Krieg und Frieden. Лев Толстой
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»Teuerste Fürstin«, erwiderte der Alte mit sichtlichem Verdruss, »ich bin nicht gekommen, um dich zu verletzen, sondern um mit dir über deine eigenen Interessen zu sprechen. Du bist eine gute, liebenswürdige Verwandte, und ich wiederhole dir zum zehnten Male, wenn das Testament und der Brief sich unter den Papieren des Grafen vorfinden, so hört ihr auf, reiche Erbinnen zu sein, du und deine Schwester. Wenn du kein Vertrauen zu mir hast, so wende dich an Leute, die es verstehen. Ich habe Dmitri Onufriewitch, den Anwalt des Hauses, gesprochen, und er hat mir dasselbe gesagt.«
Plötzlich wurde es hell in der Gedankenwelt der Fürstin. Ihre dünnen Lippen erbleichten, aber ihre Blicke behielten ihre Unbeweglichkeit bei. Ihre Stimme aber vermochte sie nicht mehr zu beherrschen.
»Das wäre nicht übel!« kreischte sie. »Ich habe niemals etwas verlangt, und ich will nichts annehmen! Aber das ist der Dank, das ist die Zuneigung zu denen, die ihm alles geopfert haben! Bravo! Zum Glück bedarf ich nichts, Fürst!«
»Aber du bist nicht allein, du hast Schwestern.«
»Ja«, fuhr sie fort, ohne auf ihn zu hören, »das wußte ich schon seit langer Zeit, aber ich dachte nicht mehr daran, daß ich nur Neid, Doppelzüngigkeit, Falschheit, den schwärzesten Undank in diesem Hause zu erwarten hatte! Ich habe alles begriffen, und ich weiß wohl, wem ich diese Intrige zu verdanken habe.«
»Aber es handelt sich jetzt nicht darum, meine Liebe.«
»Das ist Ihr Schützling, diese liebenswürdige Fürstin Drubezkoi, die ich nicht einmal zur Kammerjungfer haben möchte, dieses häßliche, abscheuliche Geschöpf!«
»Nun, nun, verlieren wir nicht unnütz die Zeit.«
»Ach, lassen Sie mich! Sie hat sich hier eingeschlichen während des Winters und hat dem Grafen Abscheulichkeiten erzählt über uns alle, besonders über Sophie, die ich Ihnen nicht wiederholen kann. Der Graf ist darüber krank geworden und hat uns vierzehn Tage lang nicht vor sich gelassen. Damals hat er dieses schmutzige Papier geschrieben, welches, wie ich glaubte, gar keinen Wert haben konnte.«
»Nun sind wir bei der Sache. Aber warum hast du mich nicht benachrichtigt? Wo ist das Papier?«
»Es liegt in der Mosaikmappe, die er immer unter seinem Kopfkissen liegen hat … ja, diese war es, und wenn ich eine große Sünde auf dem Gewissen habe, so ist es der Haß gegen dieses Weib! Warum drängt sie sich zwischen uns ein? Aber der Tag wird kommen, wo ich ihr die Wahrheit sage!« schrie die Fürstin, ganz außer sich.
19
Während diese Gespräche im Salon und bei der Fürstin stattfanden, brachte der Wagen des Fürsten Wassil Peter und mit ihm die Fürstin Drubezkoi, welche nötig gefunden hatte, ihn zu begleiten. Während die Räder lautlos über das Stroh rollten, das vor dem Palast des Grafen Besuchow auf der Straße ausgestreut war, suchte sie ihren Begleiter durch gewöhnliche Phrasen zu trösten. Zu ihrem großen Erstaunen aber war Peter eingeschlafen. Der Wagen hielt an einer der Seitenpforten. In dem Augenblick, wo Peter ausstieg und der Fürstin folgte, zogen sich zwei Männer rasch in den Schatten der Mauer zurück. Niemand achtete darauf. »Es muß so sein«, dachte Peter und folgte rasch der Gräfin die Hintertreppe hinauf. Er fragte sich, warum sie diesen ungewöhnlichen Eingang gewählt hatte und welchen Zweck dieser Besuch beim Grafen habe, aber die Zuversicht und Eile der Fürstin ließen ihm keine Zeit zu weiterem Nachdenken.
»Geht es hier nach den Gemächern der Fürstinnen?« fragte Anna Michailowna einen der Diener, welche die Treppe herabkamen und sich an die Wand drückten, um ihr Raum zu geben.
»Hier die Tür zur Linken!« erwiderte der eine.
»Der Graf hat mich wahrscheinlich nicht gerufen«, sagte Peter, »ich würde vorziehen, in mein Zimmer zu gehen.«
Die Fürstin hielt oben an, um ihn zu erwarten.
