Die Regulatoren in Arkansas. Gerstäcker Friedrich

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Die Regulatoren in Arkansas - Gerstäcker Friedrich

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nicht noch zur rechten Zeit dem Blick des Predigers begegnet, der ernst und streng auf ihm haftete, und einlenkend fuhr er fort: "Seit vier Wochen - wie lange seid Ihr eigentlich jetzt in Arkansas?"

      "Sieben Wochen", antwortete Brown.

      "Nun ja, seit ungefähr vier Wochen habt Ihr Euch kaum zweimal blicken lassen, und in der ersten Zeit waret Ihr alle Tage hier - 's ist doch meiner Seel' gar nicht so sehr amüsant hier auf dem einsamen Fleck Landes, daß man gute Gesellschaft so leicht entbehren könnte. Da kommt Harper noch öfter - wo steckt denn der heute?"

      "Er wird gleich hier sein."

      "Apropos, Brown, daß ich's nicht vergesse - heute über vier Wochen lade ich Euch zu meiner Tochter Hochzeit ein - Euch und Euren Onkel - Ihr müßt dabei sein, sonst geht's nicht, und da -"

      "Verzeiht", erwiderte Brown schnell, indem er sich halb von ihm wandte, "in - vier Wochen werde ich - schwerlich mehr in Arkansas sein."

      "Nicht mehr in Arkansas - was? Ich dachte, Euer Onkel hätte sich Land gekauft und wollte ganz hierbleiben?"

      "Ja, mein Onkel wird das auch, aber ich - ich werde mich den Freiwilligen anschließen, die nach Texas ziehen. Wie ich vor einigen Tagen in Little Rock gehört habe, will es sich von Mexiko frei machen und - braucht amerikanische Arme."8

      "Torheiten", rief Roberts, freundlich dabei des jungen Mannes Hand ergreifend, "laßt die in Texas ihre eigenen Kriege kämpfen und bleibt Ihr hier bei uns. Wir brauchen am Fourche la fave auch tüchtige, brave Kerle, die den vielen Schuften in hiesiger Gegend die Waage halten, und - zur Hochzeit kommt die ganze Mädchenwelt zusammen, da müßt's ja mit dem T-, müßt's ja ganz sonderbar zugehen, wenn sich nicht etwas für Euch darunter finden sollte. - Oh, habt keine Angst", fuhr er lachend fort, als er sah, daß Brown leise mit dem Kopf schüttelte, "es gibt wackere Mädchen hier, sie wohnen nur so zerstreut. Ein Mensch wie Ihr freilich, der nirgends hingeht und keinen einzigen Besuch macht, bekommt sie nicht zu sehen. Aber wahrhaftig, da kommt Harper; Blitz und - hm, wie rot er aussieht!"

      Es war wirklich dieser würdige Gentleman, der in scharfem Trabe ankam. Wahrscheinlich hatte er befürchtet, Bill würde plaudern, und schon von weitern rief er diesem zu: "Eh, Junge, reinen Mund gehalten?"

      "Keine Silbe erwähnt, Onkel."

      "Nun, das ist brav! - Kinder, heute morgen habe ich einen Spaß erlebt - eine Jagd gemacht -"

      "Eine Jagd, Mr. Harper?" rief vorwurfsvoll Madame Roberts aus, die hinzugetreten war und die beiden Männer freundlich begrüßte. "Eine Jagd am heiligen Sabbat?"

      "Ohne Büchse, Mrs. Roberts, ohne Büchse, ganz unschuldig. Aber das muß ich von vorne an erzählen, denn so was erlebt man nicht alle Tage. - Bill - halt - hiergeblieben, Junge, du bist mein Zeuge - wo ist Assowaum?"

      "Er ging dort ins Feld zu dem brennenden Baumstamm, wahrscheinlich um sich ein Stück Fleisch zu braten."

      "Gut, der muß später auch her - Zeugen muß ich haben, sonst glaubt's das Volk nicht - alles wollen sie selbst sehen, selbst mitmachen - da hättet ihr einmal sollen meinen Bruder erzählen hören."

      "Oder den alten Bahrens!" lachte Roberts.

      "Puh - wer ist der alte Bahrens? Höre in einem fort von dem alten Bahrens; ich muß ihn doch einmal besuchen. Das ist wohl ein Wundertier?"

      "Wir wollen Dienstag in jene Gegend, um nach wildgewordenen Schweinen zu sehen", sagte Roberts. "Wenn Ihr Lust habt, Harper, so könnt Ihr mitkommen. Wir bleiben dann bei Bahrens über Nacht."

      "Topp!" rief Harper. "Jetzt aber meine Geschichte."

