Der Schatten Deiner Seele. Hazel McNellis

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Der Schatten Deiner Seele - Hazel McNellis Elfen

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Mann, der einen Hütehund an der Leine hielt, hob die andere Hand zum Mund und bildete einen Trichter. »Wer denn?«, rief er dem Jungen hinterher. »Wer kommt?«

      »Die Prinzessin«, schrie das Kind zurück, warf einen Blick über die Schulter, grinste und deutete in Arianas Richtung. »Seht doch!« Auf einem wunderschönen Pferd kommt sie.«

      Die Menge lachte. Ein Teil der Leute nahm seinen Betrieb wieder auf. Der andere, weitaus größere Anteil sammelte sich um Ariana. Jeder wollte sie berühren, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, sich eine Winzigkeit lang in ihrem Ansehen sonnen.

      Ihr Blick wanderte über die Menge. Ein Mann am äußeren Rand zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Er tat nichts, stand nur so da und lehnte an der Ecke zu einem Haus. Dennoch fiel es ihr schwer, wegzusehen. In ihrem Magen flog ein Schwarm Schmetterlinge auf. Ihr Herz klopfte schneller bei seinem Anblick und sämtliche Muskeln ihres Körpers spannten sich an.

      Die Hoffnung lauerte unter der Oberfläche ihrer vagen Gedanken. Die Emotionen kochten in ihr hoch.

      Hastig sah sie fort. Doch es war schon zu spät. Ihre unlogischen Gefühle bemächtigten sich ihrer Gedanken, lenkten ihre Blicke immer wieder zu ihm hin. Er trug einfache Kleidung, die ihm nicht richtig passte. Seine blonden Haare reichten ihm vorne bis zum Kinn, während sie hinten gekürzt waren. Er hatte die Augenbrauen grimmig zusammengezogen, sodass sich eine ernste Runzel zwischen ihnen abzeichnete. Anders als die Bürger in diesem Land waren es seine Augen, die sie im Bann hielten.

      Sie waren nicht blau, sondern dunkel, fast schwarz.

      Geistesabwesend tätschelte sie den Hals des Pferdes, das ihre Nervosität spürte und unter ihr tänzelte. Wer war dieser Mann?

      In dem Moment stieß er sich von der Hauswand ab und kam auf sie zu. Ihr stockte der Atem, als sie seine Bewegungen verfolgte, die ihr doch so vertraut erschienen. Er schob sich an Personen vorbei, beachtete ihr Murren und Schimpfen gar nicht. Stattdessen starrte er Ariana unverwandt an.

      Er kam dicht neben ihrem Pferd zum Stehen. Aus der Nähe betrachtet erschien ihr das Gefühl der Vertrautheit noch auffälliger. Da war dieser Zug um die vollen Lippen, bei denen die untere etwas fülliger war als die obere. Dieser Blick aus seinen Augen. Die darin verborgene Ernsthaftigkeit zusammen mit einem Ausdruck, der ihn unweigerlich von den einfachen Bürgern unterschied.

      Er musterte sie ebenso wie sie ihn. Sein Blick glitt an ihrem purpurnen Kleid hoch, runter und wieder zurück zu ihrem Gesicht. In seinen Augen ruhte eine tiefe Erkenntnis, die sie erschütterte.

      Sie war unfähig, ein Wort hervorzubringen, etwas zu ihm zu sagen und diesen Moment aufzuklären. Seine Augen waren schwarz wie die dunkelste Nacht, die aufsteigende Finsternis in Kierans Reich. Zitternd sog sie den Atem in ihre Lungen. Ihre Finger krampften sich um die Zügel zusammen. Das Pferd schnaubte und schüttelte den Kopf.

      »He«, meinte plötzlich eine Stimme neben dem Mann. »Lass der Prinzessin Platz!« Schon schubste er ihn zur Seite, woraufhin die Menge ihn verschluckte.

      War er es?

      Es war unmöglich, er konnte es nicht sein – oder? Sie runzelte verwirrt die Stirn. Das Blut rauschte in ihren Ohren.

      »Ariana«, rief der Außenseiter.

      Ihr Herzschlag setzte aus, dann wieder ein. Der Puls galoppierte in ihren Adern. Sie starrte ihn an. Ihr Mundwinkel zuckte.

      »Wir kennen uns«, fuhr er fort. In die Menge mischte sich Gemurmel. Der Tratsch keimte.

      »Was?«, krächzte sie. Dabei zitterte ihre Stimme und sie verfluchte sich dafür. Denn es heizte die Gerüchteküche weiter an. Gänsehaut breitete sich auf ihrer Haut aus.

      »Wir kennen uns«, wiederholte er mit mehr Bestimmtheit in der Stimme, die so eindeutig war, so tief und melodisch, dass sie fürchten musste, jetzt und in dieser Sekunde in Ohnmacht zu fallen. Dabei war ihr Aufenthalt in Mérilan in eben dieser Sekunde ihres Lebens goldrichtig. Vielleicht war dieser Augenblick sogar das einzig Richtige in ihrer gesamten Existenz. Dennoch schaffte sie es, ihren Blick von seinem Gesicht zu lösen und umherschweifen zu lassen. Die Menschen flüsterten aufgebracht miteinander.

      »Vielleicht täusche ich mich«, ergänzte der Mann. Hatte er ihr Problem erkannt? Wusste er, wie schädlich ein solcher Skandal sein konnte?

      Die Leute um ihn her brachen in spöttisches Gelächter aus. Jemand klopfte ihm auf die Schulter. Erleichterung stieg in Ariana auf. Sie lenkte ihr Pferd weiter und fort von der Menge. Die Menschenmenge löste sich bereitwillig auf und ließ sie ziehen. In ihren Gesichtern las sie ein seliges Lächeln. Ariana schaute nach einem kurzen Moment noch einmal zurück.

      Sie verfolgte stirnrunzelnd, wie der Fremde von zwei anderen Männern angesprochen wurde. Sie deuteten in die Ferne und erklärten ihm etwas. Er nickte daraufhin und verschwand in einer Seitengasse.

      Ariana ritt zum Palast zurück, wo sie eisiges Schweigen erwartete.

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