Ein Seemann erzählt von seiner Seefahrt in zwei deutschen Staaten - Herausgeber: Jürgen Ruszkowski. Knut Freiwald

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Ein Seemann erzählt von seiner Seefahrt in zwei deutschen Staaten - Herausgeber: Jürgen Ruszkowski - Knut Freiwald maritimen gelben Buchreihe

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an Deck, eingebunden in den normalen Arbeitsdienstplan des 1. Offiziers (auch Chief Mate genannt). Die „THEODOR KÖRNER“ war zu diesem Zweck mit verschiedenartigen Ladesystemen, Luken-Abdeckungen, Rettungsbooten etc. ausgerüstet, so dass eine gute praktische Ausbildung gewährleistet war. Die Brigaden erhielten im Wechsel eine Woche Theorie- und dann eine Woche Praxisunterricht. Der Praxisunterricht enthielt auch den Dienst auf der Brücke.

      Eingesetzt war die „THEODOR KÖRNER“ im Liniendienst Europa – Cuba – Mexiko ­– Europa.

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      „THEODOR KÖRNER“

      Als Häfen wurden angelaufen von Rostock ausgehend Antwerpen – London – Vera Cruz – Tampico – Havanna und diverse kleine Häfen auf Kuba, um jeweils Zucker in Säcken, Rum in Fässern oder anderes Stückgut zu laden. Danach ging es meistens direkt zurück nach Rostock. Für uns Neulinge eine Traumreise.

      Nachdem die Lade- und Löscharbeiten abgeschlossen waren, wurde das Schiff zum Auslaufen klar gemacht.

      Es war eine spezielle Ehrung und Gruß der „THEODOR KÖRNER“ an den jeweiligen Hafen, dass zum An- und Ablegen Breitseite gepfiffen wurde. Dazu trat die Lehrlingsbesatzung inklusive Lehrkörper in Uniform an der jeweiligen Landseite an, und es spielte der bordeigene Spielmannzug.

Grafik 105

       Der bordeigene Spielmannszug

      Es war schon ein feierlicher und erhebender Augenblick, wie das Schiff unter Trommel- und Fanfarenklängen in den Hafen einlief verließ oder ihn wieder verließ. Auch ein erhebender Anblick in diesem Fall für die Urlauber, die das Auslaufen immer von der Mole Warnemünde verfolgten.

      Es sollten drei Monate vergehen, ehe wir wieder im Heimathafen ankamen. Das Schiff wurde damals vom bekannten und verdienstvollen Kapitän Herbert Schickedanz geführt. Kapitän Schickedanz war schon über Sechzig und von altem Schrot und Korn. Bürstenhaarschnitt, straffes Auftreten, wie ein Abbild der Offiziere der ehemaligen kaiserlichen Marine. Immer wenn er eine Ansprache hielt, benutze er ein Monokel, so etwas habe ich im Nachhinein nie wieder gesehen. Wir hatten alle großen Respekt vor ihm und sein großer Kammerrundgang am Monatsende war stets gefürchtet. Das Schiff fuhr auslaufend Rostock durch das Kattegat und Skagerrak, denn der Nord-Ostsee- Kanal war für uns tabu. Es sollte jegliches Risiko einer möglichen Republikflucht von Besatzungsmitgliedern vermieden werden. Diese Angst vor möglichen Republikfluchten hatte über Jahrzehnte hinweg eine Flut von Maßnahmen und Vorschriften zur Folge, sowohl vonseiten der Reederei als auch von den entsprechenden verantwortlichen Sicherheitsorganen. Dies machte es im Nachhinein immer schwieriger, überhaupt noch in den Besitz eines Seefahrtsbuches zu kommen. Dies war Voraussetzung für den Beruf des Seemanns.

      Als die „THEODOR KÖRNER“ den Ausgang des Skagerrak erreicht hatte, erwartete uns dort, als wir Skagen umrundet hatten, eine stürmische nordwestliche See mit Windstärke 6-7. Die Folge war, dass das Schiff heftig mit Stampfen und Rollen anfing. Resultat war, der größte Teil der neuen Lehrlinge wurde seekrank. Jeder, der es schon mal erlebt hat, weiß wie krankmachend der Tribut an Neptun ist. In unserem D-Deck hatten wir eine Toilette mit fünf Einzeltoiletten, den sogenannten Fünfzylinder. Bei dem Andrang und den Massen von Toilettenpapier, die verwendet wurden, waren ruckzuck alle fünf Toiletten verstopft. Also mussten einige Lehrlinge ran zum Reinigen. Leider war auch ich unter den Ausgewählten und musste nun versuchen, mit langen übergestülpten Gummihandschuhen diese Toiletten zu reinigen. Das ging dann abwechselnd so, kotzen, reinigen, kotzen, reinigen. So zahlte ich fleißig meinen Tribut an den Meeresgott. Das war meine zweite Arbeitshandlung als Matrosenlehrling. Unser Politoffizier ging währenddessen durch alle Kammern der Lehrlinge und spendete väterlichen Trost. Danach begann die normale Ausbildung. Je nach Diensteinteilung Theorie oder Praxis.

