Sisgard und Alveradis. Norbert Wibben

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Sisgard und Alveradis - Norbert Wibben Eila - Die Leuchtende

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vorgestellt hat. Der Wasserdruck ist gewaltig. Als sie quer zum Fluss stehen, hebt sich das Gefährt auf der angeströmten Seite, die andere neigt sich bedrohlich zur Wasseroberfläche.

      Nach diesen Schreckmomenten atmen alle erleichtert auf, der Bug zeigt jetzt in Fahrtrichtung.

      Die Ruder benötigen sie nicht, um voranzukommen. Die allein durch die Fluten erreichte Geschwindigkeit ist bereits erheblich. Finley benutzt die Ruder zur Steuerung. Da das Flussbett nicht nur gerade verläuft, würden sie sonst in den Kurven an eines der Ufer gedrückt werden. Teilweise sind dort Felsbrocken zu sehen, so dass das Fahrzeug daran zerschmettert werden würde. Ob sie sich in dem Fall an ein Ufer retten könnten, ist mehr als fraglich. Sorcha versucht im Bug sitzend, mit Blicken den dichten Regen zu durchdringen. Sie gibt je nach Situation Kommandos an Finley, die umgehend in eine Richtungskorrektur umgesetzt werden.

      Eila sitzt im Heck und kann nicht eingreifen. Während sie Albin krault, sieht sie die Büsche am Ufer vorbeifliegen. Bäume gibt es hier mittlerweile nicht mehr.

      Einen Pfad kann sie am linken Ufer nirgends entdecken. Dort müssen sie anlegen, wenn sie zu ihrem Ziel im Osten wollen. Einen Halt können sie im Moment nicht riskieren, das Wasser schießt zu reißend vorwärts und das Flussbett besteht mittlerweile nur noch aus Felsgestein.

      Der Wasserlauf behält ungefähr ihre gewünschte Richtung nach Osten bei, auch wenn er etwas südlich abweicht. Vorteilhaft ist, dass diese Bootsfahrt sie wesentlich rascher als eine Wanderung vorwärtsbringt, trotzdem müssen sie möglichst schnell anlegen. Der Fluss wird bald zu einem Durchstich in einer Hügelkette kommen, die vor ihnen liegt, wie Finley weiß. Da die Wassermassen darin zusammengedrückt werden, wird die Geschwindigkeit enorm gesteigert werden. Eine Steuerung des Bootes ist in dem engen Felskanal unmöglich, so dass es unweigerlich mit dem Felsgestein kollidieren wird.

      »Wir hätten in dem Fall kaum eine Überlebenschance«, erläutert Finley. »Spätestens dort, wo am linken Ufer auf einer Erhebung eine Burgruine steht, müssen wir irgendwie eine Landung ermöglichen. Notfalls werde ich das Boot unter Wasser setzen, um es damit in der Ufernähe auf Grund zu legen. Vielleicht finden wir aber vorher eine andere Möglichkeit. Der Fluss ist fast überall über seine Ufer getreten. Mit etwas Glück hilft uns das.«

      Finley, Sorcha und Eila wandern in Richtung Norden, an der Küste entlang. Albin läuft voraus und der Falke zieht seine Beobachtungskreise in einem klaren, blauen Himmel.

      Vor zwei Nächten war ihnen die Landung unterhalb der Burgruine gelungen, quasi im letzten Moment, bevor sie in den Felskanal gedrückt worden wären.

      Durch die Enge des Durchstichs staute sich das Wasser weit zurück, so dass der Fluss sein felsiges Bett überspülte. Außerdem ließ die reißende Strömung dadurch soweit nach, dass es Finley gelang, das Boot in das Überschwemmungsgebiet unterhalb der Ruine zu lenken. Er ruderte es soweit wie möglich in Richtung des Burghügels, wo sie dann erleichtert ausstiegen. Den Abend und die Nacht verbrachten sie in der Ruine, ein wenig gegen den immer noch anhaltenden Regen geschützt.

      Den nächsten Tag versuchten sie, einem Pfad den Hügel hinauf zu folgen, um dort oben nach Norden zu wandern. Der Weg über die Hügelkette war jedoch äußert mühsam zu wandern. Es gab immer wieder Felsabbrüche und Erdspalten. Manchmal mussten sie umkehren und nach anderen Wegen Ausschau halten. Mittags sind sie dann einem Steig abwärts gefolgt. Von da an konnten sie im flachen Küstengebiet wandern. Das Meer haben sie von der Hügelkette aus nicht gesehen, das Wetter war noch zu schlecht. Die grauen Wolken hingen fast auf dem Boden.

