Alles in Blut. Ole R. Börgdahl

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Alles in Blut - Ole R. Börgdahl Tillman-Halls-Reihe

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und polizeilichen Datenbanken.«

      »Was ist mit Interpol?«, fragte ich.

      »Selbstverständlich, das ist Standard.« Bruckner lächelte.

      »Krankenhäuser? Vielleicht war der Mann Patient einer Klinik und hat sich davongemacht, um in Ruhe zu sterben. Da war doch so eine Narbe am Knie?«

      »Wissen Sie, wie viele Knieoperationen es in Deutschland jedes Jahr gibt und die Narbe war nicht mehr frisch. Es gab an der Leiche auch keine Hinweise, dass der Mann wegen einer anderen Sache in einem Krankenhaus behandelt wurde.«

      »Und was ist mit dem Herz? Wegen seiner Herzprobleme könnte er doch in Behandlung gewesen sein.«

      »Ich weiß es nicht«, sagte Bruckner schon fast ärgerlich. »Ich denke der Pathologe hätte einen Hinweis gegeben, wenn der Mann ein akuter Herzpatient gewesen wäre und man hätte sich an die Krankenhäuser gewendet oder an Kardiologen, oder wie die heißen. Dem war aber wohl nicht so und Sie können sich ja denken, wie viele Leute einen Herzinfarkt haben, ohne jemals Herzpatienten gewesen zu sein.«

      »Und! Wurde ein Foto des Mannes in der Presse veröffentlicht?«

      Bruckner stutzte. »Das kann ich jetzt nicht sagen ... ich müsste ...« Bruckner richtete sich in seinem Sessel auf. »Das müsste ich noch einmal überprüfen und wenn ja, dann kann dabei nichts rausgekommen sein, sonst wäre es in der Akte vermerkt.«

      »Gehen Sie doch einfach jetzt noch einmal an die Presse. Was sind denn schon acht Jahre. Irgendjemand wird ihn bestimmt erkennen, machen Sie es landesweit, meinetwegen deutschlandweit.« Ich überlegte kurz. »Oder noch besser, europaweit. Es gibt doch jetzt nur noch Europa, veröffentlichen Sie ein Foto in den internationalen Zeitungen auf dem ganzen Kontinent, dann wird es sogar darüber hinaus bekannt, vielleicht leben ja Angehörige des Mannes in den USA oder in Australien.«

      Bruckner lächelte erneut. »Ihre Vorschläge in allen Ehren, aber hier handelt es sich nicht um die Suche nach einem Staatsfeind oder um die Suche nach dem Erbe eines Millionenvermögens. Ich weiß nicht, welcher Aufwand gerechtfertigt ist.« Bruckner zögerte. »Gut, wir könnten das Foto des Mannes noch einmal in der Hamburger Presse veröffentlichen, das wäre möglich, ich hatte nur gehofft, dass Sie eine richtig zündende Idee hätten, etwas, das wir übersehen haben, das dann schnell zum Erfolg führt. Wenn so etwas nicht von Ihnen kommt, dann ist das ja auch nicht tragisch, dann bleibt es eben ein Cold Case.« Bruckner nickte bei seinen letzten Worten.

      »Was Sie mir geliefert haben, ist aber recht dürftig, das wissen Sie doch.« Ich beugte mich vor und wischte mit der Hand über den Tisch und verteilte die Fotografien. »Kennen Sie das Prinzip des Staging, der Tatortinszenierung. Als ich die Fotos gesehen habe, dachte ich zunächst, dass uns der oder die Täter auf etwas hinweisen wollten oder dass sie eine falsche Spur legen wollten, aber das kann ich beim besten Willen nicht erkennen.«

      »Staging, falsche Spuren«, sagte Bruckner. »Am effektivsten ist es doch, wenn man keine Spuren hinterlässt und das haben der oder die Täter ja auch sehr gut hinbekommen.« Er sah mich einige Sekunden lang an, dann räusperte er sich. »Also, wenn Ihnen nichts sonst aufgefallen ist, wenn es nichts gibt, das uns schon bekannt ist, dann sollten wir das hier jetzt beenden. Ich möchte mich aber bedanken ...«

      »Der Mann könnte aus der Ukraine stammen«, sagte ich, noch bevor Bruckner seinen Satz beendet hatte. »Aus Weißrussland, aus Armenien oder aus einer anderen Sowjetrepublik.«

      »Bitte? Sowjetrepublik?« Bruckner hatte schon begonnen, die Unterlagen vom Tisch aufzusammeln. Er hielt in der Bewegung inne und sah mich an.

