Der Schatten Deiner Seele. Hazel McNellis
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Читать онлайн книгу Der Schatten Deiner Seele - Hazel McNellis страница 15
»Du willst mich ja bloß, um Herrscher über die Länder sein zu können«, warf sie ihm vor. Er seufzte tief.
»Natürlich will ich das«, sagte er ein wenig sanfter und trat näher. »Damit du und unsere Kinder eine sichere Zukunft haben werden.«
Kinder. Den Gedanken an gemeinsamen Nachwuchs hatte Ariana konsequent vermieden. Sie sahen einander an. Die Gefühle hinterließen nichts als traurige, staubige Ödnis in ihrem Herzen. Fionn kam zu ihr, schlang seine Arme um sie und zog sie in eine enge Umarmung. Nur zögernd erwiderte sie die Geste. »Lass uns nicht weiter darüber sprechen«, meinte er. Ariana legte ihre Wange an seine Brust und hörte den Herzschlag in sich widerhallen, ein stetes, kräftiges Pulsieren hinter den Rippen. »Wir zanken und ich will mich nicht entzweien. Du bist meine Frau, ich bin dein Mann. Wir schworen uns, einander zu achten und zu ehren. Daran wollen wir uns halten.« Sie beide wünschten Frieden und Harmonie. Sicherheit in einer unsicheren Welt. Eine Gänsehaut kroch ihr über die Haut. Unsicher löste sie sich aus seiner Umarmung und sah ihm ins Gesicht. Seine Züge waren weicher geworden, er lächelte sogar. Neben ihrem Kindheitsfreund erkannte sie aber auch den Mann in ihm. Der, der sie beobachtete. Der besitzergreifend war. Und der einen finsteren Anteil in sich trug, der ihr eine Heidenangst einjagte. »Du solltest schlafen«, meinte sie nach einem kurzen Augenblick. »Du auch.« »Ich werde eine Weile hinausgehen.« Langsam löste er seine Arme von ihr und gab sie frei. »Soll ich mitkommen?« »Ich wäre jetzt lieber allein.« Sie schlüpfte in ihre weichen Pantoffeln und verließ rasch das Zimmer.
***
»Ich gehe zum Markt«, eröffnete sie ihrem Schwiegervater und Fionn beim Frühstück. Beide Männer schauten auf.
»Allein?«, fragte Fionn.
»Warum nicht? Ich ging immer allein zum Markt. Wenn ich mir etwas Einfaches anziehe und einen Hut aufsetze, erkennt mich sicher niemand.«
Persàl schnaubte. »Als ob es am Hut liegt«, meinte er und lehnte sich zurück. »Ich lasse eine Magd und zwei Wachen mitgehen. Sie passen auf dich auf.«
Fionn nickte. »Es ist besser, du gehst nicht allein. In der Stadt ist es gefährlich.«
»Meinen Vater störte es nie und mir ist nie etwas geschehen.«
»Du bist hier nicht länger in Tarnàl«, sagte Fionn rau. Seine Kiefermuskeln zuckten angespannt und seine Hand lag geballt auf dem Tischtuch. »Ich sage, du gehst nicht allein«, fügte er hinzu. »Wenn du willst, begleite ich dich.«
»Das brauchst du nicht. Ich bin sicher, ihr habt hier eine Menge zu besprechen. Schließlich planst du, deinen eigenen Vater vom Thron zu stoßen.«
Stille breitete sich aus. Ihre Worte waren spitz gewählt. Doch sie lagen ihr auf der Zunge und waren längst gesprochen, noch ehe sie sie zurückzuhalten konnte. Beschämt senkte sie ihren Blick. »Verzeiht«, murmelte sie und betrachtete betreten ihren Teller und dessen goldenen Rand. »Es stand mir nicht zu, dies zu sagen.«
Kurz verharrten die Männer in Schweigen. Dann winkte der König ab. »Du hast das Herz am rechten Fleck, Mädchen, das habe ich gleich erkannt. Die Wahrheit sollte niemals verschleiert werden.«
Fionn schnaubte, was ihm einen kühlen Blick von Persàl einbrachte. Ariana stand auf.
Sie sehnte sich danach, die erdrückenden Mauern des Palastes hinter sich zu lassen. Die Sehnsucht nach Büchern brannte ebenso in ihr wie die Sehnsucht nach Kieran Maktùr. Das galt umso mehr, da Fionn das K-Wort ausgesprochen hatte.
