Erzählungen. Anton Tschechow

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Erzählungen - Anton Tschechow

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ein junges Mädchen, dem man einen teuren Fächer geschenkt hat, ziert er sich und kokettiert lange mit sich selbst, ehe er sich entschließt, den Titel niederzuschreiben … Er drückt sich die Schläfen, krümmt sich und zieht die Beine unterm Stuhl ein, als habe er Schmerzen, oder nimmt eine süß hingegossene Pose an, wie ein Kater auf dem Sofa … Endlich streckt er, nicht ohne Schwanken, die Hand nach dem Tintenfass aus und macht mit einem Gesichtsausdruck, als unterzeichnete er ein Todesurteil, die Überschrift …

      »Mama, gib mir Wasser!« hört er die Stimme seines Sohnes.

      »Tsss!« macht die Mutter. »Papa schreibt! Tsss …«

      Papa schreibt schnell, in fliegender Hast, ohne Korrekturen und Pausen, so daß er kaum die Seiten wenden kann. Die Büsten und Portraits der berühmten Schriftsteller sehen auf seine schnell über das Papier laufende Feder herab und scheinen zu denken: ›Hast Du Bruder Dich aber gut eingefuchst!‹

      »Tsss!« macht die Feder.

      »Tsss!« machen die Schriftsteller, wenn Krasnuchins Knie an den Tisch stößt und sie mit dem Tisch zusammen erzittern.

      Plötzlich richtet Krasnuchin sich auf, legt die Feder hin und horcht … Er vernimmt ein gleichmäßiges monotones Flüstern … Hinter der Wand, in dem Zimmer nebenan, betet sein Mieter Foma Nikolajewitsch.

      »Hören Sie!« schreit Krasnuchin. »Können Sie nicht gefälligst etwas leiser beten? Sie stören mich beim Schreiben!«

      »Entschuldigen Sie …« antwortet schüchtern Foma Nikolajewitsch.

      »Tsss!«

      Nachdem er fünf Seiten geschrieben, reckt Krasnuchin sich und sieht nach der Uhr.

      »Mein Gott, schon drei Uhr!« stöhnt er auf. »Die Menschen schlafen, und ich … ich allein muß arbeiten!«

      Müde, zerschlagen, das Haupt auf der Seite, geht er in das Schlafzimmer, weckt seine Frau und sagt mit schwacher Stimme:

      »Nadja, gib mir noch Tee! Ich bin … erschöpft!«

      Er schreibt bis vier Uhr und er würde gerne noch bis sechs schreiben, wenn das Thema nicht versiegt wäre. Das Kokettieren und die Ziererei vor sich selbst und vor den unbelebten Gegenständen, sicher vor jedem indiskreten beobachtenden Auge, der Despotismus und die Tyrannei in einem kleinen Ameisenhaufen, den das Schicksal unter seine Gewalt gestellt hat, bilden das Salz und den Honig seiner Existenz.

      Und wie wenig ähnelt dieser Despot hier zu Hause jenem kleinen, demütigen, wortlosen und unbegabten Menschlein, das wir gewohnt sind, in den Redaktionen zu sehen!

      »Ich bin so überanstrengt, daß ich kaum einschlafen werde …« sagt er, als er sich schlafen legt. »Unsere Arbeit, diese verfluchte, undankbare Zwangsarbeit ermüdet nicht so sehr den Körper, als die Seele … Ich müßte Bromkali einnehmen … Ja, Gott sieht es, wenn nicht die Familie wäre, würde ich diese Arbeit aufgeben … Auf Bestellung schreiben! Das ist fürchterlich!«

      Er schläft bis zwölf oder bis ein Uhr mittags, und er schläft fest und gesund … O, wie würde er noch ganz anders schlafen, was würde er für Träume sehen, wenn er ein bekannter Schriftsteller, Redakteur oder auch nur Verleger werden könnte!

      »Er hat die ganze Nacht durch geschrieben!« flüstert die Frau und macht ein erschrockenes Gesicht, »Tsss!«

      Niemand darf weder sprechen, noch gehen, noch irgend ein Geräusch machen. Sein Schlaf ist ein Heiligtum, für dessen Entweihung der Schuldige grausam bestraft würde!

      ›Tsss!‹ schwirrt es durch die Wohnung.

