Erzählungen. Anton Tschechow

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Erzählungen - Anton Tschechow

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ganz …« murmelte der Mann, sich die Stirn reibend. »Du sagtest doch zuerst, daß Du diese Tataren nur von weitem gesehen hättest, und jetzt erzählst Du mir von irgend einem Suleiman?«

      »Du fängst wieder mit Deinen Wortklaubereien an!« sagte die Frau mit einer Grimasse, ohne auch nur im geringsten verlegen zu werden. »Ich kann so ein mißtrauisches Wesen nicht vertragen! Nein, das kann ich nicht leiden.«

      »Ich sage ja nichts, aber … wozu die Unwahrheit reden? Bist Du mit dem Tataren geritten, so bist Du geritten, und damit basta. Aber … wozu solche Ausflüchte?«

      »Hm! … So komisch zu sein!« empörte sich die junge Frau. »Auf Suleiman eifersüchtig! Ich möchte doch wissen, wie Du ohne Führer in die Berge geritten wärst! Ich kann es mir vorstellen! Wenn Du die dortigen Verhältnisse nicht kennst und das nicht begreifst, so schweig lieber. Sei still und schweig! Ohne Führer kann man dort nicht einen Schritt machen.«

      »Natürlich!«

      »Bitte dieses dumme Lächeln zu unterlassen. Ich bin nicht etwa irgend eine Julija … Ich verteidige sie auch nicht, aber ich … hm! Wenn ich mich auch nicht als Heilige aufspiele, so habe ich mich doch noch nicht so weit vergessen. Mein Suleiman durfte die Grenze nicht überschreiten … Ne–ein! Julijas Mametkul pflegte bei ihr die ganze Zeit zu sitzen, bei mir aber hieß es, wenn des Abends die Uhr elf schlug, sofort: ›Suleiman, marsch! Gehen Sie!‹ Und mein dummes Tatarchen geht auch. Ich hielt ihn streng, Papachen … Sobald er 'mal wegen des Geldes oder wegen sonst irgend was zu knurren begann, kam ich ihm gleich: ›Wie? Wa–as? Wa–a–as?‹ Gleich fiel ihm das Herz in die Hosen … Ha–ha–ha … Augen hatte er, schwarz, pechschwarz, wie eine Kohle, verstehst Du, Wassitschka, ein tatarisches Fratzchen, so dumm und komisch … Ich hielt ihn stramm! So!«

      »Ich kann es mir vorstellen …« brummte der Gatte, während er Brotkügelchen rollte.

      »Dumm, Wassitschka! Ich weiß ja, was Du für Gedanken hast! Ich weiß, was Du denkst … Aber ich versichere Dich, daß er bei mir sogar während der Ausflüge die Grenzen nicht überschreiten durfte. Wir reiten zum Beispiel in die Berge oder zum Wasserfall U-tschau-Su, und ich sage ihm stets: ›Suleiman, hinten reiten! Na!‹ Und immer ritt er hinten nach, der Ärmste … Sogar während … sogar an den allerpathetischsten Stellen pflegte ich ihm zu sagen: ›Und trotzdem darfst Du nicht vergessen, daß Du nur ein Tatar bist, während ich die Frau eines Staatsrats bin!‹ Ha–ha …«

      Die junge Frau begann zu lachen, sah sich dann schnell um, machte ein erschrockenes Gesicht und fuhr fort zu flüstern:

      »Aber Julija! Ach diese Julija! Ich verstehe, Wassitschka, warum soll man nicht etwas Spaß machen, warum soll man sich nicht eine Erholung nach der Leere des gesellschaftlichen Lebens gönnen? Das geht ja alles … spaße und erhole Dich, so viel Du willst, niemand wird es verurteilen. Aber so etwas ernst zu nehmen, Szenen zu machen … nein, sag' was Du willst, das verstehe ich nicht! Stell Dir vor, sie war eifersüchtig! Na, ist so etwas nicht dumm? Einmal kommt zu ihr der Mametkul, ihre Passion … Sie war nicht zu Hause … Nun, ich rief ihn zu mir herein … wir kamen ins Gespräch, dies und jenes … sie sind ja, weißt Du, zu komisch! So verging ganz unvermerkt der Abend … Plötzlich stürzt Julija herein … überfällt mich und Mametkul … macht uns eine Szene … Pfui! So etwas verstehe ich nicht, Wassitschka!«

      Wassitschka räusperte sich, runzelte die Stirn und begann im Zimmer auf und ab zu gehen.

      »Ein lustiges Leben führtet Ihr dort, das muß man sagen!« brummte er mit einem verächtlichen Lächeln.

      »Na, wie das du–umm ist!« sagte Natalja Michajlowna gekränkt. »Ich weiß, woran Du denkst! Du hast immer solche schmutzige Gedanken! Nun, dann werde ich Dir eben nichts erzählen. Nein!«

      Die junge Frau warf schmollend die Lippen auf und verstummte.

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