittag. Einer meiner Kameraden sagte dem Doktor den Grund hierfür, aber nur in der Absicht, mich lächerlich zu machen. Der junge Priester aber, den ohne Zweifel die Vorsehung für mich ausgesucht hatte, ließ mich in sein Kabinett kommen. Nachdem er alles angehört und sich mit eigenen Augen von der Wahrheit meiner Erzählung überzeugt hatte, wurde er ganz bewegt, als er die Beulen sah, von denen meine unschuldige Haut bedeckt war. Schnell legte er seinen Mantel an, führte mich nach meiner Pension und zeigte der Unholdin, in welchem Zustand ich mich befand. Diese spielte die Erstaunte und schob alle Schuld auf die Magd. Sie musste jedoch dem dringenden Wunsche des Priesters nachgeben, ihm mein Bett zu zeigen; da war ich denn nicht weniger erstaunt als er, als ich sah, wie schmutzig die Tücher waren, in denen ich die schreckliche Nacht verbracht hatte. Das verdammte Weib gab immer noch der Magd die Schuld und erklärte, sie werde sie aus dem Hause jagen; diese aber, die in demselben Augenblick dazukam, wollte sich den Tadel nicht gefallen lassen und sagte ihr gerade ins Gesicht, sie habe selber schuld; und indem sie gleichzeitig die Betten der anderen Knaben aufdeckte, konnten wir uns überzeugen, dass sie nicht besser dran waren als ich. Wütend gab ihre Herrin ihr sofort eine Ohrfeige; die Magd aber wollte diese nicht auf sich sitzen lassen, gab ihr eine wieder und ergriff die Flucht. Der Doktor ließ mich bei der Alten und ging, indem er ihr sagte, er würde mich nicht eher wieder in seine Schule aufnehmen, als bis ich ebenso sauber wäre wie die anderen Schüler. Ich musste nun kräftige Schelte über mich ergehen lassen, die in die Drohung ausklang, sie würde mich aus dem Hause werfen, wenn ich ihr noch einmal eine derartige Schererei bereitete.

      Das verstand ich nicht. Ich war wie ein neugeborenes Kind; ich kannte nur das Haus, in dem ich geboren und aufgewachsen war und worin Sauberkeit und ein anständiger Überfluss herrschten. Ich sah mich misshandelt, ausgescholten, obwohl mir dünkte, ich könnte doch ganz unmöglich schuldig sein. Endlich warf die Megäre mir ein Hemd an den Kopf; eine Stunde später sah ich eine neue Magd frische Betttücher auflegen, und wir aßen zu Mittag.

Grafik 48

       Padua damals

      Mein Lehrer ließ es sich ganz besonders angelegen sein, mich zu unterrichten. Er wies mir einen Platz an seinem eigenen Tisch an, und um ihm zu zeigen, dass ich diese Auszeichnung zu schätzen wisse, strengte ich alle meine Kräfte an, um etwas zu lernen; nach Verlauf eines Monats schrieb ich denn auch schon so gut, dass er mich zur Grammatik übergehen ließ.

      Das neue Leben, das ich führte, der Hunger, den ich leiden musste, und zweifelsohne mehr als dies alles die Luft von Padua gaben mir eine Gesundheit, von der ich früher keinen Begriff gehabt hatte. Aber grade diese gute Gesundheit machte für mich den Hunger, den ich ausstehen musste, umso bitterer: er war geradezu unerträglich geworden. Ich wuchs sichtbar; ich hatte allnächtlich einen neunstündigen tiefen Schlaf, den niemals ein anderer Traum störte, als dass es mir vorkam, ich säße an einer reichbesetzten Tafel und wäre damit beschäftigt, meinen grimmigen Hunger zu stillen; aber jeden Morgen empfand ich dann, wie unangenehm solche schmeichlerischen Träume sind. Dieser verzehrende Hunger würde mich schließlich völlig erschöpft haben, hätte ich mich nicht entschlossen, alles was ich irgendwo an essbaren Sachen finden könnte, mir anzueignen und zu verzehren, so oft ich nur sicher wäre, nicht dabei gesehen zu werden.

      Not macht erfinderisch. Ich hatte in einem Küchenschrank etwa fünfzig geräucherte Heringe bemerkt; diese verspeiste ich nach und nach sämtlich; desgleichen alle Würste, die im Rauchfang hingen. Um dies unbemerkt tun zu können, stand ich nachts auf und schlich auf den Zehenspitzen im Hause herum. Alle frischgelegten Eier, deren ich im Hühnerhof habhaft werden konnte, schlürfte ich noch warm hinunter; sie waren für mich die köstlichste Speise. Um etwas zum Essen zu finden, machte ich sogar Beutezüge in die Küche meines Lehrers.

      Die Slavonierin war in Verzweiflung, niemals einen der Diebe entdecken zu können, und warf eine Magd nach der anderen aus dem Hause. Trotz alledem war ich mager wie ein Gerippe, da sich nicht jederzeit eine Gelegenheit zum Stehlen fand.

      In vier oder fünf Monaten machte ich so schnelle Fortschritte, dass der Doktor mich zum Dekurio der Schule ernannte. Ich hatte die Aufgaben meiner dreißig Mitschüler durchzusehen, ihre Fehler zu verbessern und dem Lehrer mit Lob oder Tadel Bericht zu erstatten. Meine Strenge dauerte aber nicht lange, denn die Faulpelze kamen bald hinter das Geheimnis, mich milde zu stimmen. Wenn ihr Latein von Fehlern wimmelte, gewannen sie meine Nachsicht mittels gebratener Rippchen oder Hühnchen; oft gaben sie mir sogar Geld. Dies erweckte meine Habgier oder vielmehr meine Leckerhaftigkeit; denn von nun an besteuerte ich nicht nur die Unwissenden, sondern ich wurde zum Tyrannen und weigerte mein Lob denen, die es verdienten, sobald sie sich's einfallen ließen, den von mir beanspruchten Zoll weigern zu wollen. Meine Ungerechtigkeit wurde ihnen unerträglich, und sie verklagten mich beim Lehrer, der mich absetzte, als er mich der Erpressung überführt sah. Nach dieser Absetzung wäre es mir gewiss sehr schlecht gegangen, wenn nicht das Schicksal bald nachher meiner grausamen Leidensschule ein Ende gemacht hätte.

      Der Doktor, der mich lieb hatte, nahm mich eines Tages mit in sein Kabinett und fragte mich unter vier Augen, ob ich bereit sei, die Schritte zu tun, die er mir anraten wolle, um aus der Pension der Slavonierin herauszukommen und bei ihm einzutreten. Da er mich von

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