Kampf um Katinka. Thomas Pfanner

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Kampf um Katinka - Thomas Pfanner

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Hypersprit da, damit Sie auf die andere Seite des Reiches kommen, ohne nachtanken zu müssen. Außerdem hätte ich da noch ein paar Gefangene aus der Volksunion anzubieten, weibliche Gefangene, möchte ich hinzufügen. Die würde ich gerne loswerden, in vertrauenswürdige Hände sozusagen.«

      Es glich einem Schauspiel, den Augäpfeln des Gangsters beim Hervorquellen zuzusehen. Tanner hatte ihm eine zweite Sache präsentiert, bei der die Gier hohe Wellen schlug. Weibliche Gefangene galten überall als höchst begehrte Beute, als wahlweise teuer loszuschlagendes Handelgut oder als willkommene Objekte zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse. Oder schon mal beides nacheinander. Der ironische Aspekt an Tanners Charakter riet zur Offerierung eines weiteren Handelsgutes mit hohem Gier-Faktor. Bei drei müsste der Kerl eigentlich im eigenen Saft explodieren wie ein Ei in der Mikrowelle. Doch dazu kam es nicht mehr.

      Tanner bemerkte Tadeusz Duda, der ihm ein Zeichen gab. Er nickte befriedigt, schaute den Gangster an und meinte fast mitleidig:

      »Es war nett, mit Ihnen gesprochen zu haben. Aber ich muss jetzt mal aufs Klo. Sie entschuldigen mich. Kayaa Katinka.«

      Den Schlachtruf Katinkas sprach er ganz gelassen und ruhig aus, dennoch tat er seine Wirkung. Das Bild erlosch und schien trotzdem einige Sekunden lang das überraschte Gesicht des Gangsters festzuhalten.

       *

      Major Dwight D. Anheuser übernahm selbst die Spitze seines Zuges. Dies konnte er sich angesichts des völligen Fehlens von Besatzungsmitgliedern und Verteidigern durchaus leisten. Daneben entsprach es seinem Selbstverständnis, in der heißen Phase eines Unternehmens von vorne zu führen. Seine extrem guten Reflexe würde er brauchen können, eine Riesengestalt wie die Seine konnte in einem engen Flur selbst ein Blinder mit Krückstock nicht verfehlen.

      Langsam schlich er sich mit seinen Leuten durch die Flure der Jacht, durch das Maschinendeck zu den Unterkünften der Besatzung, von dort zu den luxuriösen Bädern und Freizeiträumen des Wohndecks, das den Passagieren diente, von dort zu den technischen Kontrolleinrichtungen, die sich rund um die eigentliche Zentrale gruppierten.

      Anders als auf einem Schlachtkreuzer konzentrierten sich hier nicht alle wichtigen Apparaturen innerhalb einer Schale aus verstärktem Cardonium, was den Sturm einfacher machen sollte. Stattdessen waren laute Maschinen oder nicht ständig benötigte Kontrollen ausgelagert worden, um auch in der Zentrale ein wohnliches Umfeld zu schaffen. Auch der Captain einer Jacht sollte nach Möglichkeit an den Annehmlichkeiten der Passagiere teilhaben können. Nach den Plänen, die Anheuser sich aus der Datenbank der Grizzly beschafft hatte, würde er auf eine kreisrunde Zentrale von etwa sechs Metern Durchmesser treffen, ohne Stufen, ohne Galerie, ohne Geländer, ohne Prallwände zwischen den Kontrollpanelen, die in einem Schlachtkreuzer bei schweren Erschütterungen verhinderten, dass ein Besatzungsmitglied so weit durch die Zentrale geschleudert wurde, dass es einen anderen treffen und ebenfalls schwer verletzen konnte. Dafür befanden sich ordinäre Möbel inmitten der Zentrale, auf denen der Captain einen hochgestellten Besucher zum Plausch bitten konnte. Insgesamt ähnelte die Zentrale der Saskia eher dem Arbeitsplatz eines Büroleiters als einer Installation auf einem Sternenschiff. Anheuser knurrte abfällig. Die Eigenart des Adels, sich auf Teufel komm raus das Leben so angenehm wie eben möglich zu machen und sei es auf Kosten der allgemeinen Sicherheit, würde ihm heute sehr entgegenkommen.