      Das Essen an Bord war immer ausreichend und gut. Die Lehrlinge mussten sich selbst bedienen. Dazu wurde von jeder Brigade wöchentlich für den Tisch der Brigade ein Backschafter bestimmt. Für die Lehrbootsleute wurde ein Lehrling aus dem 1. Lehrjahr jeweils für eine Woche abkommandiert. An Getränken gab es pro Lehrling täglich zwei Flaschen alkoholfreie Getränke, ansonsten stand immer Tee zum Trinken zur Verfügung. Nur zu Feiertagen erhielten wir mal zwei Flaschen Bier oder ein Glas Bowle.

      Der Tagesablauf war ähnlich wie beim Militär. Morgens um sechs wurde Reise, Reise gepfiffen. Es folgten waschen, Zähne putzen, Kammer-Reinschiff, fertigmachen zum Frühstück.

      Um 8 Uhr dann Morgenappell mit Verteilung des täglichen Dienstes. Bei diesem Morgenappell fand auch immer eine Zeug-Musterung statt. Das heißt, es wurde die persönliche Ausrüstung geprüft und ob jeder sauber und ordentlich zum Appell angetreten war. Des weiteren wurden Teile der persönliche Dienstwäsche überprüft, ob richtig gewaschen, gebügelt, die Schuhe ordentlich geputzt (den Steg dabei nicht vergessen!) etc. Das Dilemma war, für uns Lehrlinge existierten keine Waschmaschinen, es musste also alles per Hand und mit Schrubber gewaschen werden. Hatte das Antreten zum Morgenappell nicht den Vorstellungen unseres Leitenden Ausbildungsoffiziers entsprochen, wurde nachexerziert, solange bis es klappte. Dabei erinnere ich mich noch gut an die Stimme unseres Lehroberbootsmannes, welcher die Meldung an den Leitenden Ausbildungsoffizier gab, dass alle zum Morgenappell angetreten seien. Diese Stimme war von mittschiffs bis zur Back zu hören.

      Danach erfolgte die Arbeit, unterbrochen von einer Mittagspause, und am Nachmittag wurde die Ausbildung fortgesetzt. Um 17.30 h war Abendbrot. Danach Freizeit, die unter anderem zum Lernen genutzt werden sollte. Wir lernten hier sowohl die Theorie und die Praxis des Berufes eines Matrosen von der Pike auf. Die Ausbildung war ausgezeichnet, denn die Absolventen der „THEODOR KÖRNER“ hatten einen guten Ruf in der Flotte. Besonders auf die seemännischen Arbeiten wurde großer Wert gelegt. Die Seemannsknoten und Spleiße, die ich dort lernte, kann ich heute noch.

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      Wir mussten sie im Schlaf beherrschen. Zum theoretischen Unterricht gehörte wie überall an den Schulen der DDR der Staatsbürgerkundeunterricht dazu. Hier wurde noch zusätzlich sozialistische Betriebswirtschaft gelehrt. Hinzu kam natürlich der Englischunterricht. Hier hatte ich einen großen Nachteil, da ich an meiner alten Schule nicht am Englischunterricht teilnehmen konnte. Englisch war damals in der DDR ein außerschulisches Extrafach und wurde nach dem offiziellen Unterricht gegeben. Da ich aber immer auf meinem Schulbus angewiesen war, konnte ich daran nicht teilnehmen. Der Unterricht an Bord begann also auf der Basis des Abschlusses der 10. Klasse, der mir und auch anderen total fehlte. So hatte ich die ganze Zeit während meiner Lehrzeit und auch später große Schwierigkeiten mit der englischen Sprache. Besonders bei meiner Fahrzeit nach der Wende sollte es sich negativ bemerkbar machen. Ansonsten war ich sowohl in der Theorie und in der Praxis wieder ein guter Lehrling. Der Dienst war nicht immer einfach, auch teilweise hart, wenn ich da noch an das Pullen in Vera Cruz oder Havanna denke.

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       Havanna

      Bei brütender tropischer Sonne in voller Montur wurde dort die Ausbildung zum Rettungsbootsmann absolviert. Und dann unsere Kammer, sie war für acht Lehrlinge ausgelegt. Jeder hatte seine Koje, einen Spind und eine Backskiste für die Sachen, die zusätzlich als Sitzgelegenheit am Kammertisch diente. Als weiterer Aufenthaltsort standen uns noch unsere Messe und die Klassenräume zur Verfügung sowie

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