Ein Seemann erzählt von seiner Seefahrt in zwei deutschen Staaten - Herausgeber: Jürgen Ruszkowski. Knut Freiwald
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Den Hafen Tuticorin kannte ich schon von Anläufen mit kleineren Reederei-Schiffen.
Die „CIMBRIA“ war nun das erste Schiff, welches nach Fertigstellung den neuen Containerterminal den Hafen anlief. Geplant war, dass nach Fertigstellung der Containerpier dann der Hafen wesentlich größeren Containerschiffen angelaufen werden konnten. Demensprechend waren die Länge der Containerpier und der dafür notwendige Tiefgang ausgelegt worden.
Der Lotse kam auf Reede an Bord, wir gingen Anker auf und nahmen Fahrt auf. Ich hatte ihm wie üblich die Schiffsdaten gegeben, wie Länge, Tiefgang, Geschwindigkeit bei den einzelnen Fahrstufen, eben die Manövriereigenschaften des Schiffes. Er muss wohl nicht ganz zugehört haben, wir waren inzwischen dicht vor dem Einlauf in den Kanal, welcher mit Tonnen begrenzt war, Richtung Molen, als er noch mal nach unserer Minimum-Geschwindigkeit fragte. „Oh“, sagte er „das ist viel zu schnell“ und drehte vor Einfahrt in den Kanal mit Hart Steuerbord ab und fuhr zurück zur Reede. Dort wurde wieder geankert. Sorgen bereitete das Stoppen des Schiffes unmittelbar nach Passieren der Molen. Das Problem war, das nach Passieren der Molen nur wenig Raum verblieb das Schiff aufzustoppen und nach Backbord zu drehen, dahinter kam flaches Wasser mit steinigem Untergrund. Zum Einlaufen war aber eine gewisse Grundgeschwindigkeit notwendig, um das Schiff bei Wind und Strom steuerfähig zu halten. Dazu musste mit Minimum 7-9 Knoten gefahren werden, um das Schiff steuerfähig zu halten. Nun kam der Cheflotse an Bord, um gemeinsam das Einlaufen abzuklären. Ich fragte, welche Schlepper im Hafen zur Verfügung stehen. Darunter war ein Schlepper, im Gegensatz zu früher, mit über 5.000 PS.
Daraufhin schlug ich vor, den Schlepper vor die Molen zu beordern und ihn am Anfang des Kanals als Heckschlepper festzumachen, damit er nach Passieren der Molen helfen kann, das Schiff aufzustoppen. Gesagt getan, und so kamen wir sicher in den Hafen und an die Pier. Danach waren Schiffe von Maersk-Line geplant, die noch größer waren, und es wurde in der gleichen Weise festgemacht. Von Tuticorin ging es über Mundra zum Suezkanal. Es sollte die erste Suezpassage für das Schiff und auch für mich als Kapitän werden. Ich war zwar schon als 1. Offizier mehrmals durch den Suezkanal gefahren, aber eben nicht als verantwortlicher Kapitän. So hieß es, sich erst einmal mit den ganzen Formalitäten vertraut zu machen. Für die Passage benötigt das Schiff den Suezkanal-Brief. Dieses Dokument hat man vorab an Bord geschickt. Bei erstmaliger Durchfahrt werden aber von den ägyptischen Behörden alle gemachten Angaben sehr sorgfältig überprüft, da er Grundlage für die Kanalgebühren ist. Auf Reede Suez kamen diese Behörden in großer Delegationsstärke an Bord und verlangten nun alle Dokumente im Original zur Ansicht, um diese mit den Eintragungen im Suezkanal-Brief zu vergleichen. Wichtig war letztendlich, dass man den Finalstempel erhielt, dass die Papiere und somit der Kanalbrief in Ordnung war. Dabei wurde erwartet, dass als Präsent Whiskey und Zigaretten übergeben wurden. Dies tat ich reichlich, schon um ein gutes Arbeitsklima zu schaffen. Die Beamten können ansonsten durchaus sehr kleinlich werden, was nur Ärger und Verzögerungen mit sich bringt. Als die „CIMBRIA“ am nächsten Morgen in den Tageskonvoi eingegliedert wurde, dazu bekam man eine Nummer, wurden wir zu meiner Überraschung als Nummer zwei eingeordnet. Zu meiner Überraschung deshalb, da wir uns mit Mühe und Not gerade noch im Zeitrahmen als einer der Letzten gemäß Meldezeitlimit für diesen Konvoi angemeldet hatten. Dies sollte auch so bleiben bei all meinen nun nachfolgenden Passagen des Suezkanals mit dem Schiff. Egal, wann ich mich anmeldete, die Kontrollen vor der Konvoi-Fahrt verliefen außerordentlich freundlich. Anschließend erhielten wir immer eine Nummer an der Spitze des Konvois, was sehr viel Zeit sparte, weil wir als einer der Ersten den Kanals passiert hatten. So konnten wir, nachdem wir uns frei gefahren hatten, schnell auf Seegeschwindigkeit gehen und unsere Reise fortsetzen.