      Der Trupp erreichte die Außenwände der Zentrale und verteilte sich, ohne den Sichtkontakt zu verlieren. Anheuser betrachtete intensiv sein Display, ordnete seine Gedanken und gab die Anweisungen: »Also gut, Leute, vorbereiten auf shock and awe. Halbkreis. Tigana, Djorkaef und Tresor links durch die Wand, Henry, Platini und Maier rechts dasselbe. Hildebrand macht mir den Katschmarek. Aufstellung!«

      Die Füsiliere bewegten sich erstaunlich leichtfüßig und leise um Schreibtische, Kontrollen und sonstige Hindernisse herum und gingen auf die zugewiesenen Positionen. Heidi Hildebrand, eine erstaunlich kleine und stämmige junge Frau, machte den Katschmarek. Die Bezeichnung kennzeichnete den Soldaten, der einer taktischen Operation den Rücken zu decken hatte. So wandte sie ihren Kameraden den Rücken zu, und sicherte den Rückraum, in jeder Hand eine Waffe. Bis zum Abschluss der Kampfhandlungen würde sie sich nicht umdrehen, ganz egal, was passieren mochte. An ihr würde keiner vorbei kommen, jedweder Überraschungsangriff aus den Tiefen des Schiffes würde scheitern. Wenn es dafür überhaupt Personal gab.

      Der Major sprach derweil mit der Gruppe, die sich unter hinhaltendem Feuer langsam zur Falle auf dem Maschinendeck hatten treiben lassen, und nun nur noch eine Ecke entfernt waren.

      »Carbone, wie ist der Status?«

      Claudia Carbone wusste genauso gut wie ihr Kommandant, dass eine mündliche Meldung im Grunde überflüssig war, doch half sie gerade in dieser Situation, ein wenig Zeit zu verbrauchen und den Stress zu lindern. Alle Soldaten waren im Bilde über die bevorstehende Operation, worum es ging, um wen es ging und dass nichts schief gehen durfte. Sie antwortete knapp und sachlich:

      »Keine Verluste, keine Beschädigungen. Gegenseite hat offenbar Probleme mit der Munition, Kadenz lässt fortlaufend nach, ist im Augenblick nur als sporadisch zu bezeichnen. Wir sind noch eine Biegung vom Objekt entfernt. Um uns herum ist alles kaputt. Wir müssen uns weiter nach Plan zurückziehen, um nicht frei in der Pampa zu stehen, oder den Gegenschlag beginnen.«

      Anheuser teilte Carbones Einschätzung. Die Füsiliere blieben bei dem Gefecht zwar unverletzt, nicht jedoch die Jacht. Nicht so sehr durch die Hartkernmunition der Feuerwaffen, sondern durch die kleinen Raketen wurden erhebliche Beschädigungen angerichtet. Ganze Kabinen flogen bei einem Treffer auseinander, die nicht aus Cardonium bestehenden Wände lösten sich meist in Fetzen auf und hinterließen einen großen Trümmerhaufen. Nach und nach hatte der Kampf zwischen Carbones Trupp und den Gegnern eine breite Schneise durch die Jacht geschlagen, die sich immer mehr dem Schicksal der Verschrottung näherte. Wichtiger für den Augenblick war aber die Erkenntnis, dass der Plan aufgebraucht war. Der Rückzug im Schneckentempo war nicht mehr weiter möglich, es war nicht genug Schiff übrig und das musste in sehr kurzer Zeit auch den Leuten in der Zentrale klar werden.

      »Watkins, bereit?«

      »Bereiter geht es nicht«, knarzte es aus dem Kopfhörer. »Reaktionszeit zwo Sekunden.«

      »Verstanden.«

      Zeit, der Grizzly den entscheidenden Wink zu geben.

      »Grizzly, Grizzly, bereit für Zugriff. Erbitte unverzüglich Genehmigung, Zeitfenster sehr eng. Wiederhole, Zeitfenster sehr eng.«

      Alles schwieg. Aus dem hohlen Nichts glaubte Anheuser, ein Rauschen heraushören zu können, was natürlich eine Illusion war. So schlecht war die Horaveische Technik nun auch wieder nicht.

      Die erlösenden Worte tropften aus dem Äther:

      »Kayaa Katinka.«

      Das Zeichen zum Angriff. Alle Füsiliere hatten die Worte vernommen, den eigentlichen Einsatzbefehl gab Anheuser selbst. Es war ein schlichtes »Drei«. Jeder zählte für sich die drei Sekunden ab, dann brach die Hölle los. Der Lärm vertrieb rabiat die Stille. Auf dem Maschinendeck legte Claudia Carbone die kleinkalibrige Schusswaffe weg und nahm die Raketen-Schleuder zu Hand. Ein anderer Füsilier ihres Trupps konnte endlich zur auf seinem Rücken befestigten Motorkanone greifen und tat dies äußerst beherzt. Die Kanonen spuckten einen meterlangen Feuerstrahl aus, der doch nur das äußere Zeichen für den ungeheuren Geschosshagel darstellte, den die Waffe über dem Gegner ausschüttete. Carbone und zwei andere Füsiliere fügten mit den Mini-Raketen aus der Schleuder der allgemeinen Vernichtungskraft zusätzliche Zerstörungen bei. Die Männer auf der anderen Seite wurden förmlich weggefegt und bereits nach zehn Sekunden musste Carbone

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