Einführung in den Buddhismus. Geshe Kelsang Gyatso

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Einführung in den Buddhismus - Geshe Kelsang Gyatso

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mit dem Leben und den Unterweisungen Buddhas noch nicht vertraut ist, mag anfänglich einige der in diesem Buch eingeführten Begriffe und Formen der Praxis etwas ungewöhnlich finden. Wer jedoch geduldig und aufrichtig über sie nachdenkt, wird entdecken, dass sie sehr sinnvoll und von großer Bedeutung für unser tägliches Leben sind. Obwohl der Buddhismus eine alte Religion ist, die zuerst im Osten erschienen ist, ist die von Buddha gelehrte Praxis zeitlos und universell anwendbar. In der heutigen Zeit entdecken viele Menschen, dass im Buddhismus Antworten auf Fragen und Lösungen zu Problemen gegeben werden, die man nirgendwo sonst findet. Es besteht deshalb die Hoffnung, dass die Veröffentlichung dieses Buches das Verständnis und die Wertschätzung für den Buddhismus im Westen verbessert und vertieft.

      Illustration der Titelseite: Die Lotosblüte ist ein traditionelles buddhistisches Symbol der Reinheit. Eine Lotospflanze wird im Schlamm am Grund eines Sees geboren; sie blüht aber als makellose Blume über dem Wasser zur Freude aller, die sie betrachten. In ähnlicher Weise werden Lebewesen mit unreinem Körper und Geist im Ozean des Leidens geboren; schulen sie sich jedoch in Meditation, können sie einen vollständig reinen Körper und Geist erlangen und allen, denen sie begegnen, Frieden und Glück bringen.

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      ERSTER TEIL: Grundlagen des Buddhismus

      Wer war Buddha?

      Im Allgemeinen bedeutet «Buddha» «der Erwachte», jemand, der aus dem Schlaf der Unwissenheit erwacht ist und die Dinge so sieht, wie sie wirklich sind. Ein Buddha ist eine von allen Fehlern und geistigen Behinderungen völlig befreite Person. Es gibt viele Menschen, die in der Vergangenheit Buddhas geworden sind, und viele Menschen werden in der Zukunft Buddhas werden.

      Der Buddha, der die buddhistische Religion gegründet hat, heißt Buddha Shakyamuni. «Shakya» ist der Name der königlichen Familie, in die er geboren wurde; «muni» bedeutet «der Fähige». Buddha Shakyamuni wurde als königlicher Prinz 624 v. Chr. an einem Ort namens Lumbini geboren, der ursprünglich im Norden Indiens lag, heute aber zu Nepal gehört. Der Name seiner Mutter war Königin Mayadevi und der seines Vaters König Shuddhodana.

      Eines Nachts träumte Königin Mayadevi, dass ein weißer Elefant vom Himmel herabstieg und in ihren Schoß eintrat. Der weiße Elefant, der in ihren Schoß eingetreten war, war ein Zeichen dafür, dass sie in eben dieser Nacht ein Kind empfangen hatte, das ein reines und mächtiges Wesen war. Dass der Elefant vom Himmel herabgestiegen war, bedeutete, dass das Kind vom Tushita-Himmel kam, dem Reinen Land Buddha Maitreyas. Als die Königin das Kind später gebar, hatte sie anstelle von Schmerzen eine besondere, reine Vision, in welcher sie stehend mit der rechten Hand den Ast eines Baumes hielt, während die Götter Brahma und Indra das Kind schmerzlos aus ihrer Seite nahmen. Anschließend ehrten sie das Kind, indem sie ihm rituelle Waschungen darbrachten.

      Als der König das Kind sah, überkam ihn ein Gefühl, als ob alle seine Wünsche in Erfüllung gegangen wären, und er nannte den jungen Prinzen «Siddhartha». Dann lud er einen brahmanischen Seher ein, der Vorhersagen über die Zukunft des Prinzen machen sollte. Der Seher untersuchte das Kind mit seiner Hellsicht und sagte zum König: «Es gibt Zeichen, dass der Knabe entweder ein Chakravartin-König, ein Herrscher über die gesamte Welt, oder ein voll erleuchteter Buddha wird. Da jedoch die Zeit der Chakravartin-Könige vorüber ist, ist es sicher, dass er ein Buddha wird und dass sein wohltuender Einfluss die tausend Millionen Welten durchdringen wird wie die Strahlen der Sonne.»

      Als der junge Prinz heranwuchs, meisterte er alle traditionellen Künste und Wissenschaften ohne Unterweisungen zu benötigen. Er beherrschte vierundsechzig Sprachen und das jeweils dazu gehörige Alphabet, und auch in der Mathematik war er sehr gewandt. Er teilte seinem Vater einmal mit, er könne alle Atome der Welt im Zeitraum eines Atemzuges zählen. Obwohl er nicht zu lernen brauchte, tat er es seinem Vater zuliebe und um anderen von Nutzen zu sein. Dem Wunsch seines Vaters folgend, besuchte er eine Schule, in der er außer dem Studium verschiedener akademischer Fächer auch Gewandtheit im Sport, wie den Kampfkünsten und dem Bogenschießen, erlangte. Der Prinz gab bei jeder sich bietenden Gelegenheit spirituelle Gedanken weiter und ermutigte andere, spirituelle Pfade einzuschlagen. Als er einmal an einem Wettkampf der Bogenschützen teilnahm, rief er aus: «Mit dem Bogen der meditativen Konzentration werde ich den Pfeil der Weisheit abschießen und den Tiger der Unwissenheit in den Lebewesen töten.» Darauf ließ er den Pfeil losschnellen, der geradewegs fünf eiserne Tiger und sieben Bäume durchbohrte, bevor er in der Erde verschwand! Tausende von Menschen entwickelten aufgrund solcher Demonstrationen Vertrauen in den Prinzen.