      Während der Kleine nun mit vielem Wohlbehagen den aufmerksam Zuhörenden sein wunderbares Abenteuer vortrug, ging Rowson, der es seiner Würde nicht für angemessen hielt, nach kaum beendigter Predigt in die allgemeine Fröhlichkeit mit einzustimmen, durch die Hintertür des Hauses in das Feld oder eigentlich urbar gemachte Land, denn noch war kein Mais hineingepflanzt und auch das umgeschlagene Holz noch nicht einmal alles aus dem Wege geschafft. Um aber die großen Stämme am besten zu beseitigen, hatte Roberts unter einige Feuer gelegt und Assowaum jetzt eine solche Stelle benutzt, dort mehrere Stücke des von Harper gefangenen Hirsches zu braten. Hier aber bemerkte ihn Alapaha und bereitete für ihn, der indianischen Sitte gemäß, das Mahl.

      Nachlässig auf seine ausgebreitete Decke hingestreckt, aus einer kurzen selbstverfertigten Rohrpfeife den Tabaksrauch einziehend und langsam wieder ausstoßend, lag ausgestreckt die kräftige Gestalt des roten Waldsohnes neben dem riesigen Stamm der Eiche, dem Sinnbild seiner eigenen Rasse. Noch vor kurzer Zeit überschaute er stolz und kühn das weite Land als Eigentum, und jetzt, gefällt am Boden, wußte der weiße Eindringling nicht einmal gleich, auf welche Art er sie am schnellsten und sichersten aus dem Wege schaffen könne. Wie am Stamm des Baumes die Glut, so wirkte am Stamm der Krieger das Feuerwasser, und langsam erst, dann aber immer weiter und reißender um sich greifend, vernichtete es die schönen, stattlichen Lebensfasern, das gesunde Mark des Baumes, und ließ nur Asche und Kohlen zurück. Das Grab der Krieger düngte den Boden, den der Weiße mit seinem Pflug aufriß, und die Herdsteine ihrer Beratungsfeuer wurden zu ebenso vielen Grabsteinen ihres gesunkenen, geschwundenen Ruhmes.

      Es mochten wohl das Hirn des wackern Assowaum, der, unähnlich Tausenden seiner Rasse, den Sünden der Weißen keinen Eingang in sein Herz verstattet hatte, ähnliche Gedanken durchkreuzen, als er träumend in die zerfallenen Kohlen starrte; da stand sein Weib plötzlich von ihrer Arbeit auf und ging dem Haus zu. Sie sah die sich nähernde Gestalt des Predigers und eilte ihm entgegen. Der aber reichte ihr die Hand und sprach ein langes, salbungsvolles Gebet über sie. Unterdessen zischte das Fleisch auf den Kohlen und verbrannte auf der einen Seite.

      Alapaha war eine jener wenigen indianischen Schönheiten, denen die sonstigen, für das Auge des Weißen nicht angenehmen Unterscheidungszeichen ihrer Abstammung zur Zierde gereichten. Die vorstehenden Backenknochen verloren sich unter den vollen, von Gesundheit strotzenden Wangen, die reifen Lippen waren üppig geschwellt, die schwarzen Augen blitzten mit einem kaum zu unterdrückenden Feuer aus dem dunklen Teint der Waldschönheit hervor, der Elfenbeinglanz ihrer Zähne hätte eine Negerin beschämen können, und die schlanke, üppige Gestalt wurde keineswegs durch die anschließenden Falten des feingegerbten ledernen Gewandes oder Überwurfs genug verhüllt, um nicht ihre schönen, fehlerfreien Formen wenigstens ahnen zu lassen. Die zierlichen Füße staken in sorgfältig gearbeiteten Mokassins, das Haar wurde durch ein brennend rotes Tuch auf dem Scheitel zusammengehalten, und Glaskorallen schmückten ihre Ohren und ihren Nacken.

      "Alapaha!" rief Assowaum jetzt in nicht unfreundlichem, aber ernstem Tone. "Alapaha - sagt dir der große Geist der Christen, daß du die Pflichten vernachlässigen mußt, die du deinem Mann und Häuptling schuldig bist?" Alapaha floh mit schnellen Schritten zu ihrer Arbeit zurück, und Rowson nahte sich dem roten Krieger, der, ihn nur leise mit dem Kopfe grüßend, ruhig liegenblieb.

      "Zürnt Eurer Frau nicht, Bruder Assowaum", redete er den Indianer freundlich an, "zürnt ihr nicht, wenn sie den Worten des Herrn lauscht. Es ist ihr einstiges Seelenheil, dem sie entgegeneilt, und Ihr solltet der letzte sein, der ihr dabei hemmend in den Weg träte."

      "Assowaum zürnt nicht und hindert sie in der Ausübung ihres Glaubens nicht", antwortete der Wilde; "aber er ist hungrig, und das Fleisch verbrennt. Alapaha ist das Weib des roten Mannes."

      "Ich habe lange die Gelegenheit wieder einmal herbeigewünscht", sagte Rowson mit freundlichem Blick, "Euch den Segen des Christentums recht anschaulich zu machen. Ihr wichet mir aber stets aus - darf ich die jetzige Gelegenheit benutzen?"

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