Kampf um Katinka. Thomas Pfanner
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»Viola?«
Tanner fragte mit sanfter Schärfe, während die Ärztin der immer noch entsetzt starrenden Prinzessin eine Hochdruckspritze gab, woraufhin diese bewusstlos in sich zusammensackte. Den Pürierstab in der Hand und ohne sich umzudrehen erklärte die Ärztin, schlagartig sachlich und kontrolliert und ohne jegliche Heiterkeit: »Sie ist wohl mit Schmackes gegen dieses Teil hier gekracht, als der Kerl sie umgerissen hat und dann noch auf sie drauf fiel. Da ist dicht unter der Knochenschale ein Aneurysma. Die Arterie hat was abgekriegt, hält nicht mehr dicht und bläht sich auf. Eine kleine Sickerblutung hat schon begonnen. Das Ding wird platzen, ob in ein paar Minuten oder einigen Stunden ist egal, weil die nächste heftige Bewegung das Geschehen auslösen kann. Ich operiere sie hier, anschließend schaffen wir sie auf die Krankenstation. So, es geht los.«
Aus dem Pürierstab klappte ein Cardonium-Messer, das durch das Mini-Kraftwerk im Innern in rasend schnelle Schwingungen versetzt wurde. Die Notoperation begann und wurde in enormer Geschwindigkeit durchgeführt. Tanner hatte nicht einmal Gelegenheit, die Füsiliere vor die nicht mehr vorhandene Tür zu schicken. Viola klappte die Haut weg, schnitt ein Fenster in den Knochen am Hinterkopf, und legte mit wenigen raschen Schnitten das Zielgebiet frei. Im weiteren Verlauf der Operation zeigte sich die Vielseitigkeit des Pürierstabs. Es handelte sich in Wirklichkeit um das chirurgische Gegenstück zum Schweizer Messer, speziell entwickelt für die Erfordernisse an der Front. In Dunkelheit, Dreck und fern aller Versorgungslinien sollte der Arzt in der Lage sein, alle relevanten Operationen, von der Amputation bis zur Erstversorgung schwerster Verbrennungen, mit einem Instrument durchzuführen. Die Vorteile lagen auf der Hand, weshalb sich diese oder ähnliche Geräte in allen Militärstrukturen des bekannten Weltalls durchgesetzt hatten. Frontärzte wie Viola brachten es zu unerreichbar scheinender Meisterschaft in Bezug auf Präzision, vor allem aber in puncto Geschwindigkeit. In aller Regel gab es nämlich nur einen Arzt pro Kompanie, viel zu oft nur einen pro Bataillon, bei harten Kämpfen mit Dutzenden von Verletzten sollte auch der Letzte in der Reihe noch rechtzeitig Hilfe erhalten.
Anheuser trat neben den Captain und raunte: »Da haben wir aber ganz schön Glück gehabt.«
Tanner nickte leicht abwesend, er war noch damit beschäftigt, die möglichen Konsequenzen einer gescheiterten Befreiung der Prinzessin mit den möglichen Konsequenzen zu vergleichen, die durch das ungebührliche Verhalten diverser Besatzungsmitglieder zu entstehen drohte.
»Für heute haben wir besorgniserregend viel Glück in Anspruch nehmen müssen.«
Er wollte noch mehr sagen, doch in diesem Moment meldete sich die Brücke.
»Grizzly an Captain. Eilt. Grizzly an Captain. Eilt.«
Nagama Tais Stimme klang angespannt, Tanner war sofort wieder voll bei der Sache.
»Was gibt es, Nagama?«
»Kontakt in vier Stunden Entfernung. Eine Drohne von Horave. Wir erhalten eine Nachricht, die für uns bestimmt ist.«
»Lass hören.«
»Wir sollen uns unverzüglich auf den Weg machen nach Horave. Sollen uns direkt bei Großadmiral Minutaglio melden. Kein Scherz. Wir sollen die Hauptwelt anlaufen.«
Leicht konsterniert schauten sich der Füsilier und sein Captain an. Das hatte es noch nie gegeben. Horave schickte eine Suchdrohne quer durch den Grenzgürtel, um nach ihnen zu suchen und ihnen zu befehlen, den Zentralplaneten anzufliegen. Es war der Grizzly bei Todesstrafe verboten, nach Horave zu fliegen. Das konnte nicht sein.
»Ist das sicher? Wirklich sicher? Ja? Wird ein Grund angegeben, weshalb wir urplötzlich etwas tun sollen, was uns bislang streng verboten war.«
Nagama schwieg volle drei Sekunden, bevor sie leise sagte: »Man will uns die längst fällige Belohnung zukommen lassen.«
Tanner atmete lange aus, fasste sich an die Stirn und sagte, zu Anheuser gewandt:
»Damit ist unser Glück beendet.«
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