Der Schatten Deiner Seele. Hazel McNellis

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Der Schatten Deiner Seele - Hazel McNellis Elfen

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Wasser rann ihm mit wohltuender Frische an den Mundwinkeln vorbei und den Hals hinab, wo es zügig verdunstete.

      Die Frau sagte etwas, doch er hörte es nicht. Er wollte es gar nicht hören. Der Durst überwältigte ihn.

      Da entriss ihm der Fremde wütend rufend die Wasserflasche. Kieran ballte instinktiv die Hände. Er musste nicht erst darüber nachdenken. Die Kampfhaltung war ihm in all den Jahrhunderten in Fleisch und Blut übergegangen, ein Brandmal seiner Seele. Als er die Fäuste herausfordernd hob, schauten die Fremden verblüfft.

      Er könnte das Wasser stehlen, schoss es ihm durch die Gedanken. Es ihnen rauben wie ein jämmerlicher Dieb. Ein Minderer. Der Vergleich rührte etwas in ihm. Nur langsam löste er die Haltung wieder auf.

      »Wer seid ihr?«, fragte er. Jedes Wort schmerzte. Es kratzte heftig im Hals, sodass er hustete, was weitere Schmerzen zur Folge hatte.

      Die Leute murmelten einander seltsame Silben zu. Er verstand sie nicht. Da wandte sich einer ihm zu, bereit zu reden.

      »Wanderer.«

      Der einzelne Begriff glitt weich wie Samt über die Lippen des Nomaden.

      »Was soll das heißen?«, fragte Kieran. Der Kerl sprach erneut mit den anderen und übersetzte seine Worte. »Ich danke euch für das Wasser«, schob Kieran nach, als die Antwort ausblieb. Die Leute nickten.

      »Tot, wenn du bleibst«, meinte der Mann und taxierte ihn beiläufig von oben bis unten. »Wir können helfen. Wir haben Kleidung. Wasser. Essen. Du hast nichts. Du stirbst.«

      Skeptisch zögerte Kieran. »Ich kann euch aber nicht bezahlen«, wandte er ein.

      »Wir helfen. Komm.«

      Was hatte er zu verlieren? Warum sollte er es dem Knochenmann leicht machen, wenn ihm offensichtlich Retter gesandt wurden?

      Kieran begleitete die Wüstenwanderer bis zu einem Zeltlager am Fuß eines niedrigen Hügels, der kaum einen Schatten warf. Die Frau führte ihn in ein größeres Zelt. Dort versorgte sie ihn mit Wasser und einer kräftigen Brühe. Er bekam zusätzlich eine kühlende Salbe und ein paar Stoffbahnen, um seine Wunden zu verbinden. Danach überreichte sie ihm einen Umhang, dessen sandige Tönung deutlich besser in diese Gegend passte als sein eigener.

      Er saß auf einem weichen Kissen, die Frau rührte in einer breiten Pfanne. Draußen hörte er die Stimmen der Männer. Wieder verstand er kein Wort. Die Frau beachtete ihn nicht. Alles war ruhig, beinahe friedlich.

      Er zog den roten Faden aus seiner Manteltasche hervor, betrachtete das zarte, blutrot gefärbte Geflecht, das ein hauchdünner Goldschimmer umgab. Was geschah mit dem Elfenreich? Jetzt, da er dieses Artefakt mit sich trug? Breitete sich das Nichts, die unheilvolle Schwärze des Knochenmannes, weiter ungehindert aus? Wie ging es seinem Halbbruder Rohàn und dessen Tochter Lihana? Kieran zwirbelte den Faden zwischen den Fingern. Wie erging es Ariana? Ein Teil von ihm wünschte, er hätte mehr Zeit gehabt. Er hätte diese fremde Prinzessin besser kennenlernen und ihre Seele eingehender ergründen sollen. Ein Seufzen entfuhr ihm bei dem Gedanken an ihre weichen Lippen. Er schloss die Augen. Frustration kroch in ihm hoch. Bitter und schwer lag sie ihm im Magen. Resolut steckte er den Faden weg und hob den Blick.

      Ertappt blinzelte er die Nomadin an, die ihn streng musterte. Längst hatte sie aufgehört, in ihrer Pfanne zu rühren. Ihm war entgangen, wie sie ihn beobachtete. Sie starrte ihn an wie ein Insekt. Eines, das seinen Stachel offengelegt hatte und nun deswegen beseitigt werden musste.