      ›Tsss!‹

      Plappertasche

      Natalja Michajlowna, eine junge Frau, die am Morgen aus Jalta heimgekehrt war, aß zu Mittag und erzählte ihrem Mann, ohne ihr Zünglein auch nur eine Sekunde stillstehen zu lassen, von den Herrlichkeiten der Krim. Der Mann blickte ihr begeistertes Gesicht voll Entzücken und Freude an und stellte nur ab und zu ein paar Fragen …

      »Aber man sagt, das Leben soll dort furchtbar teuer sein?«

      »Ja, wie soll ich Dir sagen, Papachen? Meiner Ansicht nach wird darin stark übertrieben. Der Teufel ist nicht so schlimm, wie man ihn an die Wand malt. Ich, zum Beispiel, hatte mit Julija Petrowna ein sehr bequemes und anständiges Logis für zwanzig Rubel täglich. Alles, mein Schatz, hängt von der Kunst ab, sein Leben einzurichten. Natürlich, wenn man Ausflüge in die Berge macht … zum Beispiel aus den Aj-Petri … sich ein Pferd, einen Führer nimmt – ja, dann natürlich wird es teuer. Schrecklich teuer! Aber Wassitschka, was sind dort für Be–erge! Stell Dir vor, so hohe, hohe Berge, tausendmal höher als die Kirche … Oben ist nur Nebel, Nebel und Nebel … Unten riesige Felsen, Felsen und Felsen … Und die Pinien … Ach, ich mag nicht daran denken!«

      »Aber was ich sagen wollte … Unter anderem las ich hier in einer Zeitschrift von den dortigen Führern, den Tataren … So eine Schweinerei! Ist an ihnen denn wirklich was Besonderes d'ran?«

      Natalja Michajlowna rümpfte verächtlich das Näschen und schüttelte mit dem Kopf.

      »Gewöhnliche Tataren, nichts Besonderes …« sagte sie. »Übrigens habe ich sie nur flüchtig, von weitem gesehen … Man zeigte sie mir, aber ich gab nicht acht darauf. Ich habe, Papachen, immer ein Vorurteil gegen alle diese Tscherkessen, Griechen … Mauren gehabt! …«

      »Man sagt, daß sie furchtbare Don Juans sein sollen.«

      »Vielleicht! Es gibt ja Frauenzimmer, die …«

      Natalja Michajlowna sprang plötzlich auf, als wäre ihr etwas Schreckliches eingefallen, blickte eine halbe Minute lang den Mann mit erschrockenen Augen an und sagte, indem sie jedes Wort dehnte.

      »Wassitschka, ich will Dir nur sagen, was es für un–mo–ra–lische Frauen gibt! Ach, was für unmoralische! Und nicht etwa, weißt Du, aus den unteren oder mittleren Ständen, nein, Aristokratinnen, diese anfgeblasenen bonton-Damen! Geradezu fürchterlich, ich traute meinen Augen nicht! So lang ich lebe, vergesse ich es nicht! Wie ist es nur möglich, sich so zu vergessen, daß … Ach, Wassitschka, ich will davon gar nicht sprechen. Nehmen wir zum Beispiel meine Reisegefährtin, Julija Petrowna … So einen guten Mann hat sie, zwei Kinder … gehört zur guten Gesellschaft, spielt sich immer als Heilige auf, und plötzlich, kannst Du Dir denken …? Aber, Papachen, das bleibt natürlich entre nous. – Gibst Du Dein Ehrenwort, daß Du es niemandem erzählen wirst?«

      »Na, so etwas! Natürlich erzähle ich das niemandem.«

      »Ehrenwort? Hörst Du! Ich glaube Dir …«

      Die junge Frau legte die Gabel hin, machte ein geheimnisvolles Gesicht und begann im Flüsterton.

      »Stell Dir so etwas vor … Einmal reitet diese Julija Petrowna in die Berge … Es war ein wundervolles Wetter! Sie ritt mit ihrem Führer voraus, etwas weiter zurück folgte ich. Wir waren vielleicht so drei, vier Werst geritten, als plötzlich, verstehst Du, Wassitschka, Julija aufschreit und sich nach der Brust faßt. Ihr Tatare greift sie um die Taille, sonst wäre sie aus dem Sattel gefallen … Ich reite mit meinem Führer zu ihr heran … Was ist? Was ist passiert? ›Ach‹, schreit sie, ›ich sterbe! Es wird mir schlecht! Ich kann nicht weiter!‹ Stell Dir

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