»Ach, mein Freund«, sagte sie, »glauben Sie mir, ich leide ebenso wie Sie. Aber seien Sie ein Mann! Bedenken Sie, es ist Ihr Vater, und er liegt im Sterben«, seufzte sie. »Ich liebe Sie wie meinen Sohn, vertrauen Sie mir, ich werde über Ihre Interessen wachen.«
Peter verstand nichts davon und ließ sich willenlos fortführen. Die Fürstin öffnete eine Tür und trat in ein kleines Vorzimmer. Ein alter Diener der Fürstin saß in einer Ecke und strickte einen Strumpf. Peter hatte niemals diesen Teil des Hauses gesehen. Die Fürstin fragte eine Kammerjungfer, wie die Fürstin sich befinde, indem sie auf das Mädchen verschiedene zärtliche Anredeworte, »meine Liebe« und »mein Kind« verschwendete. Diese ging der Fürstin einen langen Gang voran, das erste Zimmer zur Linken war das der älteren Nichte. Im Eifer ließ das Mädchen die Tür halb offen, so daß Peter und seine Führerin unwillkürlich hineinsahen und die ältere Fürstin mit dem Fürsten Wassil im Gespräch erblickten. Beim Anblick der beiden Besucher warf sich der letztere mit einer deutlichen Bewegung des Ärgers zurück, während die Fürstin heftig die Tür zuschlug und schloss. Der Ausdruck von Zorn, der seiner gewöhnlichen Ruhe so sehr widersprach, und die Besorgnis auf seinem Gesicht waren so auffallend, daß Peter mit einem fragenden Blick nach seiner Führerin stehenblieb. Die gute Dame teilte seine Überraschung nicht.
»Seien Sie ein Mann, mein Freund«, sagte sie lächelnd mit einem Seufzer. »Ich werde über Ihre Interessen wachen.« Dann schritt sie hastig weiter. Was wollte sie damit sagen? Peter verstand sie nicht. »Wahrscheinlich muß es so sein«, sagte er zu sich selbst. Der Gang endigte in einen großen, schwach erleuchteten Saal neben dem Empfangssaal des Grafen. Peter durchschritt ihn gewöhnlich, wenn er über die große Treppe nach Hause kam. Eine vergessene Badewanne stand in der Mitte auf dem Teppich. Der Nebensaal führte in einen Wintergarten. Dieselben Personen waren noch versammelt und flüsterten wie zuvor.
Beim Eintritt der Fürstin schwiegen alle und betrachteten forschend ihr bleiches Gesicht und den großen Peter, der ihr mit gesenktem Kopfe gefügig folgte. Ihr Gesicht drückte deutlich aus, daß der entscheidende Augenblick gekommen war, und mit der Sicherheit einer gewandten Petersburger Dame begegnete sie den neugierigen Blicken, des Schutzes ihres Begleiters sicher, denn der Sterbende hatte nach ihm gefragt. Ohne Zögern ging sie auf den Beichtvater des Grafen zu, verbeugte sich und bat um seinen Segen. Dann wandte sie sich mit derselben Demut an den anderen Würdenträger der Kirche.
»Gott sei gelobt, wir kommen noch zur rechten Zeit«, sagte sie. »Dies ist der Sohn des Grafen. Welch schrecklicher Augenblick! Lieber Doktor«, sagte sie zu dem Arzt, »dieser junge Mann ist der Sohn des Grafen. Ist noch Hoffnung vorhanden?«
Der Doktor blickte nach oben und zuckte die Achseln.
Die Fürstin ahmte ihn nach, bedeckte das Gesicht mit der Hand und verließ ihn mit einem tiefen Seufzer, um sich Peter zu nähern mit einer Miene voll Zärtlichkeit und bedeutsamer Trauer.
»Vertrauen Sie auf seine Barmherzigkeit!« Dann deutete sie nach einem kleinen Sofa, wo er Platz nehmen sollte, und endlich schritt sie geräuschlos der geheimnisvollen Tür zu, auf welche die allgemeine Aufmerksamkeit gerichtet war, öffnete sie leise und verschwand.
Peter gehorchte ihr blindlings, setzte sich auf das kleine Sofa und bemerkte nicht ohne Erstaunen, daß man ihn mit mehr Neugierde als Interesse betrachtete. Man deutete flüsternd nach ihm, er schien eine gewisse Furcht einzuflößen, und man erwies ihm eine Achtung, an die er nicht gewöhnt war. Eine Dame, welche mit den beiden Priestern sprach, erhob sich, um ihm ihren Platz zu überlassen, ein Adjutant hob den Handschuh auf, den er hatte fallen lassen, und reichte ihn ihm, die Ärzte schwiegen und traten zur Seite, um ihn vorüber zu lassen.
Die