      »Welche Sowjetrepubliken gab es?«, fragte ich.

      »Moment, wie kommen Sie jetzt darauf?« Bruckner schien wirklich irritiert.

      Ich überlegte selbst. »Estland, Turkmenistan, Kirgisien, nein, Kirgisien nicht, aber Lettland, Litauen, Moldau.«

      »Halt, halt, halt! Da komme ich jetzt nicht mit.« Bruckner klang beinahe empört. »Warum Sowjetrepubliken? Sie meinen, der Tote war Ausländer?«

      »Das kann ich nicht sagen.«

      »Was dann, was können Sie dann sagen?«

      »Der Tote hat meiner Ansicht nach seine Kindheit und vielleicht auch seine Jugend in einem Mitgliedsstaat der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken verbracht.«

      »Jetzt verstehe ich«, sagte Bruckner, »oder auch nicht. Wie kommen Sie darauf, was hat Sie zu dieser Annahme veranlasst?«

      »Stimmt, Annahme ist die richtige Bezeichnung dafür«, antwortete ich. »Ich kann es jetzt und hier natürlich nicht beweisen.« Ich suchte auf dem Tisch nach zwei der Fotografien. »Der Pathologe hat doch die Impfnarben an den Oberarmen des Toten dokumentiert?« Ich fand die Bilder und reichte sie Bruckner. »Was steht in der Obduktion über die Impfnarben?«

      Bruckner sah wieder in den Bericht. Er hatte die betreffende Stelle schnell gefunden, las sie sich durch und schüttelte dann den Kopf.

      »Nichts weiter. Impfnarben. Der Pathologe hat nur geschrieben, dass an beiden Oberarmen Impfnarben vorhanden sind.«

      Bruckner hielt mir die entsprechende Seite hin. Ich schaute nicht drauf, sondern tippte auf die Fotos, die vor uns auf dem Tisch lagen.

      »Also, bei einer Impfung mit einer ganz normalen Spritze können sie natürlich nicht mehr sehen, dass überhaupt an der betereffenden Stelle geimpft wurde. Ganz anders ist es, wenn man eine Impfpistole verwendet. Sie wissen, was das ist?«

      »Natürlich«, sagte Bruckner ungeduldig. »In der Massentierhaltung wird so geimpft, glaube ich, weil es schnell gehen muss und es ja meist sehr viele Tiere sind.«

      »Das haben Sie jetzt gesagt.«

      »Was habe ich gesagt?«, fragte Bruckner.

      »Das mit den Tieren, denn so was wurde früher auch bei Menschen gemacht, eine Massenimpfung und dabei sind eben Impfpistolen zum Einsatz gekommen.«

      »Und was ist so Besonderes daran, dass unser Toter anscheinend an einer Massenimpfung teilgenommen hat?«

      »An sich ist das nichts Besonderes, nur ist es in Europa oder besser gesagt in der westlichen Welt seit den Fünfzigerjahren nicht mehr üblich gewesen, Impfpistolen einzusetzen, weil es unter anderem diese hässlichen Narben gab. Der Impfstoff wurde nämlich mit Hochdruck durch die Haut injiziert. Die Kontaktpunkte haben sich sehr oft entzündet. In der Sowjetunion hatte man anscheinend nicht so große Probleme damit und hat erst Ende der Siebzigerjahre mit den Impfpistolen aufgehört. Unser Mann ist nicht älter als fünfundvierzig, hat also in den Fünfzigerjahren noch gar nicht gelebt. Die Wahrscheinlichkeit ist also sehr hoch, dass er sich die Impfnarben in einem Mitgliedsstaat der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken geholt hat. Wurde in diese Richtung ermittelt?«

      Bruckner schüttelte erneut den Kopf. »Ich glaube nicht, dass in diese Richtung ermittelt wurde.« Er überlegte. »An Ihrer Annahme könnte natürlich etwas dran sein, aber ich finde es trotzdem weit hergeholt.«

      »Warum wurden die Impfnarben nicht weiter untersucht? Es ist doch nicht ungewöhnlich, dass sich ein Ost-Europäer in Hamburg oder Deutschland aufhält?«

      »Woher wissen Sie das überhaupt alles, mit den Impfnarben meine ich, oder mit der Sowjetunion.« Bruckner hatte eine der Fotografien vom Tisch

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