Juwelen, Mörder, Tote - Sechs Extra Krimis Juni 2018. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Juwelen, Mörder, Tote - Sechs Extra Krimis Juni 2018 - Alfred Bekker страница 6
Sie fühlte sich in dieser Lage nicht wohl, wandte sich um und lief ein paar Schritte. Dann geschah das, was sie die ganze Zeit über schon befürchtet hatte. Sie sprachen sie an. Erst auf Französisch, dann kurz danach auf Englisch. Schließlich auf Deutsch.
„Woher kommst du?“, fragte einer von ihnen.
Sie blieb stehen und wandte sich zu ihnen um. Die drei kamen näher.
„Deutschland? Germany? Holland? Woher?“
„Deutschland“, sagte sie. Und ihre eigene Stimme klang ihr fremd.
„Deutschland - gut. Mein Bruder lebt dort. In Düsseldorf. Kennst du Düsseldorf?“
„Ja.“
„Ich war auch schon in Deutschland. In Hamburg. Und in Stuttgart. Mein Vater war beim Zirkus.“
Sie wandte sich erneut zum Gehen. Aber sie kam nicht weit. Ein paar Schritte nur.
„Hey, bleib hier!“
Sie sah in ein etwas ärgerliches Gesicht.
„Ich kann etwas Deutsch. Ich will mich nur unterhalten“, erklärte er. Die beiden anderen sahen gespannt zu. Einer grinste ziemlich frech.
„Nur etwas unterhalten“, meinte er. „Nichts verkaufen!“
„Das sagen alle!“, entfuhr es ihr - eine Spur unfreundlicher, als sie geplant hatte. Aber nun war es einmal heraus.
„Deutschland gut“, sagte er davon unbeeindruckt. „Gut im Fußball und gute Autos.“ Er schien gut Wetter machen zu wollen. Dann veränderte sich sein Gesicht ein wenig. „Bist du allein hier?“
Sie zögerte mit der Antwort.
Sie öffnete zwar den Mund, aber es kam nichts über ihre Lippen. Sie wollte keinen Fehler machen. Auf keinen Fall.
„Es ist niemand hier“, stellte er fest. „Hast du einen Mann?“
Daher wehte also der Wind. Er wollte die Besitzverhältnisse abklären und von ihr wissen, ob er bei ihr landen konnte - ohne dabei in die Rechte eines anderen einzugreifen.
„Nein“, sagte sie. „Ich meine, also...“ Sie stammelte etwas zusammen und wusste sofort, dass ihre Antwort ein Fehler gewesen war. Sie hatte es einfach so gesagt, ohne darüber nachzudenken.
Er lächelte, aber sie erwiderte sein Lächeln nicht.
Der junge Mann kam einen Schritt näher.
„Nicht verheiratet?“, fragte er.
Es schien sehr wichtig für ihn zu sein, sonst hätte er sich nicht noch einmal vergewissert.
Er trat einen weiteren Schritt an sie heran, und ehe sie zurückweichen konnte, hatte er sie am Arm gepackt.
„Du brauchst keine Angst zu haben“, sagte er. Aber sie hatte Angst. Sie zitterte sogar. Sie machte ihren Arm frei und wich erneut ein paar Schritte zurück. Die drei folgten ihr.
„Nur etwas reden...“
„Lasst mich in Ruhe!“
„Wir sind ein gastfreundliches Land! Und wir sind zu jedem freundlich, der zu uns freundlich ist...“
Das war schon eine Art Drohung
„Ihr sollt mich zufrieden lassen!“
Sie begann zu laufen. Keuchend hetzte sie vorwärts, während die drei ihr folgten.
Sie spielten mit ihr. Mit ihr und ihrer Furcht. Sie ließ die Schuhe fallen, die sie in der Hand gehalten hatte, und setzte zu einem Spurt an. Sie rannte, so schnell ihre Beine sie zu tragen vermochten.
Die Männer lachten und kamen hinter ihr her.
Elsa wusste kaum, wohin sie rannte. Sie lief einfach in die Dunkelheit hinein, weg vom Meer, weg vom Strand, dorthin, wo Menschen waren.
Möglichst viele Menschen. In der Masse wäre sie vielleicht sicher.
In dem weichen Sand stolperte sie über etwas. Treibholz vielleicht, das die Flut herangespült und die Ebbe nicht wieder mitgenommen hatte. Es lag einiges davon hier am Strand. Sie fiel zu Boden.
Sie fühlte den Sand, der in ihre Kleider drang.
Hinter ihr waren die drei Verfolger zu hören. Sie trugen Turnschuhe und kamen schnell heran. Verzweifelt versuchte sie, wieder auf die Beine zu kommen.
Sie betrachten mich als Freiwild!, schoss es ihr durch den Kopf.
Die Kerle schienen sich vollkommen sicher zu fühlen. Hier am Strand, wo es dunkel war und wo kein Mensch wartete...
Das Rauschen des Meeres und der Lärm der Straße, die am Meer entlangführte, betäubten gemeinsam die Ohren. Auf der Strandpromenade würde niemand etwas hören, wenn die drei jetzt über sie herfielen.
Da sah Elsa eine Gestalt aus der Dunkelheit treten. Sie kam aus genau der Richtung, in die sie wollte. Sie kam von der Straße; dorther, wo das Leben war und die Menschen...
Zuerst erschrak sie, aber dann fiel das Mondlicht so, dass sie ein Gesicht sehen konnte. Es war der Däne, der sie auf der Post fast umgerannt hatte.
Er stand da und schien die Situation sofort zu erfassen. Seine Züge waren ruhig und gelassen. Sie waren sogar kalt. Völlig kalt.
Sie blickte zu ihm auf, dann zurück zum Wasser, dorthin, wo die drei Männer waren.
Dann stand sie auf. Sie stand wie angewurzelt da - und dasselbe galt für die drei, die hinter ihr hergelaufen waren.
Sie blickten stirnrunzelnd auf den Mann, der aus der Dunkelheit getreten war und dessen Absicht es ganz offensichtlich zu sein schien, ihnen den Weg zu verstellen.
Elsa setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, bis sie hinter dem Dänen stand. Sie atmete tief durch.
Die drei versuchten es mit dem Dänen auf Englisch, schließlich war nicht zu übersehen, dass er Europäer war. Aber der Mann antwortete auf Arabisch.
Elsa verstand kein Wort. Aber es schien nicht gerade freundlich zu ein, was er ihnen zu sagen hatte. In Augen der drei Marokkaner blitzte es giftig.
Der Däne blieb so kalt wie zu Anfang. Aber er war aufmerksam. Kein Detail in den Bewegungen seiner Gegner schien ihm zu entgehen. Er durchbohrte sie förmlich mit seinem Blick.
Ein paarmal ging der Wortwechsel hin und her.
Und dann blitzte plötzlich ein Messer im Mondlicht. Die Typen grinsten. Ein zweites Messer wurde gezogen. Ein Springmesser. Gefährlich schnellte die Klinge aus dem Griff heraus, so wie die lange Zunge eines Leguans, der seine Beute blitzschnell erlegt und verspeist.
Leichte Beute - dafür schienen die drei den Dänen auch zu halten.