      Die Nacht haben sie in einem engen Einschnitt im Berghang zugebracht, erwärmt von einem flackernden Lagerfeuer. Eila hatte die letzte Wache und die sich ankündigende Wetteränderung als erste bemerkt. Das Feuer war fast heruntergebrannt. Der Wind hatte sich gelegt und die Wolken waren verschwunden, so dass unzählige Sterne vom klaren Nachthimmel herab flimmerten.

      Heute Morgen waren sie dann von schönstem Wetter begrüßt worden.

      Jetzt können sie das Meer manchmal in der Ferne rauschen hören. Möwen fliegen kreischend durch die Luft, unbehelligt von dem Wanderfalken hoch über ihnen. Sie bemerken ihn nicht einmal.

      Die Wanderer müssen nur der Küste folgen, dann werden sie zu Sisgards Felsenburg kommen. Diese liegt auf einem Felsmassiv oberhalb einer schmalen Küstenebene. Finley schätzt, dass sie gegen Abend dort sein werden. Sie genießen die Strahlen der Sonne. Nach den langen Tagen und Nächten voller Feuchtigkeit ist die aufkommende Wärme besonders angenehm. Ihre klammen Glieder fühlen sich wieder gut und beweglich an.

      Der Pfad ist mit festem Gras bewachsen, so kommen sie heute gut voran. Schafe ziehen langsam grasend auf Weiden umher, an denen sie vorbei wandern. Dohlen und andere Vögel suchen auf Stoppelfeldern nach liegengebliebenem Korn. Es gibt vereinzelt auch noch nicht abgeerntete Kornfelder. Die goldenen Halme liegen, vom dauernden Regen und Wind zu Boden gedrückt, vor ihnen.

      Am späten Vormittag erreichen sie einen kleinen Ort, den sie weitläufig umgehen, ohne jedoch Menschen zu sehen. Etwas weiter vor sich sehen sie noch vereinzelte Gebäude, auf die viele Menschen zuströmen. Aus den Dächern dieser Gebäude lodern helle Flammen auf. Die Dächer scheinen mit Stroh gedeckt zu sein, das, trotz des Regens der vergangenen Tage, in kurzer Zeit lichterloh brennt. Dunkler Qualm steigt in den Himmel auf.

      Finley, Sorcha und Eila rennen in die Richtung der Häuser. Dort angelangt, sehen sie ein Bild der Zerstörung. Die Menschen des Dorfes versuchen Sachen aus den Gebäuden zu retten. Sie haben bereits einige Haufen in sicherer Entfernung zu den Bränden errichtet.

      Jetzt können sie aber nicht mehr hinein, die Geräusche zusammenstürzender Balken sind zu hören, während Funkenregen durch die Tore herausstieben. Die Gesichter sind geschwärzt vom Ruß, ihre Arme hängen enttäuscht herab. Sie konnten letztlich nur wenig von ihrer Habe retten.

      »Können wir helfen?«, fragen sie die nächststehenden Leute.

      »Nein, es ist zu spät. Die Flammen sind nicht aufzuhalten. Alles wird niederbrennen.«

      »Aber wie ist das passiert? Sind Menschen verletzt worden?«

      In diesem Moment kommt eine große Schar Männer angeritten, die mit Schwertern, Armbrüsten und Bogen, aber zum Teil auch nur mit Heugabeln bewaffnet sind. Sie werden von den anderen umringt und mit Fragen bestürmt.

      »Konntet ihr sie stellen?«

      »Was waren das für feige und gemeine Hunde?«

      »Gab es einen Kampf?«

      »Waren es wirklich Wikinger?«

      Der Anführer der Berittenen hebt seine rechte Hand, worauf alle verstummen. Dann spricht er zu ihnen: »Zuerst möchte ich wissen, wie es hier steht. Gibt es Verletzte oder Tote?«

      »Einige Schweine sind abgestochen und mehrere davon mitgenommen worden. Im Haus haben sie alles durchwühlt und Wertsachen gestohlen. Es wurde aber niemand verletzt oder getötet. Peter Bleck ist mit seinen Leuten bei uns im Dorf geblieben, nachdem er euch zu Hilfe gerufen hatte.«

      »Es ist gut, dass er sofort die Landwehr benachrichtigt hat, somit haben wir größeren Schaden verhindern können. In letzter Zeit mehren sich derartige Angriffe, bei denen es auch schon Tote gegeben hat.« Jetzt erläutert er das Geschehen: »Peter Bleck hat, von seiner Weide an der Küste aus, ein Boot kommen sehen, das tatsächlich wie ein Wikingerschiff ausgesehen hat. Wir haben es auch gesehen. Es hat am Bug

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