      Gelegentlich begab sich Prinz Siddhartha in die Hauptstadt des Königreiches seines Vaters, um zu sehen, wie die Menschen lebten. Während dieser Besuche begegnete er vielen alten und kranken Menschen, und einmal sah er eine Leiche. Diese Begegnungen hinterließen einen tiefen Eindruck in seinem Geist und führten ihn zur Einsicht, dass alle Lebewesen, ohne Ausnahme, die Leiden von Geburt, Altern, Krankheit und Tod erfahren müssen. Weil er die Gesetze der Reinkarnation verstand, erkannte er auch, dass sie diese Leiden nicht nur einmal, sondern immer wieder in einem Leben nach dem anderen endlos erfahren müssen. Da er sah, dass alle Lebewesen in diesem schrecklichen Kreislauf des Leidens gefangen sind, empfand er tiefes Mitgefühl für sie und entwickelte den aufrichtigen Wunsch, sie alle von ihrem Leiden zu befreien. Er erkannte, dass nur ein voll erleuchteter Buddha die Weisheit und die Kraft hat, allen Lebewesen zu helfen. Er entschloss sich, den Palast zu verlassen und sich in die Einsamkeit des Waldes zurückzuziehen, um dort bis zur Erlangung der Erleuchtung in tiefer Meditation zu verweilen.

      Als die Bewohner des Königreiches Shakya merkten, dass der Prinz den Palast verlassen wollte, baten sie den König, in der Hoffnung, den Prinzen dadurch von seinem Entschluss abzubringen, eine Hochzeit für ihn zu arrangieren. Der König war einverstanden und hatte bald eine passende Braut gefunden. Sie hieß Yashodhara und stammte aus einer angesehenen Shakya-Familie. Prinz Siddhartha hatte jedoch keine Anhaftung an weltliche Vergnügen, weil er sah, dass Objekte der Anhaftung wie giftige Blumen sind. Sie scheinen anfänglich attraktiv, verursachen aber mit der Zeit großes Leid. Sein Entschluss, den Palast zu verlassen und Erleuchtung zu erlangen, blieb unverändert. Um aber die Wünsche seines Vaters zu erfüllen und dem Volk von Shakya zeitweiligen Nutzen zu bringen, willigte er in die Hochzeit mit Yashodhara ein. Er blieb zwar als königlicher Prinz im Palast, widmete aber seine ganze Zeit und Energie dem Volk von Shakya, um ihm auf jede mögliche Art und Weise zu dienen.

      Als er neunundzwanzig Jahre alt war, hatte der Prinz eine Vision, in welcher ihm alle Buddhas der zehn Richtungen erschienen und ihm einstimmig sagten: «Du hast dich einstmals entschlossen, ein Eroberer-Buddha zu werden, damit du allen Lebewesen, die im Kreislauf des Leidens gefangen sind, helfen kannst. Jetzt ist für dich die Zeit gekommen, dies zu vollbringen.» Der Prinz ging sofort zu seinen Eltern und teilte ihnen seine Absicht mit: «Ich möchte mich an einen friedlichen Ort im Wald zurückziehen, wo ich in tiefer Meditation verweilen und rasch volle Erleuchtung erlangen kann. Wenn ich Erleuchtung erlangt habe, werde ich fähig sein, die Güte aller Lebewesen und besonders die große Güte, die ihr mir erwiesen habt, zurückzuzahlen. Ich bitte deshalb um eure Erlaubnis, den Palast verlassen zu dürfen.» Als seine Eltern dies vernahmen, waren sie schockiert, und der König verweigerte die Erlaubnis. Prinz Siddhartha sagte zu seinem Vater: «Vater, falls du mir dauerhafte Freiheit von den Leiden der Geburt, der Krankheit, des Alterns und des Todes geben kannst, werde ich den Palast nicht verlassen; falls du das aber nicht kannst, muss ich weggehen und meinem menschlichen Leben wirkliche Bedeutung geben.»

      Der König versuchte mit allen Mitteln zu verhindern, dass sein Sohn den Palast verließ. In der Hoffnung, dass der Prinz seine Absicht ändern würde, umgab er ihn mit einem Gefolge von wunderschönen Frauen, Tänzern, Sängern und Musikern, die Tag und Nacht ihre Talente einsetzten, um ihm Freude zu bereiten. Für den Fall, dass der Prinz eine heimliche Flucht versuchen würde, umstellte der König

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