Kinder. Der Gedanke schreckte sie. Er ließ sie umso deutlicher die Sehnsucht nach ihrem alten Zuhause spüren. Bevor sie den Raum verließ, wandte sie sich noch einmal um. »Ich werde den ganzen Tag fort sein, sorgt euch also nicht.« Fionn betrachtete sie ernst und für den König war ihre Abwesenheit ohnehin eine Nebensächlichkeit. Er hatte andere Sorgen. Als sie sich wenig später auf den Rücken des Pferdes hievte, wandte sie sich der Magd zu, die sie eigentlich begleiten sollte. »Hier hast du eine Liste mit den Dingen, die zu besorgen sind. Geh und erledige das.« »Aber, Prinzessin«, wandte das Mädchen ein. »Ich soll euch begleiten.« »Ich könnte dem König mitteilen, dass er eine ungehorsame Magd in seiner Dienerschaft beschäftigt.« Die Augen des Mädchens weiteten sich. »Bitte nicht«, lenkte sie ein. Ariana schickte sie daraufhin weg und warf den zwei Palastwachen einen Blick zu. »Ihr begleitet mich bis zur Grenze«, erklärte sie. »Ich werde in Tarnàl sicher sein. Mir droht dort keine Gefahr. Ihr wartet an der Grenze auf mich. Wir treffen uns am Nachmittag wieder.« »Aber, Prinzessin«, fing einer von ihnen an. »Kein aber«, entgegnete sie mit fester Stimme. »Ich reite allein. Ein Wort zum König und ich persönlich sorge dafür, dass man euch bestraft. Habt ihr das verstanden?« Die Wachen zögerten einen Augenblick. Dann nickten sie langsam, woraufhin Ariana sie anlächelte. »Dann können wir ja jetzt los«, sagte sie und ritt voraus.
07 – Begegnungen
Seufzend ließ sie sich in die weichen Polster ihres Lesesessels sinken. Als sie zuletzt die Palastbibliothek ihrer Heimat aufgesucht hatte, hatten mehrere Dinge an einem einzelnen Tag ihr Leben für immer auf den Kopf gestellt. Zum einen war da der Kuss von Fionn gewesen – der erste Kuss in ihrem Leben. Zum anderen hatte es sie unversehens in Kierans Reich katapultiert. Ob es heute wieder geschehen würde?
Arianas Gedanken glitten zurück zu ihm. Wie ein roter Faden spannte sich das Band zwischen ihnen. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als mit dem Elfenkönig vereint zu sein. Fort von Fionn und Farnàl. Fort von allen höfischen Verpflichtungen als angehende Thronerbin.
Ein Seufzen huschte über ihre Lippen. Sie ließ ihren Blick gedankenverloren über die Regale und Buchrücken wandern. Einem Impuls folgend erhob sie sich und trat ans Regal. Das Rascheln ihrer Röcke begleitete sie. Der hölzerne Boden unter ihren Schuhen knarrte, als sie ihr Gewicht verlagerte, den Arm emporhob und nach dem Einband des Buches griff.
Sie betrachtete es und ließ ihre Finger liebkosend über das rostrote Leder gleiten. Es war eine Zärtlichkeit, der Versuch eine tiefere Verbindung herzustellen, wo keine mehr war. Ein dicker Kloß klebte in ihrer Kehle und ließ sie hart schlucken. Ariana blinzelte die aufsteigenden Tränen weg, doch ihre Augen füllten sich sofort wieder mit der Flut ihrer Gefühle. Wie konnte sie ihrem Schicksal an Fionns Seite entrinnen? Die Tatsache, dass er sich Kinder aus ihrer Verbindung erhoffte, war ihr ein Graus.
Dabei ging es nicht so sehr um den Gedanken, selbst einmal Kinder zu haben, sondern vielmehr darum, Fionn in einer Vaterrolle an ihrer Seite zu betrachten. Jedes Mal, wenn sie versuchte, sich dieses Bild vor Augen zu führen, klappte es nicht. Sie konnte es nicht. Ihr Verstand verwischte immerzu seine Gestalt und formte die von Kieran. Es erschien ihr wie verhext. Zeitweise tadelte sie sich für ihre Empfindungen. Wie konnte sie noch immer dem Elfenkönig hinterhertrauern, wo sie doch seit jeher zu Fionns Gemahlin erzogen worden war?
Sie schüttelte den Kopf und packte das Buch fester. Entschlossen kehrte sie zu ihrem Sessel zurück. Dort setzte sie sich hin und schlug das Buch auf. Sie las die ersten Zeilen, aber es war nicht dasselbe.
Nichts geschah.
Das wäre auch zu leicht, flüsterte eine fiese Stimme in ihrem Kopf. Warum sollte das Schicksal sie zurück zu Kieran treiben? Es ergab keinen Sinn. Dennoch weigerte sie sich, daran zu glauben, was Fionn und ihr eigener Vater ihr weismachen wollten: Dass