      »Ich muss mit jemandem sprechen«, sagte er. Dabei erwiderte er ihren glotzenden Blick und wartete.

      Sie antwortete nicht, sondern sprang kurzerhand auf ihre nackten Füße und hastete durch den Zelteingang nach draußen.

      Stimmen wurden laut.

      Das Zelt war geräumig genug für mehr als zwei Personen. Zugleich war das Zeltdach ausreichend hoch, sodass er den Kopf nicht einzuziehen brauchte, wenn er aufstand. Die hellbraunen Stoffbahnen um ihn herum wiegten sich in einer unscheinbaren, aber trockenen und heißen Brise. Durch die Öffnung zu seiner Linken sah er einige Männer in einer Gruppe beisammenstehen. Einer gestikulierte lebhaft, deutete auf das Zelt und auf ihn. Kieran verstand nicht, was sie sagten. Doch die Körpersprache schien ihm eindeutig. Er zog die Brauen zusammen. Dieses Wüstenvolk wollte ihn nicht länger bei sich haben. Schluss mit der Gastfreundschaft. Offenbar nahmen sie ihn nun als Bedrohung wahr.

      Seine Hand glitt zur Brusttasche, in die er den Faden verborgen hielt. Er wollte nichts lieber, als dieses verdammte Ding wieder loswerden. Aber damit wäre jede Chance vertan, Ariana wiederzusehen, dem Tod zu entrinnen oder sein Volk vor dem Schattenreich zu schützen. Seine Zähne gaben ein leises Knirschen von sich. Er hatte den Kiefer angespannt, ohne es zu merken. Mühsam löste er die Spannung wieder, atmete tiefer und wandte dem Zelteingang den Rücken zu.

      Kurz darauf schlug einer der Wüstenmänner die Stoffbahn grob beiseite, die den Eingang halb verhüllt hatte. Er sah sich um, entdeckte Kieran, und kam auf ihn zu. Sein Gesicht offenbarte dieselbe Art von Anspannung, die Kieran von innen heraus zu zerfressen drohte.

      »Was ist los?«, fragte er und humpelte rückwärts, um Abstand zu gewinnen. Der Eindringling war zwar nicht offen bewaffnet, dennoch wollte er kein Risiko eingehen.

      Zwei weitere Männer blieben am Eingang stehen und verschränkten die Arme vor der Brust. Fürchteten sie, er würde fliehen? In die Hölle hinaus? Kieran schnaubte.

      »Du trägst es bei dir«, stellte der erste der Wanderer fest. Sein Kinn ruckte in seine Richtung.

      »Was meinst du?«

      »Den Zwirn.«

      Kieran zögerte. Was wusste dieses Volk?

      »Sie sagt, du hast es«, fuhr der Wanderer fort.

      »Und wenn es so ist?«

      »Nicht sicher für uns. Du musst gehen.«

      Der Typ schien nicht wie jemand, der über die Heiligtümer und Hüter Bescheid wüsste. Er konnte unmöglich im Bilde sein, wie die roten Fäden die Welten zusammenhielten.

      »Ich weiß nicht, wovon du redest.«

      »Du glaubst, wir wissen nicht. Aber das ist gelogen. Wir kennen das Geheimnis. Erkläre, warum du ihn hast.« Er hob in aller Unschuld beide Hände. »Wir helfen, keine Feinde.«

      »Das entscheide ich besser selbst.«

      Bisher hatte er seine spitzen Elfenohren verbergen können. Aber wenn diese Wanderer Bescheid wussten, wie konnte er sicher sein, dass sie nicht auch das Elfenreich kannten? Über den Tod im Bilde waren? Den Schleier?

      »Warum ist der Faden eine Gefahr?«, fragte er.

      Der Nomade senkte seine Hände wieder. »Sie sind alt. Sie tragen viel Magie in sich. Wir kennen den Ort, an dem sie gesammelt werden.«

      »Eine heilige Stätte?«, fragte Kieran.

      Der Kerl nickte und zog eine Schulter hoch.

      »Heilig, ja. Ort der Sammlung. Dort bewachen sie die Zwirne. Fehlt einer ...«

      Er führte den Satz nicht zum Ende, doch Kieran verstand ihn auch so. Wenn es in dieser Welt Hüter und Fäden gab, existierten sie ebenso im Reich der Prinzessin, in Tarnàl. Und das wiederum gab ihm genügend Grund

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