Eine Episode noch, die südgehend beim Einlaufen von Port Said passierte. In Port Said wird immer die Klarierung für die Durchfahrt des Suezkanals durchgeführt. In der Regel wird dazu an den Tonnen festgemacht, beziehungsweise einlaufend mit St.b-Seite an der Landseite. Das Schiff sollte nun früh am Morgen in den Konvoi eingegliedert werden. Der Lotse kam an Bord, und wir fuhren von Reede Richtung Einfahrt. Es war kurz vor Sonnenaufgang, und die Sonne sich begann am Horizont zu zeigen. Der Lotse verlangte eine saubere Unterlage, und er begann pflichtgemäß sein Morgengebet in der Brückennock zu tätigen, was natürlich dauerte. Lotsenberatung hin oder her, dies war in diesem Moment nebensächlich.
Also war es meine Aufgabe, das Schiff sicher bis Port Said Hafen zu bringen. Zum Glück war der Lotse dann aber wenigstens zum Festmachen des Schiffes wieder einsatzbereit. Auf diese Besonderheiten sollte man in solchen Ländern vorbereitet sein.
Es wird nun Zeit sich vom MS „CIMBRIA zu verabschieden. Versäumen möchte ich nicht, allen Seeleuten die weiter verantwortungsvoll ihren entbehrungsreichen und harten Dienst auf See ausführen allzeit gute Fahrt eine Handbreit Wasser unter dem Kiel sowie immer eine glückliche Heimkehr zu wünschen.
Dies erinnert mich an meine Lehrzeit bei der Deutschen Seereederei Rostock.
Begonnen mit der Seefahrt als Matrosenlehrling in der Deutschen Demokratischen Republik, der das Ziel hatte, Kapitän zu werden, konnte ich mein Lebensziel und meinen Kindheitstraum erst in der Bundesrepublik Deutschland erreichen und verwirklichen. Dies ist auch der Grund warum ich sage, gerade, weil wir nun Hamburg anlaufen, ich bin angekommen. Hier schließt sich ein Kreis, der im Jahre 1966 begann.
Der Kapitän der „CIMBRIA“ mit seinen Offizieren zu Weihnachten in der Messe.
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Herkunft, Kindheit, Jugend
Herkunft, Kindheit, Jugend
Geboren 1950 in Schlieben, einer kleinen Stadt in der Lausitz im heutigen Bundesland Brandenburg.
Der sogenannten erste Arbeiter- und Bauern-Staat Deutschlands, die DDR existierte noch nicht einmal ein halbes Jahr, sollte aber dann Einfluss nehmen auf meine Entwicklung und mein Leben bis zu seinem Zusammenbruch im November 1989.
Meine Oma sagte immer, ich gehe mit dem halben Jahrhundert.
Schlieben ist eine über tausendjährige kleine reizvolle Stadt in der Lausitz, gelegen am ehemaligen Handelsweg nach Leipzig, heute Bundesstraße 87. Das Stadtbild wird geprägt vom Marktplatz mit seiner sehr schönen Backsteinkirche.
Dort wurde ich nach dem damaligen Brauch getauft. Der sozialistische Arbeiter- und- Bauern-Staat hatte andere Sorgen, als sich mit der Kirche zu beschäftigen. Dies sollte erst später ein Thema für Staat und Regierung werden. Der Lange Berg mit seinem wunderschönen alten Baumbestand und der Kirchturm sind schon von weiten zu sehen, wenn man sich Schlieben nähert. Dort befindet sich der Friedhof und zu damaliger Zeit ein Ausfluglokal mit Kegelbahn sowie der Fußballplatz. Weiterhin ein Turm zum Gedenken an die Gefallenen der Weltkriege, von wo aus man eine schöne Aussicht auf die Umgebung von Schlieben hat. Nicht zu vergessen die